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Schmidt schrieb am 12.9. 2015 um 22:30:00 Uhr über

Pffft

Mitteilung von Gustav Mahler (12.9.2015 12:49:27):
Der Teufel tanzt in mir
Ich hatte es doch befürchtet, obwohl ich es nicht glauben wollte, das der Teufel damals im Spiel war und ich meine Seele verkauft hatte. Es war nicht rückgängig zu machen. Dieses Erlebnis ist wahr:

Ich saß jeden Südfrankreichurlaub über ganze Nachmittage bis in den Abend auf Felsen am Hafen des Mittelmeeres
und angelte, mit Schwimmer und Wurm, Gliederwürmer, sich heftig bewegende Gliederwürmer
zum Teil zerstückelte sich heftig windende Gliederwürmer die man im Angelgeschäft kaufte, in grünen Algen verpackt,

und man musste sie im Kühlschrank der kleinen Ferienwohnung aufbewahren, was der so gar nicht wurmaffinen Mutter wenig gefiel,

jedenfalls war und bin ich ein begeisterter Angler, aber nur dort, wo die Fische nicht nach Erde oder Altöl schmecken, und ich liebte es auf den sonnenbeschienenen Felsen zu sitzen und im Glitzerspiel des funkelden Wassers auf den Schwimmer zu achten, auf jenen seltenen Moment, wo der Schwimmer wie ein Pfeil nach unten abtaucht, dann den rechten Moment zu haben und den richtigen Zug, um den Fisch anzuhaken,

nun, ich will nicht soviel abschweifen, es waren viele Tage und mehrere Jahre in denen ich so da saß, und es waren immer nur sehr kleine Fische, schöne Fische, regenbogenfarbige Girelles, hier niemals im Handel, winzige Barsche mit Stacheln auf dem Rücken, alles wundervoll für die Fischsuppe, aber alle so klein, das sie mühelos in einem Plastik-Spielzeug-Eimer für Kinder herumschwimmen konnten, vielleicht zehn Centimeter durchschnittlich oder höchstens mal vierzig fünfzig Gramm schwer.

Diese Zeit war so in etwa auch die Zeit in der ich aus rein rationalen Gründen an Gott und Teufel stark zweifelte. Und doch reizte mich das Gerede und der offensichtlich überall verbreitete Glaube an jene beiden seltsamen Personifizierungen.

So saß ich am Hafen von La Londe les Maures, der Partnerstadt von Walluf, ich war dabei als winziges Bürschlein als mein Opa mit dem Compte de Leusse in den Sechziger Jahren diese Dorfpartnerschaft begründete, war in einer Arbeiterfamilie untergebracht und erinnere mich nur an die braungebrannte hübsche Tochter und den scharfen Knoblauchsalat.

Ich wollte nicht abschweifen, ich saß am Hafen und starrte auf den Schwimmer. In all den Jahren hatte ich mir die Geschichten der alten Männer angehört welche großen Fische sie früher hier gafangen hatten, und heutzutage wäre alles verseucht und es gäbe keine Fische mehr am Ufer,

und ich wünschte mir ein einziges Mal auch einen großen Fisch zu fangen, nach ungezählten Stunden, Tagen, Jahren, einmal nach Hause kommen mit einer Mahlzeit die für alle ausreicht,

und ich sprach die innerlichen Worte, wenn ich jetzt, also jetzt, einen großen Fisch fange, dann schenke ich dem Teufel meine Seele,

und ich hatte diese Worte gerade erst zu Ende gesprochen, jedenfalls vergingen keine dreissig Sekunden, ich erinnere es als Sogleich,

als der Schwimmer kräftig nach unten zog, ich war sehr erstaunt, zog, fühlte einen großen zappelnden Widerstand, meine Nackenhaare stellten sich auf, mir wurde gewahr, der Teufel hatte mich am Haken, ich widersagte sofort, wollte meine Seele retten, und im gleichen Augenblick, als ich innerlich meine Zusage an den Teufel absagte, war der Fisch weg und ich zog den leeren Haken aus dem Wasser.

Ich erschauderte. Ich konnte das gerade Erlebte nicht gut einordnen. Ich konnte es auch nicht erzählen, ich wurde sowieso von der Familie schon als Kind mit viel Phantasie eingeordnet, man würde mir die Geschichte nicht glauben.



Ich hatte eine Begegnung, einen ganzen Nachmittag, mit einem Achtzehnjährigen aus dem Elitegymnasium Hansenberg, einer, der gerne Mathe macht aber nicht weiß wie man Gulasch zubereitet.

Wir haben zusammen Gulasch gemacht. Vom Mittelbug einer alten Kuh. Sechsmal braten im großen Topf mussten wir um einen Topf mit Gulsch herzustellen. Die Wohnung liegt im ersten Stockwerk einer abschüssigen Seitengasse und während wir brieten, rief eine Stimme von unten herauf durchs Klappfenster, hier riecht es gut.

Bei der Rechts-Links-Koordination verkrampft der Junge den Nacken. Wenn er rechts heftig kratzen muß am Topfboden steht er schief da und man sieht ihm an der Schulter an daß er sich weh tut.

Wir sind dann ans Klavier und ich habe ihm eine Übung gezeigt mit der man die rechte Hand von der linken Handbewegung trennen kann. Allerdings sagte ich ihm vorraus, er würde anfangs kläglich daran scheitern dieses nachzumachen, das sehe zwar einfach aus, sei aber das Resultat jahrelanger Bemühung. So wie der Gulsch ebenfalls.

Ich versprach ihm, ihn das nächste Mal einen Kartoffelsalat zu lehren.
Weil Kartoffelsalat aber nicht ohne eine gute kräftige Fleischbrühe geht, ist dann wohl auch noch eine schöne Fleischsuppe mit Markklößchen im Kartoffelsalat-Nachmittag enthalten.

Nie hat mir ein Nachmittag mehr Spass gemacht als dieser. Der Junge war fleissig und aufmerksam. Und man konnte mit ihm verständige Gespräche führen über die Notwendigkeit von Prozessen, wenn man zuviel Gulasch auf einmal zu braten versucht, tritt wegen der großen Abkühlung des Topfbodens aus den Fleischstücken Fleischsaft aus mit gelöstem Fleischprotein, das verkrümelt sich dann koagulierend in der Hitze zu Krümeln eben und macht das offenporige Fleisch zu einem zähen Leder, während beim Anbraten die Poren geschlossen werden und die wertvollen Proteine im Inneren des Stückchens das Fleisch schonend und zart garen lassen,

naja, ich wurde nicht ganz so blumig, jedenfalls versteht er die chemischen und physikalischen Prozesse und rechnen kann er auch, und was ich nun ganz besonders an ihm schätze, das er nicht so ein Nörd ist, der sich auf seine mathematischen Kenntnisse zurückzieht und meint nie mehr Kartoffeln im Leben schälen zu müssen, sondern auch hier einfach fleissig zupackt,

in einer kleinen Pause sieht, da steht noch eine Schüssel, die kann man sauber machen, also die Pausen nutzt um die Küche in Odrnung zu bringen, was ich während Monaten in München bei den Kindern nicht erreicht habe,

Allerdings versuchen schon amerikanische Agenten den Jungen abzuwerben. Sein anderer Onkel habe irgendwas mit Strahlen erforscht.

Ja, wenn einer wirklich begabt ist,
dann kennt er nicht nur das Integral und die Aussagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung,

dann schält er auch Kartoffeln, schnippelt Karotten und Zwiebeln winzig klein, immer im Hinterkopf, JE KLEINER DAS STÜCKCHEN DESTO GRÖßER DIE BRATOBERFLÄCHE UND DAS RÖSTAROMA,

scheuert Töpfe, steckt pieksende heiße Fettspritzer an den Händen weg beim Einlegen der einzelnen Gulaschstücke in den Topf,

zählt die Stücke Gulasch um zu ermitteln wie oft man braten muß,

jedenfalls, er tut alles mit Aufmerksamkeit und möchte den Hintergrund verstehen, lässt sich nicht ablenken durch Handy sondern schließt die Tür und bleibt über Stunden hinweg aufmerksam und hilfsbereit sowie lernwillig.

Das hat großen Spass gemacht so einen Lehrling oder Assistenten zu haben. Vielen herzlichen Dank dafür.





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