Schmetterlingsflügel
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Neulich, in einer alten verdreckten Rumpelkammer eines
ebenso alten Bauernhauses: ein Pfauenauge versucht
vergeblich, durch eine verstaubte Fensterscheibe ins
Freie zu entkommen. In der mit Spinnweben zugehängten
Fensterecke wetzt schon eine Kreuzspinne ihre Klauen.
Der einzige Vertreter einer farbenfroheren und
lebendigeren Welt im ganzen Raum scheint dem Untergang
geweiht. Ich entschließe mich zu einer Rettungsaktion.
Einen kurzen Moment des Ausruhens nutze ich und ergreife
die zusammengefalteten Flügel des Schmetterlings
vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger. Dem nur
sekundenlangen Versuch, sich mit heftigem Zappeln zu befreien
folgt eine Ich-bin-schon-tot-und-völlig-uninteressant-Starre,
die der Schmetterling konsequent durchhält, bis ich
ihm im Garten bei einer großen blühenden Distel in die
Freiheit entlasse. Doch er interessiert sich jetzt
nicht für Futter und nutzt die neu gewonnene Bewegungsfreiheit
zu einem ungestümen Flatterflug in der sommerlichen
Nachmittagssonne.