Die Kommunisten haben auch immer den Eindruck vermittelt und - das glaube ich ihnen auch - es auch selbst geglaubt, im Namen der Vernunft zu herrschen. Mit anderen Worten: Mögen Klassenkampf, Arbeiterklasse, DiaMat, Marx Hegel und der liebe Lenin auch irgendwann zu ideologischen Hüllen geworden sein, dennoch wollten die Kommunisten im Namen der Vernunft herrschen.
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In der Tat ist eine Gesellschaft, die von einer kleinen Elite geplant und kontrolliert wird ja geordneter als die freien Gesellschaften im Westen, wo es verschiedene Ideologien gibt. Oft sitzt da der Punker neben den Hare-Krishna Typen oder heute hält der Philosoph einen Vortrag über parakonsistente Logik und morgen kauft man ein Buch über das Realitätsprinzip und das Unbewusste.
Sowas gab es im Ostblock tendenziell nicht. Alle Geisteswissenschaften hatten sich der Marxistisch-Leninistischen Ideologie unterzuordnen. Sie waren Schulungs-, Entwicklungs- und Propagandamittel.
Ausnahme während der gesamten Sowjetgeschichte war nur die Mathematik, weswegen einige führende Dissidenten Mathematiker waren.
Später bekamen auch die Techniker und Naturwissenschaftler Stück für Stück diese Freiheiten zurück, da es sich hier um Gebiete handelt, bei denen sich der Erfolg unmittelbar kontrollieren lässt. (Relativitätstheorie und Darwinismus waren lange offiziell Verboten in der Sowjetunion!)
Das ist der Grund, warum bis zum heutigen Tage selbst die Marxisten aus dem Westen viel besser zu lesen sind als die aus den Osten: Sie hatten die Freiheit und konnten sich gut entwickeln. Siehe die Geschichte von Ernst Bloch, der ist ja nicht umsonst aus Ostdeutschland in den kapitalistischen Westen ausgewandert.
Anderes Beispiel ist Lakatos, der Popper lass und dann den Marxismus fliegen ließ. Er musste in den Westen fliehen, weil er im Ostblock keine Zukunft mehr hatte.
Lem ist eine absolute Ausnahme. Wenn ich mich an viele seiner Kurzgeschichten erinnere, dann sehe ich Kritik an der herrschenden Ideologie, ja, aber auch Gedankenexperimente, Philosopheme.
Lem ist keine Kultur, wie Nietzsche über Goethe schrieb, aber ein Verlag.
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