Maelstrom
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Sylvia Plath
Fünf Faden tief
Alter Mann, Du tauchst nur selten auf.
Dann kommst du mit dem Kommen der Gezeiten,
Wenn die See kalt, schaumgekrönt
Heranspült: Weißes Haar, weißer Bart,
Weit verstreut,
Ein Schleppnetz, das sich hebt und senkt wie Wellen,
Kronen und Täler. Meilenweit
Dehnen sich die Garbenkreise
Deines flutenden Haars, in dessen
Verfilzten Strähnen
Eingewoben, eingefangen,
Der alte Mythos aller Herkunft ruht.
Unvorstellbar. Du fließt heran
Wie knieende Eisberge
Des Nordens, die man umschifft
Und nicht ergründet. Alle Dunkelheit
Beginnt mit einer Gefahr:
Du birgst viele Gefahren. Ich
Kann nicht gut hinsehen, doch deine Gestalt erleidet
Eine Reihe sonderbarer Verletzungen
Und scheint zu sterben: Wie Nebelgischt
Auf abendlicher See zu Klarheit sintert.
Die schlammigen Gerüchte
Über dein Begräbnis treiben mich
Zum Halbglauben: Deine Wiederkehr
Bestärkt die seichten Gerüchte,
Denn aus den urzeitlichen Kanälen
Deines zerfurchten Gesichts ergießt sich
Zeit in Strömen:
Zeitalter peitschen wie Sündflutschlossen
Auf die unbesiegten Fahrwässer
Des Ozeans. Solch weiser Humor, gepaart
mit Ausdauer sind wie ein Maelstrom,
Der das Fundament der Erde fortspült
Und den First des Himmels.
Hüfttief kannst du ein Geflecht
Aus labyrinthenem Tang erschaffen
Tief verwurzelt in Knöcheln und Schienbeinen,
Schädeln. Unerforschlich.
Was unterhalb der Schultern ist,
Das sah kein Mensch, der seinen Kopf bewahrte,
Du trotzt den Fragen;
Du trotzt der Gottheit.
Undurchnässt wandele ich
An der Grenze deines Königreichs
Für nichts und wieder nichts verbannt.
Ich gedenke deines Muschelbetts.
Vater, diese schwüle Luft ist mörderisch.
Ich könnte Wasser atmen.