Tuntig-orthodox

Es war nur meinem Reisen mit kleinem Gepäck und der großteiligen Verstunkenheit meiner restlichen mitgeführten Bekleidung geschuldet, doch als ich mit dem Flugzeug aus Tel Aviv kommend in Frankfurt unter einer bunten Mischung von französischen und schweizerischen Heilig–Land–Pilgern, einer chinesischen Reisegruppe, Geschäftsleuten aus aller Welt und eben auch einem Gutteil Israelis ankam, war meine Gewandung einigermaßen abenteuerlich: Trug ich doch zu an allen vorhergegangenen Sicherheitsschleusen auszuziehenden schwarzen Glattlederhalbschuhen (die für die Tasche einfach zu schwer waren) eine weiße Leinenhose, darüber etwas tarnfleckartiges (das sich jedoch bei näherem Hinsehen in ziselierte Bärentatzen auflöst, ein gelungenes Tropenhemd der diesjährigen Wolfskin–Kollektion), darüber wiederum hatte ich gegen das Zerknittertwerden in der Reisetasche mein krähenschwarzes Sakko gezogen, den Kopf mit einer Kappe geschmückt, die zum Weiß als einzig weitere Farbe ein Blau mit einer strengen Ornamentik beisteuerte, die klimageröteten Augen mit einer Sonnenbrille verriegelt - ich schleppte schon seit Stunden meist eher mißmutig mein Gepäck durch endlose Flughafengänge und hatte zum Imagecheck weiter Zeit noch Laune gefunden, aber ich sah sicher ein wenig verwegen bis verschroben aus, zudem noch gegen mein vielleicht nur imaginiertes Müffeln mit einer schweren Schleppe eines orientalischen Rosenparfüms versiegelt; ich muß ein wenig wie ein orthodoxer Siedler gewirkt haben, der zur Strafe für überpatriotisches Verhalten drei Jahre als Armeehure zwangsverpflichtet worden ist.

Tuntig und orthodox schneiden und beissen sich. Sind gegensätzlich und anscheinend hier zusammenhängend doch verbindbar. Wohlweislich könnt des einen Geist in den anderen Besitz gekommen oder genommen haben. Darüber kann gestritten werden. Tuntig, was schnuddelig in meines Auge erblickendes. Orthodox was standhaftig Erscheinendes. So wird das Standhafte sich das Schnuddelige erblickt haben. crazy.