Fanny
Bewertung: 2 Punkt(e)
Maria Sophia Schmidt, die erste unglückliche Liebe Klopstocks, war seine Cousine, die er in frühen Gedichten als Fanny verewigt hat. Auf uns wirken diese in strenges Odenmaß gebrachten Herzensergießungen nach über 250 Jahren natürlich antiquiert, 'zopfig', zuweilen fast unfreiwillig komisch, zu seiner Zeit jedoch war Klopstock ein Synonym für virtuose Dichtung mit überwältigendem emotionalem Gehalt, die Frauen fielen schier in Ohnmacht, wenn er später als Dichterfürst den 'Zürchersee' deklamierte. Arno Schmidt hat zu Recht auf zwei Seitenwerke Klopstocks verwiesen, die 'Gelehrtenrepublik' und die 'Grammatischen Gespräche', beides in der Tat mit ein wenig germanistischem Hintergrund sehr vergnüglich zu lesen, aber speziell letzteres schwer zu bekommen. Aber auch viele seiner Oden, etwa zur französischen Revolution, die er mit viel Engagement begleitet (Ehrenbürger der französischen Nationalversammlung ist er 1792 geworden), aber auch eine aus Alltagsbegebenheiten geschöpften, sprachlich meisterhaft gedrechselt und doch heute so ferne Ode wie 'Der Wein und das Wasser', die mit Zeilen endet, die aus dem Zusammenhang gerrissen noch sonderbar daherklingen, wie eine ferne Flöte, die in weit tragender Luft des Sommers aus einem offenen Fenster über das Feld zieht, undeutlich, doch verführerisch:
Hoch auf dem Hügel stand bey der Kirche Thurm
Der feiste Küster, äugelte keck nach uns
Durch's lange Rohr. Mit vollen Eimern
Schritten wir hin; doch er war entronnen.