»Das Subjekt bildet keine fest verbundene Einheit, es besitzt Zweigniederlassungen; es hat seinen Sitz nicht an einem einzigen Ort, sondern es besteht aus einem Netz von Vertretungen. Ich existiere nicht mit einem Schlage, global, als gelangte ich durch den Akt des Denkens oder Sprechens ins Dasein... oder besser: Wenn ich denke oder wenn ich spreche, dann existiere ich durchaus in meiner Ganzheit, en bloc, kohärent, aber lokal frigide, als kalte Statue, die auf dem Gastmahl erscheint, um dort zu sprechen, die sich auf dem Ruhebett niederläßt, aber die Trinkschale nicht anrührt, ein Roboter mit anästhesiertem Mund, aus Metall oder Marmor, blasiert, leer, mit Öffnungen versehen, mit Löchern als Mund. Ich spreche, also existiere ich global, ja, durchaus, aber jungfräulich. Stets begleitet Jungfräulichkeit das Wort. Ich existiere en bloc, aber die Teile sind nur Phantome. Stets verkündet der Engel das Wort. Nein, ich existiere nicht lokal. Alles konzentriert sich in der Hauptstadt, die Dörfer sind tot. Man meint, die Karte eines jener Länder vor sich zu haben, in denen allein der staat regiert. Eine Synthese, die keinen Ort hat und daher leichtfällt, eine glatte Statue.«
Michel Serres: Die fünf Sinne S. 301 ff
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