Vernissage

Auffanglager

Wo viele trinken, laß dich weinend nieder.
Wo viele meinen, singt ES keine Lieder.

Wie du ihr Kleid nennst, ist der Kunst egal.
SIE wühlt im Dichten und DU hast die Wahl.

Dein kleines Einerlei ist IHR Podest,
von dem sie abhebt und sich suchen läßt.

Der Künstler jagt und will zu keiner Zeit,
dir zeigen, wie das ICH dem WIR verzeiht.

ER schlägt die Haken. Dir ins Kinn.
Die Vernissage macht so nur Sinn.

Komm, trink noch'n Sekt
damit die Kunst schmeckt.
Und trink noch ein Bier
dafür sind wir hier.
Wie heißt denn das Bild?
Ich find's nicht so wild.
Und wie heißt der Künstler?
Ach, das ist nur ein Wünstler.
Du meinst, er will nur,
von Kunst keine Spur?
So kann man das sehen,
komm, lass uns gehen.

Der Welt per AIR MAIL / EILPOST auszurichten:
Die meisten Dichter
können gar nicht dichten.

Dito die meisten Maler gar nicht malen,
Gott, wer dran glauben will,
der soll's bezahlen.

Ich geb es auch nur deshalb zu verstehen,
daß später keiner sagt,
ich hätt es nicht gesehen.

Mich nicht getraut, was mir nicht schmeckt, auch zu verwerfen.
Weil, was mich ankotzt,
geht demnächst dem Erdball auf die Nerven.

Im Gegensatz zu einigen nur angetuschten Sachen:
Da leg den Finger drauf,
da sag, hier ist gut lachen.

Hier hat mal wieder einer den Beelzebub bezwungen.
I s t d a s n i c h t n i e d l i c h ?
I s t d a s n i c h t g e l u n g e n ?

Und zwar ganz ohne die Kritik mit ihrem ewigen Einerlei:
als ob was wäre, wie sie dächte,
daß es sei.

Peter Rühmkorf, 'Auf Anfrage: Strömungslehre II'