Françoise
Bewertung: 3 Punkt(e)Was die Spermaflecken auf dem Beerdigungsanzug betrifft, so fühle ich stärker das Bedürfnis, sie vor meiner Haushälterin geheimzuhalten, als irgendwelche Dilden oder privaten Briefe. Klar, Konrad hätte es mehr als verstanden, denke ich mal: »Das mußte raus, was, mein Schpatz?« Aber nachdem ich mich in selten wütender Gier in den üblichen Kloaken gesuhlt hatte, fiel mich zusätzlich zur Leere eine Unerfülltheit an, die mich zu anderer Zeit vielleicht schnurstracks wieder ins Getümmel geführt hätte: Allein ich trug schwer an einigen Plastiktüten voller Martin Luther, zusammen mit dem pechschwarzen Staubmäntelchen muß ich wirklich wie ein invertierter Pfarrer gewirkt haben. Heidi die Exputzfrau darf nichts davon wissen, weshalb ich ihr das Ding auch nicht wie geplant für die Reinigung mitgebe. Ex–Putzfrau? Beim Kaffee gestern habe ich sie gewissermaßen befördert, ihr erklärt, das ich das Wort Putzfrau ohnehin unerträglich fände, eher noch die archaisierenden Wendungen Aufwärterin oder Zugehfrau bevorzugen würde - worauf sie mich doch ein wenig blöd aus ihren lieben Äuglein, die am ehesten mit jenen des so menschennahen Schnitzelfabrikanten zu vergleichen sind, ansah - vielleicht war ich ihr fast ein wenig unheimlich in meiner ruhigen Festigkeit, die doch sehr von meinem leichenfahlen übernächtigten Gesicht und den fast völlig in ihre Höhlen gesunkenen Augäpfeln kontrastiert wird. Ich eröffnete ihr schonend, aber unmissverständlich, dass in dieser Wohnung ohnehin kein Raum seine alte Gestalt behalten würde und ihr hergebrachtes Wischmoppen und Mopwischen eher einem absurden Gießen im Regen glichen, was ihr als Schrebergärtnerin irgendwie einzuleuchten schien. Ich beförderte sie kurzerhand zur Haushälterin, was die Koch–, Wasch– und Fahrdienste herausstellte, Staub sei mir ohnehin stets gleichgültig gewesen, fuhr ich fort, und ich dächte (diese Ironie musste sie überfordern) über die vollständige Auskleidung der Wohnung mit Korktapeten nach (wovon sie mir in seltener Geschmacksfestigkeit abriet) Diese Aufwertung der Auwärterin befriedigt vielleicht auch meine eigene Eitelkeit in Richtung des Strebens nach einer persönlichen Françoise oder Celeste, ihr jedoch bescherte es eine Gehaltserhöhung und eine gewisse Stärkung ihres so ehrlich rausgeheulten Selbstbewußtseins.