Fuchsbandwurm
Bewertung: 4 Punkt(e)Anfang der 80er Jahre wurde der Fuchsbandwurm in Kreisen des deutschen Jagd– und Forstwesens erfunden. Natürlich nicht im herkömmlichen Sinne erfunden, die lodengrüne Fraktion mag sich in Holzwirtschaft, Botanik und fachgerechtem Blattschuss auskennen, aber das genetic engineering zählt nicht unbedingt zu ihren ureigensten Domänen. Vielmehr verhielt es sich so, dass die stetig ansteigende Zahl von naturversessenen Städtern, Naturköstlern und Geizgeilen begann, für die Flora des Waldes zur Gefahr zu werden; taperten früher nur vereinzelte Hökerweiblein und verkauzte Kniebündler durch die Wälder, fanden nun immer mehr Menschen gefallen am atavistischen Sammeln von Beeren und Pilzen, hierbei weder die markierten Wege noch den Gedanken der Nachhaltigkeit achtend. »WirbefindenunsineinerSituation...« mag sich da ein alter Oberförster angesichts der Heerscharen glanzloser Spankorbträger gedacht haben, während er zugleich, wie es wirklich gescheite Menschen grundsätzlich zu tun pflegen, auf der Toilette seines Forsthauses sitzend, ein Fachbuch über parasitäre Erkrankungen der Wildtiere durchblätterte. Eine Idee war geboren: Obwohl die tatsächliche Zahl von Menschen, die an der durch die vom Fuchs ausgeschiedenen Bandwurmeier letzhinniglich verursachte Echinokokkose erkranken, faktisch gegen Null resultiert (die allermeisten diesbezüglichen Fälle, es dürften in den letzten 20 Jahren kaum 600 gewesen sein, sind eher im Bereich der Viehwirtschaft oder allzu eng mit ihren Haustieren zusammenlebenden Personen zu suchen), war ein machtvoller Popanz geboren, der wirksamer als alle Verbotstafeln das Heer der beerensammelnden Waldverwüster begrenzte. Seither ist der Fuchsbandwurm fester Bestandteil des populären Wissens geworden; keine Mutter die ihren Sprößling nicht davor warnen würde, bepinkelte Himbeeren zu essen. So schlummern die Auen in neuer Unberührtheit, die Profisammler freut das reiche Angebot, die Bache im Unterholz hat endlich Ruhe und die Gesundheitsparanoia überspannter Bürger neuen Treibstoff.