Selbstverständlichkeit
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My milk shake brings all the boys to the yard ...
Mit diesen Straßenbahnen zu fahren stellt sich verstärkt als nicht immer einfach heraus, denn, oh Missgeschick, fremde Zeitgenossen nehmen unverrücks teil oder gar tragende Rollen ein bei Unannehmlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem öffentlichen Personennahverkehr stehen. Nun bin ich in berufener Position und verfüge, bei allen Geistern, als dem unausweichlichen Untergang entgegeneilender Langzeitstudent über ein Semesterticket. Dieses preise ich. Allein dieses elende Semesterticket, dass mich übrigens allhalbjährlich unverschämte Summen auf die dubiosen Konten der vorfindlichen Universität ins beneluxene Ausland transferieren lässt (ein Tipp am Rande, an alle, die bereits mit Bargeld heizen: der luxemburgische Euro ist derzeit der stabilste, weil diskreteste. Hebt all eure Konten ab, steckt euch die Scheine in die Schlüpfer und fahrt in den Maybachs rüber nach Luxemburg und eröffnet dort neue Konten! Schweiz ist nur noch was für schwule Bettnässer, Bollywoodmaharajas und Leute die es nicht begreifen wollen. Aber wo waren wir?) ... ach ja, die Straßenbahn. Nun ist es so, dass mich das genannte Semesterticket vor dem Verdruss bewahrt, einer in braun gehüllten Oma mit Rollkoffer oder einem eine »Alpha«-Jacke tragenden Malerstift mit einer Flasche edlem Sternburg Export beim Entwerten der zugegebenermaßen preislich resolut gehaltenen Fahrscheinen in die Quere zu kommen. Dieses umgangen, kann jetzt der einzige gangbare Weg nur noch zu einer Bar führen, doch: fatalité! In den Straßenbahnen gibt es keinen Alkohol zu kaufen, nicht einmal Bierautomaten geschweige denn ansehnlich ausstaffierte Hostessen, die kleine Feiglinge an die Bedürftigen reichen. Nicht einmal ein Rot-Kreuz-Stand mit Lachgas und Absinth in Sicht!
Demoralisiert sackt man in der Zweierbank zusammen, schüttelt die Fäuste gen stumpfem Neonlicht und weint bittere Tränen, während die vertraute Stimme aus den Boxen unerbittlich einfordert: »Nächste Haltestelle: Kastanienstraße. Umsteigen in Richtung ...«. Den Rest hört man nicht mehr, da sich das stille Weinen zu einem furiosen Tobsuchtsanfall steigert. Spätestens dann ist es jedoch an der vermaledeiten Zeit, die gottverdammte Straßenbahn zu verlassen und wo findet man sich wieder? Als hätten die Nornen einen wahren Spaß daran, findet man sich in einer architektonisch unsäglichen Umgebung wieder, der bauliche Stil ein wahrer Graus. Schnell gilt es, in den AlDi-Supermarkt zu flüchten, ein Sixpack Maternus-Pils in edlem braunen polyethylenen Chique, wie ihn nur Mädchen von der Ecke haben, die sich noch sehr unbedarft schminken, sind der letzte Trost, den ein Mann haben kann. Die Mädchen tragen einen zu dicken schwarzen Cayal unter grell hellblau geschminkten Lidern auf, tragen schwarze Hüfthosen und Gürteltaschen mit einem »H« in Frakturschrift. Zum Glück fallen diese geschmacklich ketzerischen Buffalos seit neulich unter das Kriegswaffenkontrollgesetz, was uns allen gut tut, ähnlich wie es der klassische Konfuzianismus in Gestalt eines liberal anmutenden Kommunismus bereits seit zweieinhalbtausend Jahren vorschlägt.