Gleichmut, in den buddhistischen Pali-Schriften “Upekkha” genannt, ist eine der Eigenschaften, die vom Buddha am höchsten geschätzt wurden. Sie gehört nach der alten buddhistischen Lehre neben der Achtsamkeit zu einer der sieben Voraussetzungen, die zur Erleuchtung führen. Gleichmut, Güte, Mitleid und Mitfreude sind im Buddhismus die vier “Göttlichen Zustände”. Hierbei darf Gleichmut jedoch keinesfalls mit Gleichgültigkeit verwechselt werden. Die folgende Erzählung bringt das, in der für Zen charakterischen Weise, nämlich ohne lehrbuchhaftes Moralisieren, zum Ausdruck:
Der Zen-Meister Hakuin (1685-1768) wurde ob seines untadligen Lebenswandels allenthalben gepriesen. Ein schönes japanisches Mädchen, Tochter eines Lebensmittelhändlers, wohnte in der Nachbarschaft. Eines Tages entdeckten die Eltern, daß ihre Tochter schwanger war. Über den Vater schwieg sich das Mädchen aus, machte dem Ärger aber schließlich ein Ende, indem sie Hakuin benannte. Zornig eilten die aufgebrachten Eltern zu dem Meister.
“Ist es so?” Das war alles, was er sagte.
Das Kind wurde geboren und zu Hakuin gebracht, der zu dieser Zeit seinen guten Ruf schon verloren hatte, was ihn aber nicht weiter störte. Rührend sorgte er für das Baby. Ein Jahr später beichtete die reuige Mutter ihren Eltern, daß der echte Vater des Kindes ein junger Mann sei, der auf dem Fischmarkt arbeitet.
Die Eltern eilten sofort zu Hakuin, fragten ihn nach dem Kind und sagten sie wollten es wieder zurück haben.
“Ist es so?” Das war alles, was er sagte, als er ihnen das Kind reichte.
(Aus: Augenblicke der Stille, Worte und Gedanken großer Zen-Meister, ausgewählt und herausgegeben von Manfred Kluge, 1986, S. 104.)
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