Verblasenheit

den 20. 8. 1973

Liebe Ingeborg Drewitz,
entschuldigen Sie! Ja, Ihren Juni–Brief habe ich bekommen, aber versust. Gut, daß Sie mich mahnen. Zum Thema kann ich dennoch nichts beitragen, weil ich keine Meinung habe. Außer dieser bescheidenen, daß, wenn man erst anfängt, klein zu schreiben, die bisher herkömmliche Großschreibung und ergo alles bisher Gedruckte auf den Status des Altfränkischen zurücksinkt. Halte die ganze Kleinschreibungs–Bewegung für ein Industrieprodukt. Man will gerne alle Klassiker pp nochmal neu herausgeben. Als Nebenprodukt entstehen dabei neue Bildungsklassen: eine Esperanto–Pöblizität _und_ ein elitäres Tui–tum.
Herzlich Ihr Peter Rühmkorf