Gang
Bewertung: 7 Punkt(e)
Plötzlich standen Sie vor mir und versperrten mir den Weg, gerade als ich an der Kreuzung Feldstraße / Beselerallee abbiegen wollte. Etwa 10 Jugendliche. Sie alle trugen dunkelblaue, glänzende Sportjacken, die alle mindestens eine Nummer zu groß und so aufgeplustert waren, dass die Heranwachsenden mich ein bisschen an Truthähne beim Schaukampf erinnerten. Viele trugen Kopftücher, natürlich nicht wie die Marktfrauen, sondern eher wie die aus Funk und Fernsehen bekannten afro-amerikanischen Rapper mit Testosteron-Überproduktion, einige machten kleine Kunststückchen mit Ihren Butterfly-Messern, andere kauten lässig Kaugummi, wieder andere taten beides oder nichts von dem. Der Kleinste von allen machte einen Schritt vorwärts und beäugte mich grinsend. Dann ging er um mich herum und musterte mich von allen Seiten. Er sagte nichts, ich auch nicht. Als er wieder vor mir zu stehen kam, spuckte er seinen Kaugummi vor meine Füße und bot mir an, diesen weiter zu kauen. Ich dankte ab und begründete, dass mir Kaugummis erstens zu pubertär und zweitens zu amerikanisch erschienen, außerdem hättee ich gerade so einen wundervollen Geschmack von Bier im Gesicht, den wolle ich mir nicht durch den Geschmack von Pfefferminz verderben, zumal der Kaugummi doch schon etwas sehr gebraucht aussähe. »Wie lange hast Du ihn schon gekaut?« fragte ich und bevor Atze, wie ich ihn im Geiste nannte, sich echauffieren konnte fügte ich in die Runde blickend hinzu »Und sicher hat den vor Dir doch schon einer der Kollegen gehabt, oder?« - wohlwissend, dass dies mein Todesurteil sein wird, konnte ich meine Freude über meinen Mut und meine Filmreife nicht verbergen und grinste Atze breit an. Die Kollegen wurden sichtbar unruhig und wollten offensichtlich anfangen, mir meine Gliedmaßen langsam abzutrennen und die Augen anzuzünden, doch Atze hatte noch etwas Zeit und sehnte sich danach, mich zu demütigen. Beide Armen waagerecht vom Körper gestreckt, bedeutete er den Anderen ohne sich umzudrehen, noch hinter der gedachten Demarkationslinie zu verharren. Er sah mich an und das Grinsen verriet mir, dass er einerseits fasziniert war, ich andererseits aber auch seinen männlichen Stolz am kleinen Zipfel gepackt hatte. »Weißt Du eigentlich wer wir sind, weißt Du mit welcher Gang Du es zu tun hast, Arschloch?« Ich antwortete: »Klar weiß ich das. Ihr müsstet eigentlich - wenn ich mich nicht täusche - die Stuhlgang sein.«
Was dann passierte, weiß ich nicht mehr genau, die Erinnerung setzt erst später wieder ein, aber ich muss sagen: die Schwestern waren wirklich alle sehr hilfsbereit.