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ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
PROLOG
Ein ganz junger Mann bin ich noch gewesen, da machte ich mich auf, auf den Spuren des Wissensdurstes, den großen Weisen Tibets aufzusuchen. Ich begab mich auf die Suche nach dem sagenhaften Boddhi dem Zweiten.
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
I
»Das Dorf des Boddhis wollen Sie suchen?« fragte mich der Engländer in einem feudalen britischen Club in Schanghai, »Da haben sie keinerlei Chancen, mein Freund!« lächelte er und zündete sich seine Pfeife an.
»Keine, Sir?« fragte ich eindringlich. Er lehnte sich genüßlich in dem schweren Clubsessel zurück und lächelte süffisant: »Keine! ... Es sei denn...!«
»Ja, es sei denn?« fragte ich nach. »Es sei denn,« gab er zurück, »Ich würde Ihnen die einzige Landkarte verkaufen, die es von dem Gebiet gibt!«
»Wieviel?« fragte ich sofort.
»5 Pfund!« gab er schnell zurück.
»Gemacht!« antwortete ich und wir gaben uns die Hand.
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
II
In der kleinen tibetanischen Stadt warb ich Sherpas mit ihren Lasttieren an und deckte uns mit Vorräten ein. In einer üblen Opium - Kaschemme begegnete mir ein heruntergekommener Amerikaner, der sich Dr. Jones nannte und behauptete Archäologe zu sein. Dieser Dr. Jones bot mir die, angeblich einzige Landkarte von dem fraglichen Gebiet an. Er habe sie von einem Engländer in Schanghai erworben.
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Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
III
Bald darauf kämpften wir uns durch Schluchten und trieben unsere Tiere immer höher in den Himalaja hinauf. Durch Eis und Schnee mußten wir uns kämpfen und litten schreckliche Entbehrungen. Meine wettergegerbten Sherpas, langjährig erfahren, blickten immer zweifelnder den Gefahren der Natur entgegen. Als ich dachte, wir hätten das schlimmste hinter uns, erreichten wir den Yammam - Paß. Die Sherpas nannten ihn in ihrer Sprache »Paß der Hölle«.
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
IV
Ich gewann den Eindruck, daß die Sherpas recht hatten: Der Yammam - Paß WAR die Hölle.
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
V
Wir hatten den Yammam - Paß hinter uns gelassen. Die Sherpas waren erschöpft. So übernahm ich ihre Aufgaben und leitete die Lasttiere über den Gipfel. Dann hatten wir einen überwältigenden Blick ins Tal: Unter uns lag das Dorf, nach dem ich so lange gesucht hatte: Die Heimat Boddhi II. .
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
VI
Es war ein herrliches, lebendiges Dorf. Mitten in einem fruchtbaren, farbigen Tal lag es. Die grün leuchtenden Wiesen und golden schimmernden Getreidefeldern ließen unsere Strapazen auf dem Yammam - Paß vergessen.
Von den Einheimischen wurden wir freundlich, ja enthusiastisch empfangen. Nur selten kam Fremde zu ihnen und Ausländer, wie mich, hatte kaum einer von ihnen zu Gesicht bekommen. Yun Hieng, der Dorfälteste wußte aber von einem Reisenden namens Marco Polo zu berichten, der das Dorf besucht habe. Das mußte aber schon eine Weile her gewesen sein. Von einem Volk der »Nimsi« (Deutschen) hatten sie aber noch nie gehört.
Man bewirtete mich fürstlich.
Und schließlich erfüllte Yun Hieng mir meinen großen Wunsch: Er führte mich zu der, am Rande des Dorfes gelegenen Hütte von Boddhi II., dem großen Weisen Tibets.
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
VII
Ich weiß nicht genau mehr zu sagen, was ich erwartet hatte. Wir sollten unseren Geist frei machen von Erwartungen, um vor Enttäuschungen gefeit zu sein. Aber ich war enttäuscht. Denn der »große Mann«, den ich erwartete, war ein kleiner, glatzköpfiger, von unbestimmtem Alter. Man nennt Boddhi II. auch den Tiger des Geistes. So erwartete ich, als sein Haustier einen Tiger anzutreffen. Aber in seiner Hütte befand sich nur ein einziges Tier: eine kleine, rote Miezekatze.
Aber zu meiner großen Überraschung begrüßte Boddhi II. mich in nahezu einwandfreiem Deutsch: »Grüß Gott, Nimsi! Wie sieht es aus in Berlin?«
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
VIII
Später erklärte mir Boddhi II., daß er Studien im Hofbräuhaus zu München getrieben habe. Daher also der leichte, bayrische Akzent. Und dann erklärte er sich bereit, mich seine elf Weisheiten zu lehren.
Ich saugte sie begierig in mich auf:
· "Die besten Schätze sind tief vergraben, sonst könnten sie schließlich
alle haben!"
· »Holz brennt. Eis schmilzt. Wasser nicht!«
· »Wer scheißt, soll nicht an den Zähnen pulen, sonst kommt er durcheinander!«
· 'Wenn der Elch dich frißt will er nur, daß Du ihn küßt!'
· »Gegen Durst hilft trinken«.
· »Bleib wo du bist oder geh wohin du willst!«
· »Es ist die Welt an manchen Tagen nur betrunken zu ertragen!«
· »Zu unterscheiden zwischen GESTERN und HEUTE und MORGEN ist eine wahrhafte Aufgabe!«.
· »Unbedachte Momente sollen uns nicht hindern, den Weg zu gehen, den uns unser Verstand zeigt. Unbedachte Wege sollen wir gehen, wenn sie besser sind, als die bedachten!«
· »Wenn ein Faß fast voll ist und droht, überzulaufen, ist es dann hilfreich, dem Faß noch einen Becher Wasser hinzuzufügen, oder ist es dann besser, einen ganzen Krug voll heraus zu schöpfen?«
· »Wer ankommen will muß da sein!«
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
IX
Die Tage mit dem Weisen gestalteten sich für mich so, daß ich es kaum beschreiben kann. Erfahrungen über Erfahrungen bordeten über mich herein und ich kann nur den Bruchteil eines Bruchteils davon wiedergeben!
An dem einen Tag empfing er mich in seiner Hütte, angetan mit einer weißen Tunika und gab sich ernsthaft: »Der Schwerkraft Wille bindet uns ans Haus!«.
An einem anderen Tag hüpfte er in seinem gelben Gewandt vor mir auf und ab und rief: »Geh hinein in die Welt, besuche, erfahre, lehre, erkenne und schicke mir Rezepte von interessanten Gerichten!«
Dann gab es Tage, da erzählte er mir Witze, Zoten und Anekdoten aus Ländern, die er bereist und von Menschen, denen er begegnet war. Wie zum Beispiel: »Der König von England trägt rosafarbene Unterwäsche. Das soll Dämonen fernhalten! Hihi!«
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
X
Und dann kam der Tag des Abschiedes. Da gab er mir noch einiges mit auf den Weg.
"Gehe und komme wieder. Oder gehe und komme nicht wieder. Gehe und werde, der du bleibst! Oder bleibe, der du wirst!
Und sei gut zu den Frauen. Nur dann werden sie auch gut zu dir sein. Wenn sie das nicht sind, dann Gnade dir Gott!
Sei gut zu den Herrschenden. Gebe ihnen, was ihnen gebührt. Gebe ihnen Streit, Krieg, Kampf, Revolution. Nur dann werden sie gut sein zu dir!
Sei auch gut zu Gott und tue was du willst. Aber nicht so wie Aleister Crowley dachte, das meine ich damit nicht!
Gott ist groß - Allah akhbar (Hihi). Er mischt sich nicht ein und erwartet nichts außer deinen Erwartungen und daß du sie erfüllst!"
Damit ging ich fort.
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
XI
Ich ging allein durch den Himalaja, ohne Sherpas. Ohne Lasttiere. Allein und zu Fuß. Ich ging und dachte nach. Ich schwitzte und fror. Und ich dachte nach. Über Boddhi, den ich nie wieder sehen sollte. Über die Frauen. Über die Herrschenden. Und ich ging den Gang durch Berge, Schluchten, über Grate und Pässe. Und ich dachte nach.
Ich wurde, der ich war.
ErnestoMariaKillefitt
Tibet - Erinnerungen (Ausschnitte)
NACHWORT
Alle diese Kernsätze habe ich später in verschiedenen Werken verwendet. Vor allem in »Müßiggang ist aller Weisheit Anfang« und in »Tötet meine Katze nicht«. Sie wurden dann immer wieder mir zugeschrieben obwohl ich in allen Ausgaben auf Quellenangaben bestanden und Boddhi II. jeweils habe erwähnen lassen.
Hier möchte ich gerne die Zitate des großen Weisen noch einmal nennen, um weitere Mißverständnisse auszuschließen:
· "Die besten Schätze sind tief vergraben, sonst könnten sie schließlich
alle haben!"
· »Holz brennt. Eis schmilzt. Wasser nicht!«
· »Wer scheißt, soll nicht an den Zähnen pulen, sonst kommt er durcheinander!«
· 'Wenn der Elch dich frißt will er nur, daß Du ihn küßt!'
· »Gegen Durst hilft trinken«.
· »Bleib wo du bist oder geh wohin du willst!«
· »Es ist die Welt an manchen Tagen nur betrunken zu ertragen!«
· »Zu unterscheiden zwischen GESTERN und HEUTE und MORGEN ist eine wahrhafte Aufgabe!«.
· »Unbedachte Momente sollen uns nicht hindern, den Weg zu gehen, den uns unser Verstand zeigt. Unbedachte Wege sollen wir gehen, wenn sie besser sind, als die bedachten!«
· »Wenn ein Faß fast voll ist und droht, überzulaufen, ist es dann hilfreich, dem Faß noch einen Becher Wasser hinzuzufügen, oder ist es dann besser, einen ganzen Krug voll heraus zu schöpfen?«
· »Wer ankommen will muß da sein!«