dienstag abend
eine freundin erzählt:
"ich begann schriftsteller zu hassen. nicht schriftsteller ansich, nicht die bücher oder die charactere, die personen, die sie sich ausdenken. Ich begann das zu hassen, was diese eitle, selbstgefällige, locker frust- und wutfreie tagesarbeit, aus vorher völlig normal berufstätigen menschen macht.
vorher mochte ich Heinz sehr. er war ein echt normaler typ, der eben in Seiner normalität nicht so einhundertprozentig normal: ständig übellaunig, immer voll frust und wut. nie gut genug drauf, um mal auf haßtiraden oder orgien von eigenlob zu verzichten.
aber sonst völlig normal: stinkend faul und egoistisch. arrogant bis zum herzinfarkt und immer den macho unter schlechtem gewissen und betroffenem schweigen versteckend. eifersüchtig bis zur weißglut sich aber ständig in die pflicht genommen fühlend, seine toleranz nach außen zu tragen.
wenn er lachte war es ein gehässiges, mindestens aber schadenfrohes lachen. wenn er weinte - nein er weinte nicht - ganz mann. wenn er auch den angeblich »schmerzlichen verlust der fähigkeit zum weinen« in groß angelegten softie-psychologisch angehauchten philosophieorgasmen bedauerte und Sich dahinter verbarg.
einer von den typen, die sich genau bis zu dem zeitpunkt reizend um eine frau kümmerte, bis sie lange genug im »richtigen augenblick« stillgelegen hat. die sorte bei der das klitorisgewichse nach ihrem eigenen schuß so mechanisch wird, daß du das gefühl hast, 'endlich' den automatisiert-feministischen machorobot körperlich erleben zu 'dürfen'.
wenn er aus dir raus war und seinen schwanz auf die eine oder andere weise zwischen deinen beinen oder am betlaken abgetrocknet hatte - seine lieblingsphantasie war natürlich die 'geisha', die ihm das ding danach mit der zunge von 'ihren säften reinigte', aber sowas gibt dieses kaliber ja nicht mal zu, wenn du's ihm auf den kopf zusagst - wenn er also aus dir raus war, dann warn keine zwei minuten vergangen, dann drehte er dir seinen breiten rücken zu, begann gemütlich zu schnarchen und wenn du ihn auch nur am arsch kratztest begann schon das übliche 'anstrengender-tag-heute'-rumgemaule.
frauen teilte er nach 'denen-für-die-hormone' und 'denen-zum-verlieben' ein. und ich war eben eine für beides - grund zum verlieben ? naja, mindestens grund für freundschaft, nachdem der märchenprinztraum ausgeträumt war.
Also wie gesagt, normaler beruf = normaler typ. - kennst de schon - weißt wie de den nehmen mußt - weißt auch wie de kriegst was de willst & kannst sicher sein, daß de den nach zwei drei nächten wieder nach hause ins bettchen zus seiner frau und seinem beruf schicken kannst.
was aber wird aus so 'nem typen nach einem einzigen erfolgreichen schmöker?
erstens: wo schriftsteller arbeiten ist 'mehr-oder-weniger-egal' - heißt: nichts mehr mit »an die arbeit und zum frauchen zurückschicken«. der bleibt jetzt glatt doppelt und dreifach so lang als wie zuvor. Der ist nicht mehr auf besuch der ist jetzt auf REISEN.
Nebenwirkung: 'Schriftsteller muß recherchieren', also liegt nicht nur dein bett und dein schreibtisch plötzlich voll mit photokopien, zeitungsausschnitten, karteikarten und verstaubten schmökern aus irgendwelchen antiquariaten - wäre ja noch zu ertragen;
auch, daß er spätestens wenn du von der arbeit nach hause kommst, deine tagebuchaufzeichnungen vom vortag auswendig gelernt hat wäre auszuhalten.
Aber wenn du ihn das erste mal anmaulst, weil die telefonrechnung neuerdings nicht mehr dreistellig, sondern plötzlich vierstellig ist, zieht er generös einen eurocheque aus der tasche und schreibt ihn gönnerhaft über zwei bis drei hunderter mehr aus, als die rechnung tatsächlich ausmacht. - der wird also zur LANDPLAGE.
zweitens: wenn du nach acht stunden harter arbeit, plus je zweimal ne halbe stunde fahrt, abgekämpft und müde heimkommst, dann sieht deine bude nicht mehr wie noch am morgen nach schlachtfeld aus, ne! unser neuer schriftstellerkollege ist so ganz nebenbei auch noch 'n bravouröser Hausmann geworden.
Du kommst also nach Hause und Geschirr ist gespült. waschbecken, badewanne und klo? zweimal die woche gescheuert. bücherregal? wöchentlich abgestaubt und die bücher alle millimetergenau auf regalkante ausgerichtet. zweimal die woche wäscht er deine dreckigen klamotten. dazu stopft er deine strümpfe, flickt dir deine ausgeleierten schlüpfergummis und kocht jeden abend warm. hygieneallergien könnt ich bekommen bei sowas.
'naja', denkst du am anfang. 'schön und gut, laß dich nur ein wenig verwöhnen. lang wirds eh nicht dauern... das macht der ein halbes jahr, dann ist sein schinken auf den charts wieder im keller, die schecks vom verlag werden dünner - und wenn er wieder malocht, dann rächst du dich mit der scheinheiligen frage, ob er nicht endlich mal wieder waschen oder was kochen will.'
und dann kommts. in deiner phantasie hast du dir schon ausgemalt, wie du deinem völlig ausgemergelten, von der nachtschicht nach hause robbenden macho mit einem sadistisch mitleidsvolle lächeln den einkaufs und besorgungszettel in die hand drückst - da passierts.
samstags morgens: er ist die ganze nacht nicht ins bett gekommen. auch du hast kein auge zugedrückt, bei der lustvollen sadophantasie, er feile die ganze nacht am budget für die nächsten vierzehn tage und die fahrkarte zu frau und kind.
da kommt er dann gut gelaunt auf zehenspitzen ins schlafzimmer geschlichen, stellt dir das frühstückstablett auf den nachttisch und weckt dich mit einer liebevollen umarmung. doch du hast vorher schon durch die zugekniffenen augenlider gesehen, das geschehen war, was auf gar keinen fall passieren durfte.
neben kaffee, toast mit ei und speck und frischen brötchen, liegt oben auf der samstagszeitung ein manuuskript. und als du dich mit schreckgeweiteten augen im bett aufsetzt, stellt er die das tablett auf den schoß und bemerkt so ganznebenbei: ließ doch mal wenn du magst. ich würd gerne deine meinung hörn.
natürlich schmeißt du's nach spätestens zwanzig seiten wieder in die ecke, denn klar ist: der traum ist aus!!! der typ hat so ganz nebenbei noch 'n neuen bestseller aus dem handgelenk geschüttelt.
drittens: im bett kriegt der inzwischen nicht mal mehr einen hoch, bevor du ihm nicht schriftlich und in dreifacher ausfertigung versichert hast, daß du 'gekommen' bist und es 'wunderschön' war. ganz im gegenteil, wenn du schließlich und endlich so lange auf ihm geschuckelt hast, daß du den typen für endgültig impotent hältst, dann kommt er ausgerechnet in der pause, die du dir gönnst, langsam, weich und warm in dir, wie ein baby, das in die windeln macht.
und bevor du deinem dich völlig verzweifelnden kavalier den rücken zudrehst, um schlaf für die nächsten acht stunden arbeit zu bekommen, leckst du ihm, voll das schlechte gewissen schnell noch sein ding trocken.
eyh, irgendwann fragst du dich, was soll ich mit 'nem typen, zu dem sich überhaupt keine ambivalenzen mehr ergeben ? was soll ich mit einem, der für mich überstunden macht, mir, wenn ich gerade meine tage hab, literweise tee kocht und auch noch die binden wechseln würde, wenn ich ihn ließe. so 'n typ hälts de einfach auf dauer nicht aus. da biste nicht für erzogen!
wie schon gesagt, bei 'nem macho. selbst bei einem mit softiallüren weißte woran de bist. aber 'n schreiberling bringt dich auf dauer in die klapse. da biste nicht für gebaut, das ist doch wie leben in 'nem esoterik-schmöker.
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