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Assoziationen zu »Schreiben«

Salamander schrieb am 23.5. 2000 um 13:34:18 Uhr zu

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Abschied von der Schreibmaschine



Das Geklapper eines Büros oder einer Amtsstube ist noch in Erinnerung, und wenn man das selten gewordene Vergnügen hat, wieder einmal eine richtige Schreibmaschine zu hören, kann einen eine seltsame Mischung aus Wehmut, Befremden und Nostalgie beschleichen. Wer sich vielleicht auch noch darauf eingelassen hat, die Prüfungsarbeit zum Abschluß seines Studiums auf einer Schreibmaschine zu verfassen, weiß, aus welchem Holz man sein Werk herausgearbeitet hat und wie handwerklich die Abfassung stellenweise war.

Die Norm ist heutzutage der Computer, und der Wandel vom einen zum anderen Schreibgerät wurde nicht ohne Geburtswehen vollzogen. So war in einem Artikel, den im letzten Sommer Jürgen Dahl für die ZEIT schrieb, davon zu lesen, welcher Kulturverlust mit der Einführung des Computers verbunden ist, und an anderer Stelle hörte man gar aus dem Anschlag einer richtigen Schreibmaschine den Es-Dur-Akkord der Lebensfreude. Dahl jedenfalls zeigt schlüssig, daß ein mit der Maschine geschriebener Text besser ist, weil er auf diese Weise möglicherweise besser überlegt und durch mehrmaliges Abschreiben gleichsam wie ein Teig gründlich durchgeknetet ist, und tatsächlich gaben auch mir die gelegentlichen Tippex-Pausen beim Schreiben meiner Abschlußarbeit willkommene Gelegenheit, zu überlegen, was eigentlich im Satz stehen soll.

Der Computer hingegen verleitet zum Heruntertippen von Textbausteinen, die man am Bildschirm beliebig ändern, zerstückeln, vermischen und kombinieren kann, und das Resultat zeigt zuweilen noch deutlich die Nahtstellen, wo sich der eingeschobene Textbaustein nicht recht heimisch fühlt. Die Möglichkeit, einen Text im Nachhinein hier und dort zu verändern, kann praktisch sein, erzeugt jedoch fast immer nur Flickwerk. Das Geschriebene muß ein Fluß der Gedanken sein, und da wird man mit Umstellungen und Eingriffen eher Schaden anrichten als das Werk verbessern. Das Verschwinden des letzten Rests an Handwerklichkeit beim Schreiben trägt zum Entfremden des Autors von seinem Werk bei.

Ein besonderer Vorteil der Schreibmaschine ist vor allem ihre Unabhängigkeit und Robustheit. Solange das Farbband hält, funktioniert sie immer und überall, sie braucht keinen Strom, und das Geschriebene ist ein gegenständliches Erzeugnis, das nichtabstürzenodergelöscht werdenkann. Dies sind Aspekte, die das Arbeiten mit der Schreibmaschine in den Augen Ihrer Befürworter zu einer Kulturtechnik erheben, die alles andere als anachronistisch ist und zu guten Ergebnissen führt. Was bisher noch keine Erwähnung fand, ist die gute Schule, die die Schreibmaschine ihrem Besitzer beschert. Wer den Computer benutzt, vorher jedoch Erfahrungen mit der Schreibmaschine gesammelt hat und sie vielleicht weiterhin nebenher benutzt, wird auf bessere Resultate hoffen dürfen, da sich notwendigerweise bei der alten Technik der Text zunächst im Geist des Autors wie in einem Reservoir ansammelt und erst dann gegenständlich wird.

Das Schreiben auf einer modernen Computertastatur entledigt den Verfasser dieser Gedankenschleuse: Alles kann sich ungeprüft in all seiner Dumm- und Fehlerhaftigkeit in eine Datei ergießen, die dann möglicherweise in dieser rohen Form abgegeben wird. Wer mit dieser Technik aufwächst, wird hart arbeiten müssen.

Der Verkauf eines Gegenstandes zielt schon lange darauf ab, daß der Käufer möglichst bald noch etwas anderes kaufen muß und kaum Reparaturmöglichkeiten hat. Die Tastatur eines Computers wird eher ausgetauscht denn repariert, ein technisches Gerät benötigt heutzutage Strom, und ein brandneues Textverarbeitungsprogramm ist nach zwei Jahren schon völlig veraltet. Diese Nebenkosten machen den eigentlichen Gewinn am Produkt aus. Dabei wird vergessen, daß man auch heute noch Firmen finden kann, die einem für wenig Geld ein ß-Zeichen in die Schreibmaschine hineinlöten. Besonders diejenigen, die sich für ihren Computer alle paar Jahre ein neues Anwenderprogramm, ein „Setup“ oder den neuestenVirenscanner“ zulegen müssen, sind plötzlich etwas bedrückt, wenn sie hören, daß mit einer Schreibmaschine ein Text heute so gut und zuverlässig geschrieben werden kann wie in zwanzig Jahren, und das ganz ohne Strom.

Es gibt jedoch einige Vorteile des Computers, die die Schreibmaschine nun einmal nicht bietet, und dazu gehört vor allem die wirklich leichte Verarbeitung, Vervielfältigung und der Transport von Schrift. Die Möglichkeiten des Computers liegen in seiner Vernetzungsmöglichkeit, im blitzschnellen Zugriff auf irgendwelche Dinge, die man aus gewaltigen Datenmengen heraussuchen möchte, in der gleichsam fabrikmäßigen Verarbeitung eines Briefes und einer Anschriftenkartei zu einem großen Stapel fertig adressierter Serienbriefe und dergleichen mehr. Gerade bei Verzeichnissen, Karteien und Katalogen hat der Computer große Vorteile und Erleichterungen gebracht. Während man beispielsweise für ein Buch in jeder Bibliothek, in der es vorhanden war, ehedem einige Katalogkarten mit der Schreibmaschine geschrieben hat, so wird dieser Text heute nur noch einmal eingegeben und ist dann gleichzeitig in vierundzwanzig österreichischen Bibliotheken verfügbar. Und der Benutzer muß nicht mehr mit komplizierten Katalogisierungsregeln kämpfen, sondern hat zum Beispiel die Möglichkeit, einen bestimmten Autor in Verknüpfung mit einem bestimmten Erscheinungsort zu suchen.

Die Nostalgiker, die den Computer an der Schreibmaschine messen, reduzieren den Vergleich auf die Funktion des reinen Schreibens für literarische Zwecke, und da schneidet die Maschine sicher besser ab. Wer lange am Computer arbeitet, wird vielleicht zwischen dem blassen Geflimmer des Bildschirmes und dem monotonen Kunststoffklang der Tastatur, wo es kein „Sssst—“ und keinPing!“ gibt, an den rustikalen Klangkörper einer Olympia oder Adler zurückdenken, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann man für seinen Computer die Software bekommt, die ihn zu dieser Musik befähigen wird. „Typesound 2.0wird soetwas vielleicht heißen. Und es wird all diejenigen lächerlich machen, die im ersten Eifer die Schreibmaschinen auf den Müll geworfen und sich der neuen Technik unterworfen haben.

Dabei wird zweierlei vergessen. Als vor gut hundert Jahren die Schreibmaschine ihren Siegeszug begann, wurde sie genauso angefeindet, wie später der Computer. Von Entfremdung des Autors von seinem Werk war die Rede, wenn man die Buchstaben nur noch eintippen würde, statt sie weiterhin mit der Stahlfeder zu schreiben. Als dann um 1920 die ersten Füllhalter aufkamen, hatte man sich an die Schreibmaschine einigermaßen gewöhnt, lehnte nun aber das neue Schreibgerät ab, weil es keine Haar- und Schattenstriche ermöglichte, wie die Stahlfeder. Schreibmaschine und Füllhalter brachten damals große Erleichterungen und bessere Möglichkeiten, zum Beispiel die Unabhängigkeit vom Tintenfaß. Abgelehnt wurde übrigens auch der Kugelschreiber, der in den Anfangszeiten allerdings auch ein fürchterliches Schriftbild erzeugte. Bis heute ist er noch heftigen Angriffen ausgesetzt, weil er der Ausbildung einer sauberen und lockeren Handschrift entgegenwirkt.

Das Zweite, was man bei aller Trauer leicht übersieht, ist die prinzipielle Konsequenz in der Entwicklung von der Handschrift über die Schreibmaschine zum Computer. Einen Buchstaben durch Knopfdruck zu erzeugen, also nicht mehr selbst zu schreiben, sondern von einer Maschine schreiben zu lassen, ist bereits mit der Schreibmaschine eingeführt worden, nicht erst mit dem Computer. Einen Text in mechanisch handhabbare Elemente zu zerkleinern, die vom Autor sinnvoll aneinandergereiht werden können, ebenfalls. Daher ist der Computer als logische Weiterführung des Weges zu sehen, der mit der Schreibmaschine beschritten wurde, und wer den Computer ablehnt, muß daher auch die Schreibmaschine ablehnen. Die Feuilletonisten, die heute das Wehklagen über das Ende einer Kulturtechnik anstimmen, nur weil sie ihre Texte auf Diskette einreichen müssen, hätten vor hundert Jahren ähnliches über das Ende der Stahlfeder geschrieben. Sie vergessen, daß sie ihre Texte über die Telephonleitung in die Redaktion einspielen können, daß sie sie leicht transportieren, billig verschicken und platzsparend archivieren können und daß jeder Transfer geschieht, ohne daß sich auch nur ein einziger Fehler in den Text einschleicht.

Die Verfechter der Schreibmaschine beklagen, ihre Texte nicht als Typoskript abgeben zu können. Doch mittlerweile hat der Computer lesen gelernt und man kann ihm auch ein Typoskript geben, das er sorgfältig liest. Und er hat sogar hören gelernt. Und aus allem, was man ihm an Texten gibt, macht er gefällige Textbilder, die allesamt typographisch nicht in Ordnung sind, aber so aussehen wollen, als seien sie handgesetzt. Und das in Textschriften, die es zwar in ungeheurer Menge gibt, von denen aber immer wieder dieselben vier oder fünf auftauchen, am liebsten „Times New Roman“, von der nicht einmal ein halbes Prozent der Benutzer wissen dürfte, seit wann es sie gibt und zu welcher Gruppe von Schriften sie gehört.

Daran wird das eigentliche Problem des Computers deutlich: die Nachmacherei und die Gleichmacherei. Nachmacherei, weil der Computer den handgesetzten und im Buchdruck vervielfältigten Text nachahmt, ohne seine Wesensmerkmale zu haben. Ein gesetzter Text ist im Idealfall nach dem geschulten Augenmaß eines erfahrenen Typographen ausgeglichen und daher nicht nur im Gesamtbild schön, sondern auch als Text angenehm und flüssig zu lesen. Der Ausgleich der Zwischenräume zwischen Buchstaben und Wörtern erfolgt beim Computer nach einigen mehr oder weniger schlauen Standardregeln, wobei der optische Gesamteindruck ebenso unberücksichtigt bleibt wie die Tatsache, daß etwas, das ein Mensch lesen soll, auch von einem Menschen gesetzt sein sollte. Grobe Fehler bei kleineren Schriftgraden seien nur am Rande erwähnt. Die Gleichmacherei liegt in der bereits erwähnten Tatsache, daß heute kaum Unterschiede zwischen verschiedenen Texterzeugnissen zu erkennen sind. Alle verwenden üblicherweise dieselbe Schrift in denselben Größen mit demselben Zeilenabstand, und die Drucker geben die gleichartigen Texte in optischer Gleichförmigkeit wieder.

Die Schreibmaschine bietet überhaupt keine Typographie, sondern normalerweise sechzig gleich breite Felder pro Zeile, und das macht sie in dieser Hinsicht sympathisch. Sie gibt eine Typographie nämlich im Gegensatz zum Computer gar nicht erst vor. Und abgesehen von der wirklich gleichförmigen und standardisierten „Pica“-Schreibmaschinenschrift gab es in der Anfangszeit dieser Geräte auch noch einige andere Schriften, später gab es sogar Frakturschriften auf Schreibmaschine, und gegen Ende der Entwicklung tauchten sehr»technische«, kantige Schriften neben sehr ansprechenden Typenrad- und Kugelkopfschriften auf. Zumeist schreibt man „Pica“, wenn man sich einer Schreibmaschine bedient, und darin liegt wie beim Computer eine deutliche Gleichförmigkeit.

Gegentrends werden spürbar, wenn etwa restaurierte und funktionstüchtige Schreibmaschinen im gehobenen Versandhandel auftauchen und die etwas snobistische Erklärung: „Computer? — Damit habe ich überhaupt nichts zu tun!“ bei einigen Geschichts- oder Philosophiestudenten seit kurzer Zeit besonders schick ist. Manche Schriftsteller haben sich dazu bekannt, einige Schreibmaschinen in Ölpapier verpackt und im Keller eingelagert zu haben. Der Irrwitz dieser Ansätze zeigt, daß die Schreibmaschinenkultur sich mitten in der Agonie befindet. Mit der Restaurierung von Schreibmaschinen Arbeitsplätze zu sichern, ist sinnvoll und gut, doch wird man damit nicht die „Kulturtechnik“ des Maschinenschreibens über den Wirbelwind der Computertechnologien hinwegretten können, wenn nicht der Wert der Schreibmaschine allmählich auch wieder im kleinen Büro, im Privathaushalt und auf der Amtsstube erkannt wird und vor allem die Hersteller endlich wieder vernünftige, stabile Geräte anbieten. Und selbstverständlich wird der blasierte Philosoph, der mit seiner Rückwärtsgewandtheit kokettiert, bei der ersten Literatursuche sehr wohl am Computer sitzen, wenn er zu ernsthaften Ergebnissen gelangen will.

Wer Kulturtechniken zu nutzen und anzuwenden gedenkt, wird allen Errungenschaften ihren sinnvollen Platz zuweisen. Man braucht sich nicht von seiner Schreibmaschine zu trennen, wenn man sich einen Computer besorgt, wie man sich auch nicht bei Anschaffung einer Schreibmaschine von seinem Füllhalter, bei Anschaffung eines Füllhalters von seiner Stahlfeder, bei Anschaffung einer Stahlfeder von seinem Gänsekiel, bei Anschaffung eines Gänsekiels von seiner Rohrfeder, bei Anschaffung einer Rohrfeder von Diptychon und Stylus und bei Anschaffung letzterer von Hammer und Meißel zu trennen brauchte.

Dragan schrieb am 17.4. 1999 um 23:25:52 Uhr zu

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Bewertung: 5 Punkt(e)

Es gibt verzweifelte Menschen, die in ihrem Kopf ein Tohuwabohu haben und mit diesem Zustand unglücklich sind. Daraufhin schreiben sie alles auf und fühlen sich besser. Das liegt daran, daß es beim Schreiben üblich ist, nicht mehrere Buchstaben übereinander zu malen. Deswegen ist der Schreiber gezwungen, eins nach dem anderen niederzulegen, womit gleichzeitig die Gedanken geordnet werden. Hierbei wird das Schreiben zu einem Hilfsprozess des Denkens.

Insgesamt ist das meiner Ansicht nach eine Zweifelhafte Technik. Wer beispielsweise den ganzen Schreibtisch voller Papiere und Unrat hat, wird kaum damit zufrieden sein, den ganzen Plunder rechtwinklig zu den Kanten des Tisches auszurichten. Beim Schreiben werden die Gedanken nämlich nur in eine Reihenfolge gebracht. Dabei finden sich vielelicht Fehler, weil eventuell der eine Gedanke nicht zu dem eins davor paßt. Und dann denkt der Schreiber: »Ei, wie gut ist doch diese Aufschreiberei, schon wieder eine Inkonsistenz gefundenDabei liegt das ganz allein am Vorgang des Schreibens und bedeutet nicht zwingend einen Fortschritt.

Wer dazu tendiert, alles in eine Reihenfolge bringen zu wollen, der gehört auch zu der Sorte Mensch, die sofort sehen, daß Bruce Willis in der einen Einstellung eine Krawatte anhat und in der anderen nicht. Und dann finden sie den Film scheiße, weil er sich nicht an die Chronologie des Schreibens hält.

Und woher kommt das? Es liegt nur am Kultur-Terror mit Namen Buch. Diese Dinger sind eigentlich nur als Unterlage für den Fernseher zu gerbauchen, oder zum Plattdrücken von Blumen.

hinkelchen schrieb am 26.9. 2000 um 02:46:41 Uhr zu

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Bewertung: 5 Punkt(e)

ich kann über alles schreiben am liebsten sehe ich den buchstaben dabei zu wie sie auf dem bildschirm auftauchen und sich zu wörtern entwickeln manchmal bin ich vom sinn hinterher selber überrascht. um diesen effekt kennenzulernen muss man aber schon sehr schnell tippen können sonst sind die gedanken doch vor den worten da und der überraschungseffekt ist gegessen !

kms23/grauzone schrieb am 14.3. 2001 um 19:53:05 Uhr zu

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Bewertung: 4 Punkt(e)

zu schreiben, das bekommt in unserer heutigen Zeit der Informationstechnologie einen sehr hohen Stellenwert.Handschriftlich niedergelegtes kann nicht auf einmal durch den versehentlichen Druck auf eine Taste oder einen Button unwiederruflich gelöscht werden.niedergeschriebene Gedanken sind resistent gegen bluescreen oder die »entf«taste und gewinnen dadurch deutlich an Mehrwert.Noch.
Sobald uns die entsprechende Bandbreite zur vollen Verfügung steht und in erster Linie Sprache oder Bewegung zur Kommunikation im Netz wird bekommt das geschriebene Wort Kunst und Kultstatus.Wird vielleicht sogar zu Religion.

peter schrieb am 3.7. 1999 um 01:08:23 Uhr zu

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Bewertung: 6 Punkt(e)

Wann immer ich etwas von mir Geschriebenes - von dem ich beim Schreiben meinte, es sei für mich wichtig - später wieder lese, empfinde ich es als unwahr. Die Zeit ist darüber hingegangen. Kann mir mein Psychoanalytiker helfen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Hadmar Freiherr von Wieser schrieb am 3.11. 2003 um 16:13:15 Uhr zu

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Bewertung: 1 Punkt(e)

Jede Geschichte beginnt zunächst mit einer Idee.

Bei den meisten meiner Romane, Abenteuer, Spiele, Drehbücher und Musiktexte könnte ich heute nicht mehr sagen, was diese erste Idee war. Ich habe Dateien mit etwa 800 Romanentwürfen, meist nur aus einem Arbeitstitel und zwei bis fünf Sätzen bestehend, seltener aus einer Textprobe, wo mich kurz die Schreiblust gepackt hat.
Manche dieser Ideen stammen aus Träumen: ich wachte mit diesem aufgewühlten Gefühl auf, dass mein Traum größere Bedeutung hatte, und im Gegensatz zu sonst zerfiel das ganze beim Aufwachen nicht in sinnlose Fragmente, sondern erwies sich als durchaus sinnvoll.
Viele Ideen sind einfach geklaut; nach Vorbildern gestaltet, sagt der Fachmann. Meist sind es „Übersiedelungen“ aus anderen Genres und Branchen: ein Hardrock Song, dessen Text mich seit 20 Jahren beschäftigt; eine Folge einer billigen TV-Serie, wo ich finde, dass man mehr mit dem Plot hätte machen können; Inhaltsangabe eines Buches oder Filmes, das zu lesen ich nie Zeit hatte.
Die häufigsten Ideen entstehen durch Kombinationen; das was man gemeinhin Kreativität nennt.

Zum Beispiel entstand aus der Welle von Die-Hard-Filmen (bis hin zu Air Force One mit Harrison Ford), den häufigen Pressemeldungen über das Prominentenpaar David Copperfield und Claudia Schiffer und den Biographien diverser „zupackender“ Milliardäre wie Rockefeller, Richard Branson (Virgin) und Ted Turner (CNN) die folgende Idee: Bill Gates heiratet Prinzessin Diana. Während sie ihre Flitterwochen auf einer abgeschiedenen Schihütte verbringen, schlagen Terroristen oder Agenten zu, von denen man (und ich auch noch) nicht weiß, ob sie die Prinzessin entführen oder des Erfinders neuestes Projekt klauen wollen. Jedenfalls töten sie die Leibwächter, worauf die spannende Frage entsteht, wie Bill Gates mit der kreischenden Diana an der Hand die Attentäter überwältigt bzw. ihnen bei einer rasanten Flucht per Ski entkommt.

Natürlich werde ich diesen Roman nie schreiben. Ich kann mich nicht an den Persönlichkeitsrechten des reichsten Mannes der Welt vergreifen: der lässt meinen Roman einstampfen - mitsamt dem Verlag. Außerdem ist uns die Braut abhanden gekommen.
Aber das ist egal. Ich kann einen Contemporary Thriller schreiben, in dessen zwei Hauptdarstellern jeder Leser die beiden Prominenten wieder erkennt.
Ich kann das ganze als Science Fiction auf die Venus verlegen, in die durch Terraforming umgestalteten Urlaubsparadiese, woBill Gatesüber die Erfindung seines neuen Empatholinks nachdenkt, um seinen Mental-Technik-Konzern an der Weltspitze zu halten. „Prinzessin Dianaist wiederum die englische Prinzessin, nur schreiben wir eben das Jahr 2261.
Mit etwas Nachdenken lässt sich natürlich auch ein Fantasy-Roman daraus machen: der mächtige Artefakten-Magier, der aufgrund eines einzigartigen Paktes mit den Gnomen beinahe ein Monopol auf die Herstellung des Steines der Weisen (ein Kristall mit Silberfäden darin) und daraus verfertigter Artefakte hat; an seiner Seite eine generische Prinzessin, die in diesem Fall ruhig eine extrem gute Schwertkämpferin sein kann.
Etwa Recherchen benötigt ein historischer Roman: Aus Bill Gates wird Leonardo da Vinci, aus der Berghütte ein einsames Schlösschen in der Toscana, wo der etwas ausgebrannte Erfinder seinen nicht ganz legalen Experimenten nachgeht, und aus seiner Begleitungda Leonardo vermutlich homosexuell warder Sohn des Dogen von Venedig. Sind die Meuchler venezianische Tugendwächter, die einen Skandal kaschieren sollen, oder florentinische „Extraktoren“, die Leonardo zur Mithilfe im Krieg gegen Genua zwingen sollen?
Ja, sogar für Harry Potter VIII eignet sich dieser Plot: Harry Potter, inzwischen 14 und verliebt, und Hermine, von der wir inzwischen wissen, dass sie die reichste, schönste ... und so weiter. Die Terroristen sind natürlich Diener Lord Voldemorts, was sonst.


www.hadmar.com

diso schrieb am 24.12. 2007 um 11:46:10 Uhr zu

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Bewertung: 1 Punkt(e)

Schreiben macht süchtig. Zumindest an und wann. Schreibt man zum Beispiel, sagen wir mal wochenlang nicht, dann verliert man mehr und mehr die Lust überhaupt noch irgendwas zu schreiben. Man denkt sich »was schreiben? Wozu? Und vor allem, was?«. So wird schnell aus einer kurzen Nicht-Schreiber-Phase, eine lange Nicht-Schreiber-Phase. Hiermit begänne der Teufelskreis des ewigen Nicht-Schreibens. Oft wurde dieser ursprünglich durch die jähe Selbsterkenntnis ausgelöst, das man wohl nicht zum großen Poeten oder Lyriker geboren ist, und überhaupt sowieso nicht weiß, worüber man eigentlich irgendwas schreiben sollte, was nicht von völlig belanglosem Geiste ist. Es fallen einem scheinbar so viele gute Gründe ein, nichts, aber auch gar nichts zu schreiben, außer vielleicht mal hier und da eine Email oder ein Brief. Vielleicht ein dummer Forenbeitrag am Tag und das wars.
Zum Glück ist es meist aber dann doch so, dass einen irgendwann mal wieder die unverhoffte Lust packt, einfach drauf los zu schreiben. Aufgelöst scheinen die Wichtigkeit der eigenen geistigen Belanglosigkeiten und jede falsche Selbstachtung. Man schreibt einen Beitrag in den Blaster und erfreut sich selbst dran. So sehr, dass man schon gar noch einen weiteren Beirag verfasst und so findet man sich mir nichts dir nichts, wieder in der Welt der lyrisch Tätigen wieder.
Man sieht also, das Schreiben an sich ist eine Runde Sache. Gekoppelt mit der Schaffenskraft eines Menschen verhält es sich exponentiell zu sich selbst.

nienor schrieb am 25.4. 2000 um 10:32:30 Uhr zu

schreiben

Bewertung: 3 Punkt(e)

Schreiben ist fast eine Meditatonsuebung. Man hat es so automatisiert, dass man sich selbst dabei zusehen und seine Gedanken schweifen lassen kann

Jasona schrieb am 23.8. 2001 um 22:40:42 Uhr zu

schreiben

Bewertung: 3 Punkt(e)

Schreiben oder Leben?!
Kann man gut schreiben, ohne zu leben?
Und wenn man lebt, hat man dann noch die Zeit, die Muße und den Abstand, um gut zu schreiben?
Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich das ausprobieren wollte.
Der einzige, der es meines Wissens nach geschafft hat, ist Truman Capote.
Aber der ist ja auch relativ früh gestorben; und mann, sah er fertig aus.
Bin übrigens dankbar für weitere Beispiele.

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