Erste Sequenz:
Mein Onkel veranstaltet eine Feier. Eingeladen sind überwiegend ältere Verwandte. Einige sind auch in unserem eigenen Haus untergebracht. Der anpruchsvolle Christian und der ebenso anspruchsvolle Jörn drängen zum Aufbruch, aber im Bad dauert es so lange. Ich beschließe, nicht zu dieser albernen Veranstaltung zu gehen: ein Bart-Vergleich.
Das Bad ist gleichzeitig das Kinderzimmer meines Cousins. Im Halbdunkel steht Jean Reno und spricht zu seinem Begleiter: »Ce gars là, est-il allemand? Juis à la recherche d'un nouveau visage.« Was er beim Bart-Vergleich will, weiß ich nicht, und ich wundere mich. Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, wenn er zum Essen wieder zurück ist. Ich fühle mich jedenfalls geschmeichelt, habe aber Angst, ihm direkt zu begegnen. Der Blick seiner Augen ist zu gewichtig, und ich fürchte, nicht zu genügen. Es wäre aber eine Gelegenheit, etwas Neues zu erleben.
Zeite Sequenz:
Alle sind fort zum Bartvergleich. Nur ich und mein Vater sind geblieben: zu laut, zu albern, zu primitiv. Die Nacht ist wunderschön: die Berghänge wirken im Mondlicht monumental - Vater und ich verstehen uns. Blumen bis an den Horizont. Oma kommt und erkennt uns nicht. Ich hüpfe auf einer seltsamen Stange umher - macht Spaß. Vater und ich spielen Einbrecher, outen uns, aber sie rafft es nich. Egal. Hysterisch schwafelt sie zu einer anderen alten Dame.
Ich gehe in den nächtlichen Garten: wilde Kaninchen, wenig scheu... Widder, bedrohlich, versuchen, mich aufs Horn zu nehmen. Meine Verteidigungsmittel sind schlecht; Arme in die Luft und bedrohlich Wirken reizen diesen Bock noch mehr. Am meisten Angst habe ich vor dem Aufprall seines Gehörns an meinem Körper. Irgendwie entkomme ich, aber ich habe den Eindruck, dass das Problem nicht gelöst wurde. Das hinterlässt Fragezeichen, weil ich schon einmal einem Bock getrotzt habe im Traum.
Dritte Sequenz:
Die Gäste kommen wieder, sind aber alle enttäuscht. Wir haben also nichts verpasst. Ich habe ein Glas Wein getrunken, bin klar im Kopf, aber mein Körper ist beängstigend wackelig. Ich hoffe, dass es niemandem auffällt! Meine Medikamente vertragen sich nich mit Alk, würde ich sagen! Ups.
Es gibt Mittagessen bei uns im Haus. Irgendein enttäuschender Fraß: Kloß mit weißer, dünner Soße. Ein blondes Kind langt nach seinem Essen, und seine Haare landen in meinem Teller. Ich verliere angewidert den letzten Rest Hunger und beschließe, nach unten in mein Zimmer zu gehen, vielleicht ein Glas Wein zu trinken und mit der seltsamen, grünen Spezial-Phallussymbol-Traum-Bong in den Wald zu gehen. Dazu kommt es aber wieder mal nich. Warum?
Monumentaltraum
Ich bin in R und laufe in Begleitung meiner Mutter durchs Dorf. Wir stehen vor der Schule, wo meine Grundschullehrerin Geschichten vorliest. Ich heule vor Rührung.
Es wird ein Film gereht, der die DDR romantisiert und die Wirklichkeit ein bisschen anpasst. Es gibt einen Frauenturm, den ein Künstler enworfen hat.
Eine der Frauen erzählt davon, dass jemand etwas getan hat, das alle Frauen umbringen wird, die dieser Jemand nicht liebt. Tatsächlich zieht eine bedrohliche, schwarze Wolke durchs Tal. Letztendlich entpuppt sich alles als Scherz des Alphaweibchens.
Der Turm wird besetzt von einem Sultan. R ist nun sein Reich. Der Papst taucht auf und wettert - ich diene mich dem Sultan als Wesir an, markiere aber eher den Narren - was mir nicht einmal peinlich ist. Der Papst sieht prächtig aus, aber zu klein, um imposant zu wirken.
Bei der Schule, an der Kirche... erträumte, romantische Kindheitserinnerungen: auf die Fresse fallen mit dem Fahrrad, heulen vor Rührung. Der Swimmingpool einer Lehrerin, der auch im RL vom Weltraum aus zu sehen ist. Ich stürtze mich hinein, obwohl das Wasser kalt ist. Ich habe mein Shirt anbehalten und spüre die Kälte nicht. Da sind noch andere Personen, die Ärzte spielen einen Song, der mein Schwimmen im Pool genehmigt. Da ist noch eine Latino-Haushälterin, die viel Aufhebens macht.
Da ist ein asiatischer Prinz; ich bin Königssohn und schwimme im dreckigen Schwimmbad des Turmes. Da ist ein schwimmender Thron. Alberne Dinger, das wissen wir.
Ein Briefkasten, ein alter Briefkasten. Er steht heute noch, wie damals, als der Film gedreht wurde, erzähle ich den Leuten. Damals konnte man von hier, vom Konsum aus, mit dem Bus zum Cospudener See fahren. In der Traumgeographie liegt er bei Auerbach.
Der Film ist eine Art Fernsehserie: Unsere kleine Stadt. Seifenoper, aber rührend. Meine Cousine ist schwanger und heult, weil ihr Vater meckert... Ich schaue meinen Onkel strafend an und sehe aus wie meine Psychologin von früher. Es ist Sommer, es regnet, eine Klassenkameradin hat den Wahn, Dinge anpflanzen zu müssen. Ich tue so, als wäre ich sie, reiße die Arme zum Himmel hoch und rufe drei Mal: »Regne! Regne! Regne!«. Ich finde den Pflanzwahn lustig, nützlich und vernünftig. Der Weg ist bepflanzt mit allerlei wertvollen, seltenen Kleinkräutern. Sie passen in die Lücken des Öko-Pflasters und ein Auto kann drüberfahren, ohne Schaden anzurichten.
Mit dem Onkel zu fahren, wäre die Gelegenheit, mit der Spezial-Traum-Phallus-Bong in den Wald zu gehen, aber irgendwie ist das gerade nicht wichtig. Sie fahren ab. Meine Mutter ist da. Im Straßendreck neben der Schule liegt ein rot-weiß gepunkteter BH mit einer Klorolle drin. Es macht uns Spaß, die Klorolle den Berg hinabkollern zu lassen. Allerdings darf sie sich dabei nicht abwickeln. Der Hausmeister ist sauer. Irgendjemand wird die Rolle schon finden und abwickeln, denke ich verschmitzt. Von irgendwo kommt etwas Streusalz in meinen Mund. Jemand hat zu heftig aufgetreten. Ist aber egal:
Ich fühle mich mit meiner Vergangenheit ausgesöhnt und habe soviel inneren Frieden wie nie.
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