Bücherei

Die Bücherei, ein äußerst wichtiger Ort, wo die Kultur zu Hause ist. Na ja, ab und zu jedenfalls. Heutzutage muss man sich aber auch der Realität stellen, und die lehrt uns, dass die meisten Menschen eher triviale Liebesromane vorziehen oder knallharte Thriller nach dem Motto »Heute metzel ich die, morgen metzel ich jene, und dann muss ich sie mindestens so übel zurichten wie der Metzger das Hackfleisch«. Bei den Sachbüchern werden eindeutig Reiseführer favorisiert, aber beliebt ist auch die Reihe »Wie helfe ich mir selbst«, die anschaulich das Innere des Deutschen liebsten Spielzeuges, des Autos nämlich, erklärt und vor allem, wie man es repariert. Die Bücherei sollte auch ein Treffpunkt sein. Ist sie auch, aber oft genug von Obdachlosen - wahrscheinlich tauschen die untereinander Adressen aus, wo es schön warm ist und wo's eine Toilette gibt. Ja ja, man muss realistisch sein, ich sehe das schon ein.

Hier, in der Marburger Bücherei, habe ich große Teile meines Lebens verbracht, eine zeitlang verbrachte ich hier täglich zwischen 2 und 3 Stunden der Atmosphäre wegen. Inzwischen grüßt man mich ganz nett, doch warte ich noch immer auf eine Urkunde, als hochgeschätzter Besucher der Bücherei.

Sie könnte in etwa so aussehen:

Herr Schmidt ist fast täglicher Besucher
unserer Bücherei, er stiehlt weder Bücher,
noch reißt er die Besten Seiten raus.
Auch während des Anstehens ist er stets
diszipiliniert und drängelt sich nicht
vor.

Auf seinem weiteren Wege wüschen wir ihn alles Gute,
Stadtbücherei Marburg

Kürzlich habe ich erfahren, dass die Bücherei auch ein super Ort ist, Frauen anzusprechen. Das versuchte nämlich jemand mit meiner Kollegin. Zunächst schien seine Strategie auch vielversprechend, denn er sprach von seinem Horoskop, und sie ist doch schon interessiert an der Sterndeutung. Dann aber machte er einen entscheidenden Fehler: er schwülstete von der Venus, von netten Leuten, die er heute kennenlernen sollte, und ausserdem von Jesus und Pyramiden, was alles nicht viel miteinander zu tun hatte. Ausserdem hat meine Kollegin einen Freund. Pech gehabt, mein Herr! Aber Sie können sich prima mit jemandem zusammentun, der auch kürzlich die Bücherei aufgesucht hat und mir vom Kampf von Gut gegen Böse erzählt hat, der überall derzeit tobt. Und mit der Frau, die ihr Haus mit unsichtbaren Runen bemalt, weil das nur die Engel sehen können. Und vielleicht auch noch mit dem netten Herrn, der gelegentlich ein paar Blättchen einer evangelischen Kirchengemeinde zwischen die Bücher steckt. Gründet doch einen Club - oder geht mal wieder eine Runde zu einem Nervenarzt eures Vertrauens. Bloss, bitte - kommt nicht ewig in die Bücherei! Danke!!