ObdachlosAusDemInternetcafeBlastern
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Die neue, geräumige und bestens gepflegte Wohnung, vertieft meine Einsamkeit aufs äusserste. Auch der seit ungefähr einer Woche geglückte Versuch, mir wieder einen geregelten Tagesablauf aufzuzwingen, zeigt mir nur schmerzlich mein Alleinsein auf. Früh aufstehen - Naja, früh gemessen an meinen bisherigen Aufstehenszeiten, irgendwann nach Mittags.- Duschen oder nach Gemütsverfassung auch mal ein Bad in der Wanne. Danach gehe ich in die Küche, setze eine Kanne Kaffee auf, schalte das Radio ein und rauche, aus dem Küchenfenster den Hinterhof des Hauses betrachtend, eine selbstgedrehte Zigarette. Ich sitze und warte. Tasse Kaffee um Tasse Kaffee trinkend und Zigarette um Zigarette rauchend. Sitzen, trinken, aus dem Fenster schauen, rauchen und warten. Irgendwann entschliesse ich mich den Abwasch vom Vortag zu erledigen, was leider viel zu schnell geschieht. Wieder ans Fenster. Die Wäsche habe ich schon gestern erledigt. Mist! Ich verlasse das Haus, nicht ohne mir vorher die Kopfhörerknöpfe meines MiniDiscPlayers in die einsamen Ohren zu propfen. Ich laufe ziellos durch mir noch fremde Strassen und Gassen. Im Park die üblichen Junkies auf den Bänken und die ewig die Enten am Teich fütternden Rentner. Nichts für mich. Ich trotte weiter. Ein paar angenehme Augenblicke lang wird mein Blick auf einen knackigen Frauenhintern gelenkt. Bis sie sich kurz umschaut und ich meinen Blick wieder verschämt auf die endlos scheinenden Häuserfronten richte. Während ich eine mehrspurige Fahrbahn überquere, werde ich beinahe angefahren. Der einzige Kommentar meiner Kopfhörer hierzu ist :»Remember the ones you left behind.« Ach so! Das wilde Gehupe des wütenden Autofahrers kriege ich schon gar nicht mehr mit, als mein Blick auf ein Arm in Arm gehendes Paar fällt. Hach. Beschissenes Selbstmitleid! Die ersten Jahre war es noch süss wie wilder Honig, doch mit den Jahren hat es den Geschmack von sich in Essig verwandelnden Weins angenommen. Als ich aus meinen Gedanken aufschrecke, ist das Paar natürlich schon längst in irgendeiner Querstrasse verschwunden. Ich stelle fest, dass ich mich vor dem Hauptbahnhof befinde und unschlüssig den traurigen Rest meiner Zigarette inhaliere. Stehen, rauchen und warten. Warten, warten und nochmals warten. Ich wäre der ideale Kunde der Deutschen Bahn. Im wirklichen Leben bin ich eben dies nicht. Immerhin war ich schon zweimal wegen schwarzfahrens im Knast. Die wissen gar nicht was sie an mir haben. Nach einer weiteren Zigarette ziehts mich weiter. Immer weiter. An einer Ampel wartend, verkünden mir die Knöpfe in meinen Ohren :»Für immer unter Brücken schlafen, für immer frei, das will ich sein.« Soso! Ich dachte das hätte ich zu genüge hinter mir. Wieder in meiner Wohnung angekommen und eine Tasse kalten Kaffee vom Morgen trinkend, sitze ich wieder am Küchenfenster und lausche erwartungsvoll dem unbedeutenden Geplärre aus dem Radio.
Tobi hat sich für nächste Woche angeküngigt. Obwohl ich weiss, dass es ihm momentan auch nicht sehr gut geht, und er hauptsächlich vorbeikommt um mir sein Leid zu klagen, hoffe ich auf ein wenig Zertreuung. Nächste Woche weiss ich dann wieder mehr um die kleinen Eskapaden, Geschehnisse und Bedeutungslosigkeiten in Aachen. Egal wo ich mich die letzten Jahre aufgehalten habe, die Bildzeitung Aachen findet mich überall. Naja, eigentlich auch egal, wie so vieles. Am Abend entschliesse ich mich eine Fertig-Lasagne in den Ofen zu schieben, da ich bisher nur Milchkaffee und Zigaretten zu mir genommen habe. Doch die Lasagne ist klebrig und laff, wie erwartet. Wenigstens scheint sich die Katze über die Reste zu freuen. Ich wundere mich ein wenig, ob meines übertriebenen Ärgers, über den Anstandsrest Lasagne, den die Katze im Schälchen gelassen hat. Dieses undankbare Vieh. Welch unsinnige Gemütsregung. Eine leise Stimme in meinem Kopf merkt an, dass es zumindest überhaupt noch eine Regung sei. Aha! Im Rado heisst es, dass die beiden seit Tagen in Köln verschütteten Leute, immer noch nicht geborgen seien. Kommt mir bekannt vor. Verschüttet und nicht geborgen.
Die Katze liegt mittlerweile eingerollt auf meinen Bett und schläft, während ich an meinem Schreibtisch sitze und Welle um Welle der aufkommenden Depression koste.
Verdammter Mist!