Gänseleberpastete
Bewertung: 3 Punkt(e)Zum Ende seines Lebens hin aß er nicht mehr viel. Tausend Kniffe versucht, wenigstens eine vierstellige Kalorienzufuhr sicher zu stellen, immer in diesem ungeschult pflegerischeren Tunnelblick: Er muss nur wieder zu Kräften kommen, dann wird alles gut. Aber nichts wollte ihm mehr schmecken. Eine Ausnahme, wenigstens hin und wieder, war Gänseleberpastete. Nicht die völlig überkandidelte, bei der man ein kleines Döschen mit einem satt zweistelligen Betrag bezahlt, nein, diese in jedem Supermarkt zu findenden ovalen Packungen, die zu einem moderaten Preis, der unter drei Euro liegt, Gänse– und Entenleberpastete, sogar sommergetrüffelt, versprechen, im direkten Vergleich zu Produkten aus der kulinarischen S–Klasse jedoch nur eine bessere Leberwurst sind. Aber er war kein snobistischer Gourmet, nie gewesen, diese leicht zu beschaffende Halbfeinkost hatte ihm zwischedn den Ausflügen in die Gefilde der Luxusliner und Verwöhnwochenden stets ein angemessenes Substitut geliefert, als gelernter Fleischer konnte er gleichermaßen die gröbste Leberwurst wie das beste Rumpsteak genießen (»Kein Filetsteak, ohne Fett schmeckt Fleisch nicht«). Aber auch das ging irgendwann nicht mehr; die Hunde wird es gefreut haben, sie bekamen, meist unter der Hand, weil er meine Sorgen und protestantischen Verklemmtheiten gegen Wegwurf kannte, nachher das meiste der ohnehin kleinen Portionen. Bis dann eines Tages... Gänseleberpastete und Rotwein sind an dem Tag für mich mit gestorben.