Schwächling
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Ich war ein Schwächling. Ein zierliches, blondes Mädchen aus der Nachbarschaft befreite mich aus dieser Rolle. Danke Röslein! So im fünften Schuljahr war ich kleiner und schwächer als die meisten Mitschüler. Ich wurde gehänselt, gedemütigt und manchmal auch geschlagen, damit ich meiner Rolle als feiger Schwächling treu blieb. Ich war weder ungeschickt noch dumm. Es reichte schon, dass ich im Sportunterricht eine Niete war und Raufereien möglichst aus dem Weg ging.
Der Blondschopf gehörte in eine echte Sportlerfamilie. Sie nannten sie liebevoll Röslein. Sie war kleiner als unsere Mitschülerinnen, aber der reinste Wirbelwind. Röslein sauste in der Turnhalle die Stangen hinauf, turnte über die obere Halterung zur Nachbarstange und rutschte dort wieder herunter. Das fasziniert mich noch heute, ich hätte mich das nie getraut.
Irgendwie mochte sie mich. Eines Tages nahm sie mich mit in ihren Garten und begann vorsichtig mit mir zu raufen. Es machte ihr Spaß, hatte sie doch in mir einen ebenbürtigen Partner gefunden. Sie freute sich, dass es auch mir gefiel. Röslein nutze ihre Überlegenheit niemals aus, wenn ich unten lag. Sie zeigte mir stattdessen, wie ich es besser machen könnte. In ihrer Familie spielte Muskeltraining eine wichtige Rolle. So schleppte sie mich in den nahen Wald, um versteckt vor mitleidigen Blicken einen selbst ausgetüftelten Trainingsplan an mir auszuprobieren. Sie machte mich fit für einen Sieg gegenüber anderen Jungs. Ich musste Übungen wie Liegestütze, Klimmzüge, Kniebeugen und Dauerlauf machen. Selbstverständlich trainierte sie selbst auch fleißig mit. Das spornte mich zu Leistungen an, die ich allein nie vollbracht hätte.
Die ersten Erfolge stellen sich bei Kindern schnell ein. Statt drei Klimmzügen schaffte ich inzwischen an die sechs. Auch unsere Ringkämpfe wurden härter. Inzwischen standen auch verschiedene unter Kindern übliche Kampfpraktiken wie Arm umdrehen und Muskelreiten auf dem Plan. Wir machten uns gegenseitig fit. Dabei sollte es keinesfalls blaue Flecken oder Verletzungen geben. Die sollten anderen vorbehalten bleiben.
Beim Muskeltraining konnte sie nicht recht mit mir mithalten. Allerdings war sie schneller und geschickter als ich. Unsere Chancen waren deshalb noch immer ausgewogen. Sie legte es systematisch darauf an, auch mich schneller zu machen. Immer wieder übte sie mit mir blitzschnelle Stellungswechsel. Unsere Übungskämpfe waren inzwischen weit schneller als es sonst unter Jugendlichen üblich ist.
20 Klimmzüge, 40 Liegestütze, 60 Kniebeugen und 3 km Dauerlauf waren mein Ziel. Dann würde ich den ersten Angreifer nach allen Regeln der Kunst vermöbeln. Sie war begeistert von meinem Mut und hatte auch schon den fiesen Eduart im Visier. Sie spornte mich noch mehr an, um das Ziel möglichst noch im Sommer zu erreichen. Dabei entwickelte sie sich selbst zu einer kleinen Kampfamazone.
An einem herrlichen Spätsommertag war es endlich so weit. Ede wollte mich speziell unseren Mitschülerinnen mal wieder vorführen, um seine Überlegenheit zu zeigen. Ich warf meinen Schulranzen beiseite und stellte mich dem Kampf. Er ergriff gierig meinen linken Arm, um ihn herumzudrehen. Dabei übersah er meinen Fuß neben seinem Bein und krachte völlig unerwartet in den Dreck. Ich zwang ihn auf seinen Bauch, drehte seine beiden Arme auf den Rücken und kniete mich darauf. Sein Kopf lag unter mir im Dreck. Meine blonde Trainerin kreischte vor Vergnügen und gab sogleich Anweisungen, wie es weiter gehen sollte.
Ich setzte meine Knie neben ihn, zog seine Arme über meine Oberschenkel und ließ mich mit Schwung nach hinten fallen. Sein Rücken war durchgebogen wie ein Flitzbogen und ich saß auf seinem Hinterteil. Alles klappte wie am Schnürchen, genau wie wir es geübt hatten. Um seinen Rücken ordentlich zu martern, zogen meine verschränkten Hände sein Kinn immer wieder nach oben und hinten. Er schrie kurz auf vor Schmerz, biss dann aber tapfer die Zähne zusammen. Röslein klatschte begeistert Beifall. Die anderen Mädchen stimmten ein.
Jetzt fehlte noch die Abreibung zur bleibenden Erinnerung! Ich entließ ihn aus seiner unbequemen Haltung, nahm blitzschnell seine Füße hoch, drehte ihn damit auf den Rücken und ließ mich auf ihn fallen. Ich setzte mich auf seine Brust gleich hinter den Hals, meine Schienbeine auf seinen Oberarmen. Er ahnte, was jetzt kommen würde. Muskelreiten hatte er mit unterschiedlichen Opfern oft auf das brutalste ausgekostet. Während unsere Arme um die Vormacht kämpften, strampelten seine Beine wild in der Gegend herum und sein Unterkörper wälzte sich verzweifelt hin und her. Herunter drücken ist leichter als nach oben stemmen, deshalb konnte ich seine Handgelenke wie festgenagelt auf den Boden drücken. Um trügerische Hoffnung zu wecken, lockerte ich immer mal wieder den Druck auf seine Handgelenke. Seine Arme bäumten sich sofort auf, und ich drückte sie genussvoll wieder in den Sand. Diese Spielchen kosteten ihn viel Kraft. Während seine Aktionen immer schwächer wurden, rutschte ich allmählich nach hinten, bis sich meine Knie genau in seine Oberarmmuskeln bohrten. Der Ritt ging los. Ich walkte seine Muskeln auf seinen Knochen im Kreis herum. Er erduldete wahnsinnige Schmerzen. Seine Arme mussten fast gefühllos sein, als er mir endlich meinen verdienten Sieg anbot. Vorher musste er mir aber versprechen, dass er mich zukünftig in Ruhe lässt. Ich stieg ab, er rappelte sich auf und verzog sich wortlos.
Einerseits freute sich Röslein über unseren Sieg. Andererseits hätte auch sie zu gerne zugelangt. Eine passende Gelegenheit sollte sie noch bekommen. Ich konnte ihr versichern, dass der Kampf gegen Eduard mich weit weniger angestrengt hat als ein Kampf gegen sie. Das stachelte sie noch mehr an.
Wir ahnten, dass noch nicht alles vorbei sein würde. Deshalb blieben wir auf dem Heimweg immer zusammen. Plötzlich tauchte Ede mit seinem besten Freund auf und wollte sich rächen. Zwei gegen einen! Röslein kochte vor Wut. Während ich unseren Eduard zu einer neuen Lektion zurecht legte, stürzte sich Röslein auf seinen völlig verdutzten Freund. Sie wirbelte ihn herum, warf ihn auf den Boden und hüpfte wie ein Gummiball auf ihm herum. Der Freund brüllte ein paar Mal vor Schmerzen und gab für ihren Geschmack viel zu schnell auf. So einfach machte sie es ihm aber nicht. In einer ausgeklügelten Folterprozedur musste er mehrmals immer lauter ausrufen, dass Ede ein ganz großes Arschloch sei.
Eduards Arme waren heute erstaunlich nachgiebig. Sie mussten ziemlich gelitten haben. Bei einer Hitze von über 30 Grad fiel mir sein Hemd mit langen Ärmeln auf. Bevor wir zum Ende kamen, malträtierte ich seine Armmuskeln noch einmal ausgiebig. Falls er morgen wieder lange Ärmel trüge, würde ich ihm das Hemd noch vor dem Unterricht vom Leib reißen. Er erschien tatsächlich kurzärmelig zum Unterricht. Seine Oberarme leuchteten schon von weitem in allen Farbtönen zwischen blau und gelb. Unser Lehrer wollte wissen, wer ihn so in die Mangel genommen hatte. Unser Schwächling? – Blödsinn!