Marscherleichterung
Bewertung: 2 Punkt(e)Die deutschen Verleger verlangen von ihren Auslandskorrespondenten zunächst diesen wüsten Haufen von Nachrichten mit dem ganzen Anhängsel der Pressestimmen; sie verlangen ferner etwas, das sie für besonders lebendig und instruktiv halten: unpolitische faits divers. Auch diese faits divers sind in den allerseltensten Fällen vom Berichtenden selbst beobachtet; sie sind wiederum aus Zeitungen abgeschrieben und geben, Kopie einer Imitation, blasse, schiefe, unrichtige Bilder. Diese Sensation war gar keine Sensation, das Tagesgespräch war ein Feuilleton, und die Wahrheit sieht ganz anders ans. Die faits divers sind auch schuld daran, daß die eine Nation die andre für einen Haufen tobsüchtig gewordener, ewig ehebrechender, halbirrer, sonderlinghafter, unter völlig desperaten Umständen lebender und mit Revolvern herumfuchtelnder Menschen hält. Wie sich der englische Hochadel zur Kirche stellt; was die jugoslawische Universitätsjugend für Ausbildungsmöglichkeiten hat; wie das Ausgabenbuch einer amerikanischen Mittelstandsfamilie aussieht – davon erfahre ich nichts. Aber da ist kein Ehebruchprozeß unsauber und dumm, keine blöde Wette von Rennjobbern albern, keine Toilette eines Theatergirls belanglos genug, als daß mich meine Leibblätter nicht ausführlich darüber unterrichteten. Der Grund ist sehr einfach: jene Fragen zu behandeln kostet viele Reisen und mühsame Kleinarbeit – den kindischen Klatsch kann man aus der Zeitung abschreiben.