Chaotisch wirkende, »unorganisierte« Zusammenhänge können ungeheuer effektiv sein zur Bewältigung bestimmter Aufgaben und Probleme. Das faszinierende liegt in der Gegensätzlichkeit zum tradierten Begriff der Ordnung. Was damit gemeint ist, kann sich jeder vorstellen, der Besitzer einer größeren Bibliothek ist, die sich normalerweise in einem »chaotischen« Zustand befindet - einem Zustande, in dem es mitunter wochen dauert, ein bestimmtes, selten benutztes Buch zu finden, die regelmässig genutzten Bücher aber stets binnen Sekunden zur Hand sind. Periodisch bekommt man Anfälle von Ordnungsliebe, und räumt auf. Die Bücher werden in einem Gewaltakt in Anlehnung an wissenschaftliche Sortierungen geordnet. Man findet jetzt im Nu all das, was man nie sucht. Die Bücher dagegen, die gebraucht werden, muß man auf einmal lange suchen, weil man sich partout nicht daran erinnern kann, unter welchem »Standort« man sie einsortiert hat. Erst dann, wenn Kluge's Etymologisches Wörterbuch wieder entweder auf dem Klo, oder auf dem Eßtisch, oder auf dem Tintenstrahdrucker liegt, wo es auch wirklich hingehört, also wieder für aussenstehende chaotisch wirkende Verhältnisse herrschen, findet man sich wieder zurecht. Die Erklärung dafür liegt auf der Hand - und genau das ist der Forschungsansatz der Chaosforschung.
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