Onkologie
Bewertung: 5 Punkt(e)Auf dem Schadowplatz war heute eine Art Zeltstadt aufgebaut, drei riesige tarngrüne Zelte wie in einem dieser Fernsehkriege und daran geschrieben war mit großen bunten Buchstaben 'Teddyklinik der Uniklinik Düsseldorf'. Ich hatte mir gleich gedacht, daß sich hier keine Freunde der Homomaskulinität kostenlos die Hämorrhoiden veröden lassen konnten, ging aber neugierig hin, zumal etwa ein Dutzend Jungmediziner in weißem Kittel vor der Zeltstadt standen und ich seit einem halbjährigen Aufenthalt in den späten 60ern eine gewisse Verbundenheit mit dieser Anstalt fühle. Ich ging also auf die müßig lungernde Kittelmeute zu und erfuhr, was ich eigentlich auch erwartet hatte: Das hier Kinder ihre Stofftiere und Puppen behandeln lassen können um auf dem Weg die Angst vor dem Arzt zu verlieren. Wie löblich, dachte ich (nicht wirklich), um dann bei einem Blick in die Zelte etwa drei Kinder auszumachen, um deren Babyborns ein weiteres Halbdutzend Ärzte wieselte. Ein absurder Gesamtanblick. Natürlich hatten, so erklärte mir eine Medizinstudentin, die meisten Plüschpatienten ein gebrochenes Bein oder waren auf den Kopf gefallen, Verband, Pflaster, drei Tage Bettruhe, das wars. Hätten die nicht wenigstens einen zusätzlichen Lerneffekt erzeugen können, und die Vorschüler in das leerstehende dritte Zelt rufen können, um ihnen zu eröffnen: »Eigentlich hat dein Teddy nur eine leichte Prellung. Aber wir haben ein Blutbild gemacht, und das macht uns etwas Sorge. Willst du dich nicht mal setzen?« Nichts dergleichen. Was sollen die Kinder aus der Aktion lernen? Daß die Ärzte in einem Wartezimmer sitzen, um auf die seltenen Patienten oft stundenlang zu warten? Daß deutsche Armeezelte die Gesundheit bis an den Hindukusch tragen? Und wer bezahlt das alles? Die wenigsten meiner Generation sind an ihrer Angst vor den Ärzten gestorben, aber viele kommende Geschlechter werden aufgrund unbezahlbarer Pflegeleistungen verfrüht ins Grab beißen. Besser hätten die Lollis mit Bittermandelgeschmack ausgegeben, da hätten auch zwei Zivis für ausgereicht.