Friedhofsgemüse
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Heute Vormittag habe ich mich sehr unausgeglichen gefühlt. Eigentlich wollte ich in die Uni, um am Kurs für technisches Übersetzen teilzunehmen, aber... die Vorstellung, zwei Stunden meines Lebens zu vergeuden, nur, um meinen Namen auf eine Anwesenheitsliste zu setzen, war mir zuwider. Ich habe jeden dieser Texte übersetzt - ursprünglich stammen sie aus den französischsprachigen Internetpräsenzen namhafter Unternehmen und sind überhaupt nicht schwer zu verstehen. Leider besteht das Problem genau darin: ich langweile mich zu schnell.
Hin und her gerissen zwischen Pflichtgefühl und Wut habe ich dissoziiert und den Magister angerufen. Nach dem Mittagessen wollte ich raus! Irgendwann bin ich auf dem Friedhof neben dem Völkerschlachtdenkmal gelandet und habe stundenlang die Abteilungen X-XIV erkundet. Kopfrechnen üben. Mir ist klar geworden, wie zerbrechlich dieses bisschen Leben ist. Ich werde jeden Morgen und jeden Abend an den Tod denken, den ich gar nicht mag. Letzte Woche wäre ich fast überfahren worden - gottlob traue ich als neurotischer Zwängler dem grünen Ampelmännchen nicht so recht und schaue nach beiden Seiten, bevor ich auf die Fahrbahn trete. Der Junge ist bei Infrarot drübergefahren. Fast wäre ich nun selbst Friedhofsgemüse.
Was ich eigentlich sagen will, weiß ich nicht. Mitten im Leben sind wir von Tod umfangen. Kann der Tod ein Freund sein?