Wegwerfgesellschaft
Bewertung: 1 Punkt(e)Der Wegwerfmensch Fuer jedes Phaenomen wird es je nach Standpunkt des Betrachters unterschiedliche Erklaerungen geben. Aber unabhaengig von den Erklaerungen, die man fuer das hier beschriebene Phaenomen anbieten kann, bleibt die allen Erklaerungen zugrundeliegende Tatsache, dass sich nachhaltige Veraenderungen vollzogen haben und dass diese Veraenderungen darauf zurueckzufuehren sind, dass der Mensch seine Identitaet zunehmend in solchen Formen der Selbstkonstituierung findet, die nicht an Schriftkultur und schriftkulturelle Bildung geknuepft sind. Mit dem allmaehlichen Verzicht auf Lese- und Schreiberfahrungen und dem Aufkommen anderer Kommunikations- und Rezeptionsformen ist der Mensch noch einer weiteren Strukturveraenderung unterworfen: der Verlagerung von Zentralismus auf Dezentralismus, von einem zentripetalen Existenz- und Handlungsmodell, in dessen Mittelpunkt das traditionelle Wertsystem (religioese, aesthetische, moralische, politische Werte usw.) steht, zu einem zentrifugalen Modell: von einem monolithischen zu einem pluralistischen Modell. Der Verlust des Zentrums bedeutet paradoxerweise, dass der Mensch auch seine zentrale Rolle und seinen Bezugswert verliert. Das fuehrt zu einer dramatischen Situation: Wenn die menschliche Kreativitaet den begrenzten Vorrat an Ressourcen (Mineralien, Energie, Nahrungsmittel, Wasser usw.) dadurch auszugleichen versucht, dass sie Ersatzquellen oder eine effizientere Verwendung der traditionellen Ressourcen findet, dann wird der Mensch selbst zu einer Wegwerfware; je begrenzter seine praktische Selbstkonstituierung ist, desto disponibler wird er.