Eins, zwei, drei (1961)
Ein Film wie ein Teilchenbeschleuniger und eine Komödie, die reiner Rhythmus ist, aus Telefonklingeln, Hackenschlagen, Kuckucksuhren, dem Stöckelgang von Liselotte Pulver, »Sitzen machen!« und der schnarrenden Stimme von James Cagney. »Wir sind durch die Gags nur so durchmarschiert«, hat Billy Wilder über »Eins, zwei, drei« gesagt, und tatsächlich wird hier jeder Lacher vom nächsten Gag überholt. Nie wieder war Liselotte Pulver so lasziv und so komisch, mit ihrem Pünktchenkleid und den riesigen Titten, die ihr Wilder mit Luftballons verpasste. Wenn sie zu Chatschaturjans Säbeltanz auf dem Tisch wackelt, bis das Chruschtschow-Bild von der Wand kracht, und bei ihrem amerikanischen Chef von »the Umlaut« raunt, als handle es sich um eine geheime Sexpraktik, dann sind wir mittendrin in einem Film, der die Triebstruktur seiner Figuren mit den ideologischen Fronten des Kalten Krieges kurzschließt. James Cagney ist der irgendwann auf kaum mehr auszuhaltenden Hochtouren laufende Motor dieses Films, der den Slapstick zum Exzess führte, dem das Kunststück gelang, seine Figuren zu Karikaturen zu machen und sie trotzdem ernst zu nehmen, und der schon 1961 über Coca-Cola-Kapitalismus und marodes Funktionärswesen alles sagte, was es zu sagen gab. Wilder war sogar in einem Bereich visionär, der ihm vielleicht gar nicht bewusst war, denn die Szene, in der Horst Buchholz, dieser kleine, großkotzige Pseudorevolutionär mit »Itsi-Bitsi-Teeny-Weeny-Honolulu-Strandbikini« eine Gehirnwäsche verpasst bekommt, ist der wunderbare Beleg dafür, dass auch Pop irgendwann zum Terror werden kann.
(ANKE LEWEKE)
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