Ungh
Bewertung: 2 Punkt(e)Einmal, da waren der Ungh und der Schem auf dem Friedhof. Ein Wintertag wars und es hatte einen Schneesturm mit Blitz und Donner. Der Schem hat sich unvorsichtigerweise an den Rand eines offenen Grabs, oder war es eine Gruft, ich weiß nicht mehr, gesetzt. Jedenfalls, wie der Schem da so unvorsichtig sitzt kommt ein besonders heftiges Schneegestöber und bläst den Schem direkt in das Grab oder die Gruft. Noch einen Schwung Schnee hinterher, schwupps, weg war der Schem. Jetzt mußt Du Dir vorstellen, der Ungh hat das alles gesehen und dabei erst mal einen Riesen Schreck gekriegt. So stand er jetzt, im Schneesturm, quasi vor Schreck erstarrt, der Ungh. Aber jetzt, der Sturm läßt nach, es hört auf zu schneien. Der Ungh fühlt sich jetzt ganz sonderbar einsam und verlassen, dass kann ich dir sagen. Es ist ein Moment tiefster Melancholie und da passiert es auch schon, dem Ungh rinnt eine Träne aus dem Auge, läuft über die Wange bis auf seine Lippen. Der Ungh leckt ganz vorsichtig mit der Zungenspitze über die Lippen. Salzig schmeckt das, kannst du dir ja vorstellen. Aber nicht das du denkst, das war jetzt schon alles. Nein, es kommt sogar noch eine zweite Träne. Der Ungh läßt inzwischen den Kopf hängen und so findet die zweite Träne ihren Weg zur Nasenspitze. Da hängt sie jetzt, die Träne. Sie sammelt sich, will runtertropfen auf den verschneiten Friedhofsboden, vielleicht sogar auf ein Grab, man weiß es nicht, weil es ist ja alles zugeschneit und düster und grau. So, und jetzt kommts: Wie nämlich die Träne kurz davor ist, runterzutropfen, kommt durch eine kleine Wolkenlücke ein Sonnenstrahl daher, der sich in der Träne fängt und im Auge des Betrachters ein ganz unerwartetes Funkeln erzeugt. So, und diesen kurzen Moment, in dem die Träne funkelt, kurz bevor sie dem Ungh seine Nase verläßt, diesen Moment will ich hier jetzt ein für allemal festhalten.