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mcnep schrieb am 17.9. 2004 um 21:14:54 Uhr über

Trauerredner

Beerdigungen verläßt man immer klüger, als man gekommen ist. Das heutige Fazit lautet: Man kann auch als Atheist mit dem Trauerredner in die Scheiße packen. Ein ältliches fussig Julchen trat nach dem Verklingen eines für meinen Geschmack zu verspielt und salonlöwenhaft gewählten Liszt–Impromptus ans Pult und gab sich als Mitglied einer obskuren 'Humanistischen Aktion' zu erkennen. Folgte der übliche Baukastennekrolog, Teil A und C vorgefertigt, dazwischen biographisches. Aber das ganze was und wie erschien mir doch ganz abgesehen von der hölzernen Diktion sehr fragwürdig; da war etwas zu oft vom ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens die Rede, Metaphorik vom Schlage 'Das Leben ist wie ein Buch, das...' habe ich auch schon etwas zu oft gehört, und bei aller berechtigten Distanz zu dieser euternasigen Sumpfkuh hätte die Religionsferne nicht so weit gehen brauchen, Günthers letzte Station, ein 'MutterTeresaHospiz' dreimal, also durchaus absichtsvoll, als 'TeresaHospiz' zu bezeichnen, Genauigkeit als Chronistenpflicht gilt auch für religiös getönte Begriffe. Was weniger ihre Schuld als das tragische Fazit des Lebens meines Vetters ist, war ihr Hinweis auf seine Sportbegeisterung und daß er »keine Fußballoder Formel1Übertragung ausgelassen hätte«. Ich höre schon meinen Nekrologen, ich hätte an keiner Assoziation oder Herrentoilette vorbeigehen können. Nach all diesem Heidentum, das seinen krönenden Abschluß demnächst auf einer der ersten deutschen Streuwiesen in Dortmund finden wird - die Begründung, er wolle einfach nicht unter die Erde, wo es dunkel und stickig ist, finde ich nachvollziehbar, aber angesichts seines veraschten Zustandes etwas übertrieben - nach all diesem freigeisterischen Brimborium empfand ich die Wahl des musikalischen Rausschmeißers in Form einer 'Ave Maria'–Interpretation von Celine Dion als überaus grenzwertig. Eine erste Konsequenz aus diesem gottlob nur von den wenigsten Trauergästen als solches empfundenen Fiasko wird für mich sein, daß ich mir für meine Trauerfeier zwar durchaus einen dieser unvermeidlichen Nachrufe erbitte: Er möge jedoch bei aller gebotenen Genauigkeit (vielleicht sollte ich mich in einer ruhigen Minute lieber selber dransetzen, ich kann ja immer wieder updaten, hoffentlich bis zu Version 14.3.4) bitteschön anschließend von einem vereidigten Dolmetscher ins Ungarische oder Walisische übersetzt werden, um in dieser Form durch einen geschulten Muttersprachler der fassungslosen Trauergemeinde um die Ohren gehauen zu werden.


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