Die ausländischen Investoren, die im Mountain and Sea Hotel in Rosario, Karaoke singen, sind ein Teil der langen und bitteren Kolonialgeschichte der Philippinen. Zuerst eroberten die Spanier das Land, dann kamen die Amerikaner, errichteten Militärstützpunkte und machten die Prostitution zu einer der größten Industrien des Landes. Inzwischen ist der Kolonialismus tot, das US-Militär abgezogen. Doch die neuen Imperialisten sind die taiwanesischen und koreanischen Auftragnehmer in den Exportproduktionszonen, die achtzehnjährige Filipinas an den Fließbändern sexuell belästigen. Mehrere Freihandelszonen auf den Philippinen (nicht jedoch Cavite) liegen tatsächlich auf dem Gelände früherer Militärstützpunkte, und im ganzen Land werden Arbeitskräfte in ehemaligen US-amerikanischen Militärjeeps, die zu Minibussen umgebaut wurden, in die Exportproduktionszonen und wieder zurück gefahren. Nach Ansicht von Arnel Salvador und Zernan Toledo hat sich durch die vielgelobte Globalisierung nicht viel geändert. Der Boss hat nur die Militäruniform gegen einen italienischen Maßanzug und ein Handy von Ericsson eingetauscht.
Nach der feuchtfröhlichen Nacht in der Hotelbar saß ich mit Nida Barcenas im Hinterhof des Workers' Assistance Center und fragte sie, was sie eigentlich dazu treibt, jede Nacht um elf Uhr zu den Wohnheimen hinauszustapfen und sich mit den Textilarbeitern zu treffen, wenn sie endlich von der Arbeit kommen. Nida war überrascht über meine Frage. »Weil ich den Arbeitern helfen will«, sagte sie. »Ich will ihnen wirklich helfen.« Dann verlor sie die Selbstbeherrschung, mit der sie den Bossen der Zone und den kleinen lokalen Bürokraten die Stirn bietet, und dicke Tränen rollten ihre glatten Wangen hinab. Sie konnte nur noch sagen: »Es ist wie Arnel gesagt hat - es dauert schon so lang.« Was schon so lange dauert, ist nicht nur der Kampf für ihre Arbeitskollegen in der Fabrik. Was schon so lange dauert, ist der Kampf gegen feudale Großgrundbesitzer, gegen Militärdiktatoren und jetzt gegen aus-
Oben: Französische Bauern werfen aus Protest gegen den Abbau von Subven- »
tionen Säcke mit Gluten und Hühnerfutter in die Seine, Paris, November 1992.
Unten: Die politischen Führer der G-8 posieren fürs offizielle Familienfoto,
Köln, Juni 1999.
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