Mumienreanimation
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Mumienreanimation ist die hohe Schule der Wiedererweckung, die heutzutage nur noch von den wenigsten beherrscht wird. Während die Erweckung aus Aschen und Salzen heutzutage ein Routineeingriff geworden ist und die Technik der berührungsfreien Invokation mit Siebenmeilenstiefeln voranschreitet, wird das Wissen um die Belebung konservierter Körper heutzutage praktisch nur noch im Einzugsbereich der koptischen Kirche und einigen südamerikanischen Indianerenklaven bewahrt. Die Hauptursache für dieses Wegbrechen einer jahrtausendealten Tradition ist natürlich der nahezu vollständig ausgetrocknete Markt für Mumien. Der unstillbare Hunger nach scharlatanesken Aphrodisiaka in den Schwellenländern, Leihmumien-Analsex, Klimawandel und der Paradigmenwechsel in der Nekroökonomie sind nur einige der Gründe hierfür. Wenn es Mumienfreunden trotz allem gelungen ist, eine erfolgversprechende Trockenleiche in ihren Besitz zu bringen, sind es oft mangelnder Sachverstand und ein diffuses Halbwissen, die der erfolgreichen Mumienreanimation im Weg stehen. Was immer sie daher auch in Fibeln und Broschüren, im Internet oder auf dem Schwarzkunstmarkt gelesen haben: Wässern sie die Mumie zunächst drei Tage in einer 1%igen Kochsalzlösung und beginnen Sie erst danach mit dem vorsichtigen Ablösen des Bindenmaterials. Entfernen Sie sorgfältig alle Amulette, die sich im Bereich der Trachaea und des Bauchraums befinden. Halten Sie einige Kanopen bereit: Anders als Vollmumien werden diese Eingeweidekübelchen zuweilen schon für kleines Geld im lokalen Tourismusbedarfshandel angeboten und sind bei Verwendung eines standardisierten Apotropäons trägerneutral zu verwenden. Spülen Sie hierzu die enthaltenen Teer- und Harzreste gründlich aus und geben sie den Inhalt von 2 bis 3 Kanopen in die hierfür vorgesehene Bauchöffnung vorderseitig der Mumie (Räuchern mit Mastix und Opoponax wird empfohlen). Einsetzen des Gehirns nicht vergessen, es kann bei fehlender Trepanationsöffnung auch, allerdings wesentlich zeitaufwändiger, durch die Nasenöffnung eingebracht werden. Vernähen Sie die Bauchdecke sorgfältig: Ungeweihter Zwirn mag vordergründig dieselben Ergebnisse zeitigen wie Priestergarn aus dem Mumienbedarf, auf lange Sicht kann es jedoch zu unschönen Gewebeverlusten kommen, seien Sie also nicht zu preisbewusst. Platzieren Sie die Mumie nun auf einem nicht zu knapp bemessenen Katafalk und beginnen Sie mit der Rezitation geeigneter Beschwörungsformeln, die in der Landessprache des Verstorbenen gehalten sein sollten. Plazieren Sie nun ein Tuch auf dem Mund der Mumie (zuvor gegebenenfalls die alten Nähte auftrennen), drücken Sie ihren Mund leicht seitlich geneigt gegen den der Mumie und beginnen Sie mit dem gleichmäßigen Einblasen von Luft. Halten Sie zwischendurch immer wieder inne um eine Brustkorbmassage vorzunehmen - prüfen sie vorher sorgfältig die Durchfeuchtung des Gewebes: Fühlt sich die Mumienhaut noch pergamentartig an, ist sie zu trocken, es empfiehlt sich dann, den Leichnam vor Beginn der Massage mit Ysop-Balsam einzupinseln. Setzen Sie die Mund-zu-Mund-Beatmung für mindestens eine halbe Stunde fort. Sollten sich bis zu diesem Zeitpunkt keine Vitalfunktionen zeigen, war die Mumie zu schwer geschädigt und wäre höchstwahrscheinlich auch mit massiv schwarzmagischen Maßnahmen nicht voll einsatzfähig. Geben Sie den Mumienkörper in solchen Fällen in einen Athanor und kalzinieren Sie ihn bei mindestens 800°C: Das auf diesem Weg gewonnene Redukt kann ihnen bei späteren Erweckungen wertvolle Dienste leisten. Wenn sich jedoch, meist nach wenigen Minuten, erste vegetative Reflexe zeigen, setzen Sie ihre Bemühungen mit doppeltem Einsatz fort und Sie werden ihre Mitmenschen schon bald mit einem ungewöhnlichen Hausgenossen überraschen können.