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mcnep, am 24.4. 2003 um 23:08:33 Uhr
Kinderhand

Auf Schloß Hohenlimburg gibt es die »abgehauene Hand« zu bestaunen, förmlich eine Pilgerstätte für Sauerländer Eltern mit Sprößlingen. Diese Hand soll nämlich im Mittelalter einem Adelssohn zur Strafe dafür abgetrennt worden sein, daß er gegen seine Mutter die selbige erhoben hatte. Auch ich wurde einst im zarten Alter von 6 oder 7 Jahren dorthin geführt, und hatte dieses schwärzlich verkrümmte Gebilde zu betrachten, welches dort in einem Schaukasten zur mahnenden Belehrung auslag. Altklug und mit einem Hang zur Boshaftigkeit ausgestattet, reagierte ich so, wie es sich manche Eltern in abgeschwächter Form gewünscht hätten: Zuerst ließ ich einen Linda Blair-mäßigen Schrei hören, simulierte dann täuschend echt einen nervösen Zusammenbruch mit anschließendem Weinkrampf, und mußte von meinen beschämten Eltern aus dem Schausaal geschleift werden, da mir auch die Beine vorgeblich den Dienst versagten. Auch auf der Heimfahrt war ich kaum zu beruhigen, und zu dem öffentlichen Ruch der seelisch grausamen Rabeneltern trat für meine Altvorderen die Besorgnis, bleibende Schäden an meiner jungen Seele angerichtet zu haben. Selbst erhöhte Eisdosen und ein am nächsten Tage von meinem Vater für meine Carrerabahn erworbener flatschneuer Rennbolide verhinderten nicht, daß ich noch mehrere Nächte hindurch zunächst einiges über die gewohnte Zeit in meinem Bett wachlag, um dann in heilloser Aufregung ins Wohnzimmer zurückgestürmt zu kommen, und dort unzusammenhängendes über die abgehauene Hand zu fabulieren, wie just aus dem Albe erwacht. Recht besehen fällt mir auf, daß ich die Komödie, welche selbstredend von mir zu erzieherischen Zwecken ersonnen war - was führt man auch sein Kind zu solchen Exponaten feudalistischer Schwarzpädagogik - niemals aufgeklärt habe, und mich meine Mutter noch im letzten Jahr an die 'schlimme Fahrt von Hohenlimburg' erinnerte. Sonntag beim Kaffee will ich ihr reinen Wein einschenken, schlimm genug, daß mein armer Vater mit dem Gefühl ins Grab gehen mußte, seinen einzigen und unwilligen Stammhalter solchermaßen traumatisiert zu haben.


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