JÄKI ELDORADO: Diese ganze Generation konnte in den allermeisten Fällen gar nicht selber von dem profitieren, was sie da alles angeschoben hat. Zeitschriften wie Spex, Intro oder Visions, Plattenfirmen wie Motor, deutsche Labels, die selbst deutsche Gruppen aufbauen, der ganze Independentbereich - das hätte es ohne Punkrock nicht gegeben. Es wird auch anders gedacht. Das gab es vorher nämlich auch nicht, dass die Musik selber komplett austauschbar ist. Das es gar nicht um das Produkt selber geht. Vorher ging es ja nur um Virtuosität und Fachkenntnisse. Völlig langweilig.
Ich jedenfalls profitiere in meiner heutigen Arbeit mit Leuten wie 5 Sterne Deluxe durchaus davon, dass man damals kapiert hat, dass eine unabhängige Logistik sehr nützlich ist, um kleine Pflanzen in Ruhe größer werden zu lassen. Firmen wie Yo Mama oder Four Music haben eine wichtige Funktion als Gegenpol zu den großen Plattenfirmen. Während die Toten Hosen unsinnigerweise als die Gewinner des Punkrockspiels gelten. Punk ist ja wirklich das letzte Mal gewesen, dass Rockmusik so ein Anti - Establishment - Moment hatte. Aber die Hosen sind eher deshalb so groß geworden, weil sie sich auf so ein Schnauzbart - Mittelmaß einlassen konnten. Aber bei Punk ging es halt nie um so ein männerbündlerisches, stammtischmäßiges Ding. Die humorigen, witzigen Ansätze waren doch deutlich wichtiger. Und bei Bands wie den Hosen ging es auf einmal um Moral. Wo letztendlich das Gleiche passiert wie sonst auch immer: Eine Horde besoffener Jungs sitzen zusammen und philosophieren mit Halbwissen über irgendeine Scheiße.
MARKUS OEHLEN: Wenn ich die Toten Hosen im Radio höre, muss ich abschalten. Ich kann das einfach nicht glauben, was die da machen. Die propagieren so eine Plastikversion von Punk. »Wir bringen uns beide um« und so. Das spielt dermaßen mit Klischees von Punk und wildem Leben und Antihaltung. Noch dazu in dieser furchtbaren Ernsthaftigkeit.
Jürgen Teipel: Verschwende deine Jugend (st 3271) S.350/351
|