Siechtum ist auch ein psychischer Zustand eines Kranken, den ich seinerseits für pathologisch oder psychopathisch halte. Es ist der Zustand wunschlosen Unglücklichseins. Der Kranke hat sich in seiner Krankheit und seiner durch reduzierten Welt behaglich eingerichtet, und möchte garnicht mehr heraus. Die Genesung erscheint ihm endlos weit weg - rückt sie ein Stückweit heran, so beleicht ihn eine immer massivere Furcht vor Welt und Leben. Kranksein hat ja auch seine Vorteile, den sogen. Krankheitsgewinn: man hat keine Verpflichtungen mehr, kann total verschlampen, den ganzen Tag im Bademantel, Schlafanzug oder Nachthemd herumgammeln und die Haare waschen - da langt 1x monatlich, oder ? Man ist ja schließlich krank, und hat Anspruch darauf, daß Mahlzeiten und Getränke am Bett serviert werden und das Bad muß man auch nicht mehr selbst saubermachen. Schlaf- und Schmerzmittel wechseln sich kooperativ ab in der Herstellung eines dröseligen Bewußtseinszustandes, der Auflösung jeden Bewußtseins - man hat am Schluß nur noch nasse Watte im Hirn. Medikamentenmißbrauch oder »Beikonsum« von illegalen und legalen Drogen wie Alkohol können diesen Prozeß erheblich beschleunigen und sein Ergebnis stabilisieren.
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