Intendant
Bewertung: 1 Punkt(e)Ich war mal einige Zeit mit einem Intendanten befreundet. Das ist der Chef eines Theaters. Das Theater unserer kleinen Stadt ist viel zu groß für die kleine Stadt - eine Kreisstadt mit 22.000 Einwohnern und ein Theater mit 300 Beschäftigten, das passt nicht. Jedenfalls war es aufregend, mit diesem Intendanten befreundet zu sein. Weil nämlich ein Intendant ein absoluter Herrscher ist, ein Diktator. Wer welche Rolle spielt und welches Stück er inszeniert, bestimmt alles er alleine. Er kann anordnen, daß sich knackige Balleteusen auf offener Szene ausziehen können, dürfen oder gar müssen, oder noch schlimmer: es sogar verbieten. Das ganze Künstlerpack ist auf sein alleiniges Wohlwollen angewiesen, und dementsprechend wird er von ihnen behandelt, wie ein Ölscheich. Auch auf mich und meine Frau ist der Glanz dieser Majestät abgestrahlt: auf einmal haben uns Leute auf der Strasse freundlich angesprochen, sehr gutaussehend junge Leute zumeist, die uns kennenlernen, mit uns in die Kneipe gehen wollten, essen gehn, undsoweiter - es stellte sich rasch heraus: Schauspieler waren es, Dramaturgen, Assistenten, Regisseure, Bühnenbildner - und alle versprachen sie sich etwas von unserer Fürsprache. Es ist eine greuliche Gesellschaft, diese Theater-Leute - »Kabale und Liebe« geben sie sozusagen en suite, 24 h täglich.