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Max van der Moritz schrieb am 4.8. 2002 um 15:00:34 Uhr über

SilvioGesell

Der Wert des Geldes.

Vor kurzen las ich, daß nur 2% der internationalen Geldbewegungen mit Warenbewegungen verbunden sind. Das bedeutet aber, daß 98% nur spekulative Bewegungen des Geldmarktes sind, die kaum einen Einfluß auf die Warenpreisbildung haben und dadurch natürlich auch nicht auf den realen Wert des Geldes, welcher nur durch die Preise eines möglichst umfangreichen Warenbündels gemessen werden kann.

So bestimmen also 2% den realen Wert der Zahlen, die da mit Papier oder elektronisch auf der ganzen Welt herumschwirren.

Ähnlich ist die Sachlage auch beim Binnenwert einer Währung. Auch hier sind es nur die Geldbewegungen, die mit Warenbewegungen verbunden sind, welche wertbestimmend sind. Es handelt sich auch hier um ähnliche Verhältnisse, wenn vielleicht auch die Prozentzahlen etwas höher sind.

Nun ist auf längere Sicht gesehen eine gewisse gesetzmäßige Verbindung zwischen den einzelnen, durch Wechselkurse getrennten Währungen der Welt, durch den Druck zur Kaufkraftparität gegeben, aber da können auch durch den Überbau von mindestens 95% spekulativer Geldbewegungen Verzerrungen vorkommen.

Wenn ein Faktor, in diesem Fall die Geldmenge, unter Monopolkontrolle steht und niemand die Monopolisten kontrolliert, können diese Verzerrungen recht langfristig sein, aber der Macht der Monopole sind auch Grenzen gesetzt und wenn man bedenkt, daß nur 2% da die Wertgrundlage für die anderen 98% geben, steht die Macht auf tönernen Füßen. Kommen die Leute erst darauf, daß sie das Monopolgeld nicht wirklich brauchen, um Handel zu treiben, bricht das ganze System zusammen.

Genau so wie es eine langfristige Goldkonstante gibt, ist auch eine langfristige Geldkonstante möglich, nur ist die bisher noch nie eingetreten, weil dauernde Inflation sie seit 60 Jahren verhindert hat und genau so wie die Goldkonstante niemand hilft, der in einer Wirtschaftskrise darauf wartet bis eventuell seine Aktien wieder nach 30 Jahren das wert werden, was er vorher an ihnen beim Börsenkrach verloren hat, ist es beim Versuch einen vergangenen Geldwert wieder herzustellen.

Jeder Versuch das zu tun führt unweigerlich zum Börsenkrach.

Den wollen aber die Besitzer der Riesenvermögen so lange wie möglich verhindern und wollen deshalb den Balanceakt mit leichter Inflation so lange weiterführen als möglich ist. Andererseits wollen sie aber auch eine Rendite aus ihren Vermögen beziehen und das ist nur möglich, wenn sie dafür mehr Zinsen bekommen, als sie durch Inflation an Wert verlieren. Bei angenommen 5% Inflation und 3% Rendite müssen sie aber nun dauernd jemand finden, der ihnen 8% Zinsen zahlen und genug Sicherheiten bieten kann. Solche Leute werden aber immer rarer und das übt einen Druck auf den Zinssatz aus. Da die 3% Rendite eine Untergrenze für das Geldkapital darstellen, die noch nie in der Geschichte des Geldwesens unterschritten wurden, muß also versucht werden die Inflationsrate zu vermindern. Das bringt aber Stagflation.

Weniger Inflation heißt nämlich, daß im Allgemeinen die Preise nicht mehr so schnell steigen oder sogar teilweise fallen. Fallende Preise senden aber ein starkes Signal an alle Händler nicht mehr zu kaufen und mit Einkäufen zu warten und das hat weitgehende Folgen, selbst wenn es sich dabei nur um einzelne Preisgruppen handelt. Absatzschwierigkeiten und Arbeitslosigkeit, die sich selbst verstärkend immer weiter in die Krise führen.

Das Einzige, was dagegen getan werden kann, ist massive Geldvermehrung. Kleinere Vermehrungen werden, wie das Beispiel der Weltwirtschaftskrise gelehrt hat, ohne Wirkung in den Deflationsstrudel gerissen und massiv wagen die Regierungen und Notenbanken nicht vorzugehen, weil dann ein Umkippen in hohe Inflation nur zu sicher ist.

Wenn nur weitere 2% der vagabundierenden Geldmenge, über die sie keinen Einfluß mehr haben aus den 98% auch wieder in reale Güter umsteigen wollen, ergibt das eine Verdopplung der Preise. So einen Wertverlust wollen aber die Besitzer der verbleibenden 96% nicht in Kauf nehmen und versuchen auch noch schnell sich in Sachwerte zu flüchten. Was das aber bedeutet, kann sich jedermann selber ausmalen und haben viele in vielen Ländern der Welt schon erlebt.



37) Die Grundlagen alternativen Geldes.

Mit tiefer Sorge sehe ich viele wohlmeinende Menschen versuchen aus dieser Welt einen besseren Platz zu machen indem sie versuchen die Vormacht des Geldes auf irgend eine Weise zu überwinden, weil sie es mit untauglichen Mitteln tun. Manche denken, daß alles Geld von Übel ist und wollen den Austausch von Gütern auf eine andere Weise, irgend eine andere Weise, organisieren. Sie erkennen dabei nicht, daß sie damit die Grundlage der Marktwirtschaft, welche die Menschen aus der feudalen Abgabenwirtschaft befreit hat, zerstören. Es war das Geld, welches die wirtschaftliche Arbeitsteilung und damit jegliche Zivilisation ermöglicht hat und wenn man es abschafft, muß man zur Abgabenwirtschaft zurückkehren und das ist unmöglich. Für diese Wirtschaftsform sind heute einfach zu viele Menschen auf dieser Welt. Dasselbe gilt in noch größeren Ausmaß für die Urwirtschaft. Da könnten vielleicht 5% der derzeitigen Bevölkerung ihr Leben fristen.

Abgesehen von der Tatsache, daß eine Abgabenwirtschaft nur mit Sklaven, die von einem absoluten Herrscher und seiner Verteilungsbürokratie abhängig wären, funktioniert, sind auch für eine derartige unproduktive Wirtschaftsform schon viel zu viel Menschen auf dieser Welt. Sie könnten einfach nicht ernährt werden. Auch eine Art Schenkungswirtschaft, wie sie von einigen Indianerstämmen praktiziert wurde ist abhängig davon, daß jeder Wirtschaftsteilnehmer seine Grundbedürfnisse autark bestreiten kann und im Wesentlichen nur Überschußgüter verschenkt werden.

Ohne Geld geht es also nicht! Das heißt aber nicht, daß man nicht ein besseres schaffen kann als das, welches wir jetzt haben und welches periodisch seinen Dienst gar nicht erfüllt und auch in besten Zeiten nur gegen Abgabe eines Tributes dazu bereit ist. Wäre es nur der Tribut, dann könnten wir vielleicht damit leben und die Menschheit hat es in der Tat seit der Erfindung des Geldes getan. Es ist nur das fallweise Versagen des Tauschmittels Geld bei Deflation, welches die stärksten Probleme schafft und ganze Zivilisationen zerstört hat.

Wie müßte aber so ein Geld aussehen, welches nicht fallweise versagt? Da sind nur zwei Perioden in der Geschichte der Menschheit bekannt in denen es so etwas Ähnliches gab und wir können die steinernen Zeugen der mit diesem Geld hervorgebrachten Wirtschaftsblüte noch heute bewundern. Die Korngutscheine des alten Ägypten und die Pyramiden und die Brakteaten des Mittelalters und die gotischen Dome waren Ursache und Wirkung.

In neuerer Zeit gab es während der Weltwirtschaftskrise noch zwei kleinere erfolgreiche Experimente mit solch einen Geld, welche aber früh verboten wurden. Seither gab es keine Deflation und deshalb auch keine weiteren solchen Versuche, denn nur eine Deflation mit kompletten Versagen des jetzigen Geldes schafft einen Freiraum für alternatives Geld. Da so eine Deflation nun bald im Bereich der Möglichkeit ist, wird es irgendwo auf der Welt wohl wieder solche Möglichkeiten geben und wenn die Leute es sich dann nicht wieder verbieten lassen, könnte so ein Geld seinen Siegeszug um die ganze Welt antreten. Wie genau müßte aber so ein Geld konstruiert sein?

1) Es muß eine feste Kaufkraft haben.

Warum?

Weil sowohl Deflation als auch Inflation einen wesentliche und notwendigen Aspekt des Geldes zerstören. Seine Eigenschaft als Wertmaßstab.

Wie?

Ganz einfach indem es zum entsprechendem, durch einen Index kontollierten, Preis eingekauft und verkauft wird.

2) Es muß in der Form einer anonym übertragbaren Bestätigung für eine erbrachte Leistung an die Allgemeinheit sein für jeden der es im Austausch für ein Gut oder eine Leistung erhalten hat, genau so wie unser jetziges Bargeld.

Warum?

Deshalb, weil nur dann sein jeweiliger Besitzer überall im Geltungsbereich das beste Gegenangebot für seine erbrachte Leistung suchen kann. Nur dann kann der Wettbewerb funktionieren und gerechte Preise für alle Güter und Leistungen bringen. Alle Buchhaltungsmethoden innerhalb von Tauschkreisen können das nicht und können nie einen genug großen Markt mit gerechten Austausch bilden.

Wie?

Genau wie beim heutigen Geld, jemand muß es drucken.

3) Es muß eine Umlaufsicherung haben, die auf den Geldschein selber wirkt und nicht wie Inflation auf seinen Wert.. Die Höhe dieser Umlaufsicherung muß dem durchschnittlichen Wertverlust von Waren und Dienstleistungen entsprechen.

Warum?

Weil es sonst, und besonders bei garantierter fester Kaufkraft nicht mehr investiert wird wenn Wareneinkauf oder Kapitalgüter nicht mindesten 3% Verzinsung versprechen. Es würde damit den Handel blockieren. Das heutige Geld tut das immer und besonders in einer Zeit fallender Preise. Mit Umlaufsicherung sind seine Besitzer gezwungen, selbst bei 0% Zinsen es zu investieren, weil sie sonst im Ausmaß der Umlaufsicherung einen Verlust zu ertragen hätten.

Wie?

Es sind vershiedene Methoden dafür entwickelt worden. Eine ist das sogenannte Stempelgeld und die andere ist gebührenpflichtiger Umtausch nach einer gewissen Laufzeit, ähnlich den Brakteaten des Mittelalters. Beide würden funktionieren. Es sollten aber etwa 6% jährliche Abgabe nicht überschritten werden.

4) Es muß konvertierbar sein und muß einen variablen Wechselkurs zum Erstgeld haben.

Warum?

Weil es sonst seine Kaufkraft nicht halten kann gegenüber einem Geld welches an Kaufkraft verliert, was aus Sachzwängen heraus nach der ursprünglichen Deflation wahrscheinlich ist. Die volle Konvertierbarkeit ist deshalb notwendig, weil das alternative Geld sonst schwer angenommen würde. Der Wechselkurs erlaubt der Ausgabestelle des alternativen Geldes nicht nur, durch einfache Bekanntgabe des Kurses die Stabilität zu gewährleisten sondern erlaubt es ihr auch jede gewünschte Menge davon umzuwechseln, gleichgültig welche Politik die Ausgabestelle des Erstgeldes betreibt..

Wie?

Einfach durch Einkauf und Verkauf zum errechneten Wechselkurs, der Ausdruck von Kaufkraftparität sein soll.

Das sind die wesentlichsten Voraussetzungen für auf die Dauer erfolgreichen alternativen Geldes. So weit so gut, aber wie verhindert man, was den Versuchen während der Weltwirtschaftskrise passiert ist? Nämlich ein Verbot Das ist das einzige wirkliche Problem, denn wirtschaftliche Sachzwänge sprechen für einen durchschlagenden Erfolg des alternativen Geldes. Der Erfolg in Wörgl, den am besten belegten Experiment während der Weltwirtschaftskrise war jedenfalls beeindruckend, trotzdem das Experiment noch einige Mängel hatte.

Jedenfalls kann man sicher sein, daß diejenigen, welche derzeit an den Hebeln der Macht vom Status quo profitieren immer Wege finden werden, um Alternativen zu blockieren bevor sie ihnen gefährlich werden können. Der einfachste Weg dazu ist die Verhinderung der Erkenntnis vom einfachen Weg der existiert um die Macht des Geldes zu brechen.

Bisher waren sie erfolgreich damit und haben immer auch Leute gefunden, selbst unter den Geldreformern, welche sie dabei unterstützten. Manchmal schaut es so aus als ob sie das notwendige Wissen so lange unterdrücken könnten, bis alle mit dem notwendigen Kenntnissen verstorben sind.. Sie brauchen dazu nur die Deflation lange genug verschieben. Das ist diesmal auch recht lange gelungen.

Wie zuvor gesagt, ist es sehr schwer ohne Deflation des ursprünglichen Geldes alternatives Geld einzuführen, obwohl es in den meisten Ländern nicht einmal verboten ist. Verboten ist nur die Nachahmung des offiziellen Geldes und wenn jemand eigenes Geld herausgibt, welches anders ausschaut gibt es kein Gesetz dagegen. Dennoch gibt es keinen Grund zu verzagen. Der ständige Wachstum der Geldvermögen und trotz Inflation einer noch realen Verzinsung derselben ist an eine Grenze gestoßen. Es gibt keine zahlungsfähigen und zahlungswilligen Schuldner mehr dafür! Der Zwang zu einer deflatorischen Politik wird deshalb immer stärker. Die Besitzer der großen Vermögen wollen diese ja nicht durch Hyperinflation verlieren, welche bei Fortführung der jetzigen Geldaufblähungspolitik eine ständige Gefahr darstellt. Diese Riesenpapiervermögen können nämlich nur dann ihren Scheinwert erhalten, solange man nicht versucht etwas dafür zu kaufen.

Mit dieser unvermeidbaren Deflation ist dann aber der Weg frei für alternatives Geld. Es muß aber schnell eingeführt werden damit nicht, wie bisher immer in der Geschichte der Menschheit, der Ausweg aus der selbstgemachten Deflationskrise mit Hilfe eines Krieges gesucht wird.

Es gibt aber noch einen weiteren Hindernisgrund für die Einführung alternativen Geldes, selbst wenn das Geld des Staates seinen Dienst versagt. Es ist der Glaube, daß man viele Menschen und große Mengen alternativen Geldes braucht, um einen alternativen Markt zu schaffen und daß dies bei der anscheinend bewußt geförderten Unkenntnis und Falschinformation der Menschen unmöglich ist.

Nichts ist aber ferner der Wahrheit. Wörgl gab 1932 der Welt ein Beispiel, wie man mit nur 5,000 Dollar wert alternativen Geldes und 5,000 Wirtschaftsteilnehmern erfolgreiches Zweitgeld schafft und beim Verbot waren schon 200,000 mehr Menschen bereit da mitzumachen. Dazu hätte man nichts weiteres gebraucht als die Zweitgeldmenge um einen Dollar pro neuen Marktteilnehmer zu erhöhen. (aus bestimmten Gründen müßten das heute vielleicht zwei Dollar oder Euro wert sein).

Alle diese 5,000 Menschen und die 200,000 die da bereit waren mitzumachen waren keine Wirtschaftsexperten, das war nicht einmal der Initiator dieses Geldes, der einfache Eisenbahner und sozialistische Bürgermeister der kleinen Stadt, Michael Unterguggenberger. Sie sahen nur mit eigenen Augen das Aufblühen der lokalen Wirtschaft in einem Land in schwerster Krise und wer weiß ob es den Weltkrieg gegeben hätte, wenn man sie gewähren hätte lassen und ihr Beispiel hätte weltweit Nachahmer gefunden. Man braucht also nur einen lokalen Markt von etwa 5,000 Menschen und einen richtigen Mann am richtigen Platz, wenn die Zeit reif ist.

Hoffen wir, daß es mehrere solche Märkte und Männer geben wird. So könnte die Welt dem Untergang entgehen.









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