wakashudo
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Wakashudo entspricht in weiten Zügen dem antiken Ideal des pädagogischen Eros. In der Samurai-Tradition wurde der Begriff des nanshoku, der Männerliebe, auf ein Lehrer-Schüler-Modell übertragen, in dem der nenja (bei uns besser als Ninja bekannt) den Part des älteren und aktiven Partners und Lehrers übernahm, dem sich der chigo, der Schüler und Geliebte, in freier Wahl anvertraute. Der Begriff chigo entstammt allerdings dem zenklösterlichen Umfeld, wo die homosexuelle Instrumentalisierung der Novizen offenbar so augenfällig war, dass erste Missionare wie Allessandro Valignano, die in den 1540er Jahren nach Japan kamen, in Briefen unter Bezugnahme auf die beobachteten Mönch-Schüler-Verhältnisse bemerkten, sie hätten Sodom auf Erden entdeckt. Um den militärisch geschulten Samurai-Lehrling vom vergeistigten Zenschüler zu unterscheiden, benutzten die Samurai für ihre 'Knappen' das Wort wakashu, was Jugend bedeutet, wakashudo ist der Weg der Jugend. Vor allem in der Zeit der Shogunate, als die Macht vom Kaiserhof in die Hände wechselnder Warlord-Clans gefallen war, war die homosexuelle Liebe so verbreitet, dass ein Historiker Ota Kinjo 1813 schrieb: »Nanshoku wurde in Zeiten des Krieges vorherrschend und viele starke und mutige Krieger gingen aus den Reihen der Liebhaber der Shogune hervor.« Crompton zufolge haben mehr als die Hälfte der japanischen Shogune zwischen 1338 und 1837 in einer nanshoku-Beziehung gestanden - fast immer natürlich parallel zu ihrer Ehe mit einer Frau, die zu berühren einem Samurai jedoch ohnehin nur in seltenen Fällen gestattet war.
vgl. 'Gleich und anders - eine globale Kulturgeschichte der Homosexualität' , Hamburg 2007; pp. 314-321