Haschvampir
Bewertung: 4 Punkt(e)
Ich werde gleich nach Holland fahren, um dort die limitierte Höchstmenge von sechs Gramm Cannabisprodukten zu kaufen. Ich werde eines dieser hochgezüchteten Gengräser nehmen, denn obwohl ich seit einem Vierteljahrhundert passionierter Haschischin bin, kommt der Shit, den sie im dortigen Coffeeshop verkaufen, nicht an das Wegschießpotential niederländischer Hybriden wie Katchou oder Brabantse Wit heran. Lange habe ich es nicht ohne Dope ausgehalten, und seit ich die Zwischenphasen nicht mehr mit Alkohol überbrücke, ist der Moment-des-letzten-Krümels mehr denn je ein Augenblick des Heulens und Zähneklapperns geworden. Das nennt man also psychische Abhängigkeit, soso...
Ich hätte gewarnt sein können; schon zu meiner Schulzeit gab es einige Bekannte, deren Khifperioden von einem mattschwarzen Glanz umhüllt waren, den die zu dieser Zeit im Schwange befindliche Musik von Gruppen wie Joy Division oder Sisters of Mercy auf das Trefflichste zu illuminieren verstanden - wo ich damals noch bemüht war, jeden meiner Räusche zu zelebrieren, einen Widerschein jenes Lichts zu bereiten, welches die Droge in meine Sinne goss, wurde die Erdschwere dieser Schmerzraucher selten oder nie aufgehoben, allenfalls der Augenblick, in dem die bestellte Ware in ihre Hände gelangte, nötigte ihrer Miene eine kurze Glättung in Befriedetheit ab. Inzwischen bin ich mein eigener Lieferant, Chauffeur und DJ und ich meine, auf den Heimfahrten von meinen so essentiell gewordenen Besorgungen im Rückspiegel, eingerahmt von Egmont-Ouvertüren und Toccaten Buxtehudes ein ungleich ernsteres Gesicht, durch das schon mancherlei Abschiede gegangen sind, erblicken zu können. Nur die Augen, die sich im Lauf des Tages in roten Glast wandeln, gleichermaßen Sonnenaufgang meines Gemüts und -untergang meines Geistes markierend, sie blicken mich nach all der Zeit immer noch sehr vertraut an.