Genitalien
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Der weibliche Orgasmus -
Mythos & Mißverständnis
Nachdem der weibliche Orgasmus in der Vergangenheit übersehen und geleugnet wurde, wird heutzutage vorausgesetzt, daß alle Frauen jederzeit einen Orgasmus haben können. Schon die Titelbilder der Frauenmagazine informieren uns darüber, daß jede Frau „irre Orgasmen“ haben kann, wenn sie nur die in den Magazinen beschriebenen „einfachen“ Ratschläge befolgte ...
Die Wahrheit sieht natürlich ganz anders aus, denn die weibliche sexuelle Erregung und der Orgasmus sind ein ausgesprochen komplexer Prozeß, der die gesamte Frau einbezieht, Körper und Geist. Einfache Schemata, die garantiert zum »Erfolg« führen gibt es nicht - ein Umstand der es vor allem Männern nicht immer leicht macht eine Vorstellung erfüllter weiblicher Sexualität zu bekommen. Dabei sind es nicht nur die Männer, die sich zu wenig oder falsche Vorstellungen über die weibliche Erregung machen, auch viele Frauen scheuen sich, die sexuellen Wirkungsweisen ihres Körpers besser kennenzulernen.
Grundlagen
Das Gehirn empfängt sexuelle Stimulation vom Körper, verarbeitet sie, und veranlaßt eine Reaktion, basierend auf Erlerntem und Erfahrung. Das Gehirn kann durch Gedanken erregt sein (sexuelle Phantasien), visuelle Stimulation (den Partner nackt sehen), audibler Stimulation (die Stimme des Partners hören), olfaktorische Stimulation (der Geruch des Partners wahrnehmen), und Geschmack (der Geschmack des Partnerkörpers). Der Körper kann die Erregung aufgrund der Berührung - durch die Frau oder ihren Partner - von Genitalien oder Brust in Gang setzen, durch das Gefühl von Luft, die über die Haut streicht, oder Kleidung, die Brüste oder Genitalien stimuliert. Körper und Geist können getrennt sexuell erregt sein, aber sie können nicht einzeln den Orgasmus erlangen: Der Orgasmus erfordert das Zusammenspiel von Geist und Körper. Gedanken alleine mögen einen Orgasmus auslösen können, aber er findet noch immer im Körper statt. Sexuelle Stimulation und Erregung können von nur einer Quelle stammen, aber der Orgasmus findet in beidem statt.
Der sexuelle Reizzyklus
Zwei physikalische Veränderungen muß der Körper durchlaufen wenn eine Frau einen Orgasmus erfährt: Die erste ist die »vasocongestion«, das Sammeln von Blut in Brüsten und Genitalien. Dadurch schwellen Brüste und Genitalien an, ändern ihre Farbe, der Körper fühlt sich warm oder gar heiß an, Vaginalsekret wird produziert. Die zweite ist »Myotonie« oder »Neuromuskuläre Anspannung«, das Aufbauen von Energie in den Nervenenden und Muskeln des ganzen Körpers.
Sexualforscher haben den sexuellen Erregungszyklus in vier Phasen unterteilt: Erregung, Plateau, Orgasmus und Entspannung. Dies sind willkürliche Definitionen und es ist unwahrscheinlich, daß jemand bewußt eine Phase nach der anderen durchläuft. Die Dauer der einzelnen Phase, selbst die Reihenfolge in der sie erfahren werden kann variieren. Eine Frau die ein Date hat mag mehrfach erregt sein, sogar ohne ihr Wissen, ohne je die Plateuphase zu erreichen. Sie mag Erregung und Plateauphase während eines intensiven Tanzes erfahren, aber auf der Fahrt nach Hause abkühlen. Sie kann eine sehr schnelle Erregung und Orgasmus durch direkte genitale Stimulation erfahren, ohne die Plateauphase zu durchlaufen. Die Weise in der jede Phase erlebt wird ist einzigartig und wird sich selbst abhängig von Stimmung und mit wem sie zusammen sind ändern.
Die Erregung kann von diesen physischen Reaktionen auf mentale und/oder physische Stimulation begleitet werden:
Die vaginale Feuchte setzt zuerst ein, innerhalb von 10-30 Sekunden.
Die oberen zwei drittel der Vagina weiten sich.
Uterus und Muttermund werden nach oben gezogen.
Die großen Schamlippen werden flach und spreizen sich auseinander.
Die kleinen Schamlippen wachsen an.
Die Klitoris vergrößert sich.
Die Brustwarzen können fest werden, dies ist eine Folge von Muskelkontraktionen.
Bei starker Erregung können sich die Brüste vergrößern.
Während der Plateauphase kann die Frau erfahren:
Ein deutliches Anwachsen der sexuellen Erregung.
Vermehrte Vasocongestion läßt das äußere Drittel der Vagina anschwellen, wodurch die Vaginalöffnung um ca. 30% schrumpft.
Die inneren zwei Drittel der Vagina bilden einen Hohlraum. Die Frau verspürt jetzt oft das starke Bedürfnis, ausgefüllt zu werden. Die Menge der Vaginalflüssigkeit kann sich während diesem Zustand verringern, besonders wenn er lange anhält.
Die Klitoris wird zunehmend erigiert, der Kitzler bewegt sich auf das Schambein zu.
Die inneren Schamlippen verdicken sich deutlich, vielleicht 2-3 mal so dick.
Die vergrößerten inneren Schamlippen können die äußeren Schamlippen aufspreizen, wodurch die Vagina stärker hervortritt.
Die Farbe der inneren Schamlippen ändert sich deutlich. Sie reicht von rosa bis rot für Frauen die noch nicht geboren haben, von hellem rot bis dunklem weinrot für Frauen die es haben. Die endgültige Farbe unterscheidet sich, aber nicht, daß ein deutlicher Wechsel stattfindet.
Die Areola, der pigmentierte Bereich um die Nippel, beginnt anzuschwellen. Die Brüste können größer werden, um 20-25% bei Frauen die noch nicht gestillt haben. Bei Frauen die haben, ist nur wenig bis gar kein Anschwellen feststellbar.
50-70% der Frauen erfahren einen »sex flush« in der Brust und anderen Bereichen des Körpers durch erhöhte Durchblutung nahe der Hautoberfläche.
Der Herzschlag erhöht sich, möglicherweise bis zum deutlichen Herzklopfen.
Es gibt eine deutliche Steigerung der sexuellen Erregung in Oberschenkeln und Gesäß.
Der Körper der Frau ist nun vollständig bereit für vaginalen Verkehr.
Während dem Orgasmus kann die Frau erfahren:
Rhythmische Muskelkontraktionen im äußeren Drittel der Vagina, dem Uterus, und dem Anus.
Die ersten Kontraktionen sind die intensivsten und geschehen mit einem Abstand von etwas unter einer Sekunde (0,8 Sekunden). Bei einem längeren Orgasmus werden die Kontraktionen weniger intensiv und geschehen mit eher zufälliger Frequenz. Ein milder Orgasmus kann etwa 3-5 Kontraktionen haben, ein intensiver 10-15.
Der »sex flush« wird noch ausgeprägter und kann einen größeren Bereich des Körpers erfassen.
Muskelkontraktionen können im ganzen Körper auftreten, nicht nur im Beckenbereich.
Der Orgasmus findet auch im Gehirn statt, wie man beim Beobachten der Gehirnströme feststellen kann.
Manche Frauen verlieren oder verspritzen Flüssigkeit aus der Harnöffnung. Dies wird oft weibliche Ejakulation genannt. Während man nun nachforschen kann ob es Urin oder weibliches Ejakulat ist das ausgestoßen wird, ist die Quelle eigentlich auch nicht wichtig. Frauen berichten oft von sehr starken Orgasmen wenn es passiert. Das sollte alles sein das wirklich interessiert: Die Freude der Frau.
Myotonie kann sehr stark sein, besonders im Gesicht, Händen und Füßen.
Der Gesichtsausdruck der Frau kann Schmerzen ausdrücken, während sie tatsächlich einen befriedigenden Orgasmus hat.
Auf der Spitze des Orgasmus kann der ganze Körper kurzzeitig »starr« werden.
Während alle Orgasmen organisch gleich sind, und nur in Stärke und Länge variieren, wird eine Frau sie nicht alle gleich empfinden. Ein Orgasmus durch Masturbation ist normalerweise vollkommen anders als beim Verkehr mit dem Partner. Tatsächlich berichten Frauen meist, daß die »befriedigendsten« Orgasmen bei der Masturbation auftreten, vielleicht weil sie dann das Zentrum der Aufmerksamkeit ist, und nicht vom Partner abgelenkt wird oder sich um ihn kümmert.
Das große Orgasmus-Mißverständnis
Es gibt keinen narrensicheren Weg, um herauszufinden, ob eine Frau einen Orgasmus hatte, nicht einmal für die Frau selbst. Die körperlichen Qualitäten eines weiblichen Orgasmus und seine Wahrnehmung ändern sich von Orgasmus zu Orgasmus. Es kann passieren, daß eine Frau selbst nicht weiß, ob sie gerade einen Orgasmus hatte oder heftige sexuelle Leidenschaft, die manchmal größeren Genuß als der eigentliche Orgasmus verschafft. Wenn eine Frau einen Orgasmus hat, dann bedeutet das nicht automatisch, daß sie Leidenschaft erfährt oder großes Vergnügen empfindet.
Den Orgasmus vorzutäuschen ist definitiv eine schlechte Idee. Was als der Versuch anfängt, vor einem neuen Partner das Gesicht zu wahren und ihm seine moralische Befriedigung zu geben, endet oft in einem permanenten Zustand. Frauen tendieren dazu sich selbst für alles verantwortlich zu machen was in der Beziehung schief läuft, daher sehen sie es als ihre eigene Schuld wenn sie unfähig sind einen Orgasmus zu bekommen, und zahlen still den Preis. Sie trauen sich nicht zu gestehen, daß sie vergetäuscht haben, um den Partner nicht zu verärgern, also lassen sie es.
Das Geheimnis für guten Sex ist zu wissen, dass es kein Geheimnis gibt. Der Grund dafür ist, dass keine zwei Frauen in ihren sexuellen Bedürfnissen und Wünschen genau gleich sind. Jede Frau ist für such einzigartig, sowohl körperlich als auch geistig. Jede Frau muss für sich selbst entdecken, was für sie richtig und am besten ist. Niemand kann auch nur annähernd genau voraussagen, was eine Frau sexuell zufriedenstellen wird.