Quotenwessi
Bewertung: 1 Punkt(e)Der »Quotenwessi« ist eine Erfindung des Blasters - ihn gibt es nicht. Was es gibt ist den »Wossi«, den hängengebliebenen Wessi, der sich in seinem ostzonalen Milieu inzwischen wohlfühlt, und nicht wieder zurück will. Dieses Wohlfühlen entspringt vor allem regionalpolitischer und ökonomischer Prominenz und den daraus erwachsenden Vorteilen auch hinsichtlich des struggle for wife. Oft lebt er mit einer ostzonalen Partnerin zusammen - weibliche »Wossis« sind verhältnismässig selten. »Wossis« tauchen vermehrt in Verwaltungen auf, in der Justiz, in der Politik - es sind ihre Problemlösungskompetenzen, die sie zu ihrem Erfolg gebracht haben in einer Welt, in der die Ossis untereinander sprachlos geworden sind. Zur Höchstform läuft der Wossi nicht etwa dadurch auf, daß er bei Wessi-Witzen seiner ostzonalen Freunde nicht mehr innerlich zusammenzuckt, sondern dann, wenn ein richtiger Wessi eingeschwebt kommt, von der Zentrale etwa, und ihm erklärt, daß der Wossi »in seiner ostdeutschen Kleinstadt« die Dinge nicht richtig überblicke. Diesen Wessi dann an typisch ostzonalen Klippen scheitern zu sehen, auf die man seinen Kurs sachte und heimtückisch (wie ein richtiger Ossi) gelenkt hat, ist des Wossis größte Freude. Absetzen kann man den Wossi nämlich nicht - er weiss viel, und sehr oft weiss er viel zu viel. Man lässt ihn deshalb meistens in Ruhe. Dann und wann fährt der Wossi »nachhause« - eine westdeutsche Kleinstadt zumeist. Seine Stammkneipe gibt es schon lange nicht mehr, und mit seinen alten Freunden hat er kaum noch ein Gesprächsthema. Ohne sein GPS fände er die Strasse nicht mehr, in der er aufgewachsen ist. Doch machesmal noch steht er vor dem Haus, in dem früher der Italiener war, wo er mit jener Frau so oft gewesen war - wenn sie damals ja gesagt hätte, wäre er nie in den Osten gegangen ...