Fuffies-im-Club
Bewertung: 21 Punkt(e)Schwule Fünfzigjährige: In den Clubs, wo sie die Mehrheit der Gäste stellen, in irgendwelchen plüschigen Spiegelbars und Bierschwemmen an Strichertreffpunkten vielleicht, strahlen sie manchmal fast ein wenig zu hell - »das letzte Gold verfallener Sterne«. Das sind dann oftmals die mit der Dorfkindheit im Rücken. Um 1972, als ihre Schwestern in den großen Städten begannen, als Armee der Liebenden in kanarigelben Schlaghosen und brusthaartoupetbewährt in einem Rundlauf heraus aus Parks und Klappen ihr ReclaimtheStreets anzustimmen, um danach um so gestärkter zurück ins Biotop zu schreiten, damals himmelte er noch heimlich den Briefträger an, kaufte, vorgeblich für die Schwester, Mark Spitz–Starschnitte und verbarg die Knefplatten in Adamo–Hüllen. Und immer die Angst im Rücken, Vater könnte seine kumpelige Drohung wahrmachen und den Sprößling bei der nächsten Fahrt zur Genossenschaftszentrale mit ins Puff nehmen. Alles, nur nicht Bauer werden! Dafür die endlose Langeweile der Buchhalterlehre, die erste eigene Wohnung, wenigstens in der Kreisstadt, wo hin und wieder mal etwas ging mit dem stadtbekannt schwulen Bäckermeister, konspirative Treffpunkte, ausgemacht durch Bleistifteinträge in der herübergerreichten Brötchentüte - zwei Mohnbrötchen, wie immer der Herr? Beehren Sie uns bald wieder! Und dann endlich Lichter der Großstadt: 1982, fast schon 30 ist er, der Schmelz der Jugend weg, der Marktwert fallend, aber die Darkrooms sind das halbe Lifting. Bis irgendwann, drei Jahre später, der Freund vom Rolf aus der 'Blauen Maus' an Lungenentzündung stirbt. Ganz plötzlich ist das gegangen. Und Rolf selber schwebt ihm ein halbes Jahr später mit 47 Kilo hinterher. Dieser seidenhäutige wandelnde Trapezmuskel. Plötzlich Asche. Zum Glück hat man ja nur einmal, sozusagen unter der Hand, damals nach dem Elton John–Konzert... Aber eine Tür hat sich jetzt geschlossen und das ist die Tür zur Spiegelbar, und dahinter sitzt er jetzt, fast jeden Samstag, jeden zweiten Mittwoch, und wartet darauf, daß der Briefträger seiner Jugend zurückkehrt. In seinen Gedanken ist der jung geblieben, inzwischen jünger als er selber. Die nächste Runde geht auf ihn.