Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Brexit«
ZEIT Campus ONLINE schrieb am 3.4. 2019 um 15:00:24 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Die Wirtschaftswissenschaftlerin VictoriaBateman protestiert gegen den Brexit – mit bekannten Argumenten, aber nackt. Was ändert das?
VictoriaBateman zieht sich aus, um gegen den Brexit zu demonstrieren. Bateman ist Wirtschaftswissenschaftlerin am Gonville and Caius College der Universität in Cambridge. Nach dem Brexit-Referendum ging sie nackt in Meetings, im Januar hielt sie einen ganzen Vortrag nackt. Dass sie deswegen als Idiotin und Exhibitionistin bezeichnet wird, nimmt sie in Kauf.
ZEIT Campus ONLINE:
Als was würden Sie sich bezeichnen: Wirtschaftswissenschaftlerin, Aktivistin, Künstlerin?
VictoriaBateman:
Alles. Ich glaube, die Vorstellung, dass wir als Wissenschaftler nur Wissenschaftler sind, ist falsch. Wir müssen Annahmen herausfordern und Grenzen überschreiten. Wir dürfen nicht in unserem Elfenbeinturm bleiben. Wir sollten keine Angst davor haben, in politische und soziale Diskussionen involviert zu werden. Wenn ich mal auf dem Sterbebett liegen werde, möchte ich nicht auf eine Welt schauen müssen, die den Bach runtergeht und mir dann sagen müssen: Hätte ich mal mehr gemacht.
ZEIT Campus ONLINE:
Und was machen Sie dagegen?
VictoriaBateman:
Ich protestiere. Nach dem Brexit-Referendum wollte ich den Leuten zeigen, wofür sie gestimmt hatten. Ich wollte das auf eine klare Botschaft runterbrechen. »Brexit leaves Britain naked«, der Austritt aus der EU wird Großbritannien nackt zurücklassen. Denn einfache Botschaften, wie der Slogan der Brexit-Befürworter, »Take back control«, hatten einen großen Einfluss. Als Wissenschaftlerin habe ich Tausende von Wörtern dazu geschrieben, warum der Brexit schlecht für die Wirtschaft und für die Wissenschaft ist. Ich habe Bücher über den Markt und Handel in Europa verfasst. Aber meine Botschaft auf einen Satz zu verdichten und ihn mir auf den nackten Körper zu schreiben, hat eine größere Wirkung.
ZEIT Campus ONLINE:
Ist das nicht deprimierend?
VictoriaBateman:
Es nimmt den Schriften ja nicht ihre Wichtigkeit, es ergänzt sie. Ich glaube, visuelle Botschaften sind ziemlich mächtig. Ein einzelnes Bild kann so viel mitteilen. Meinen nackten Protest verstehe ich als Kunstperformance, und Kunst kann über das geschriebene Wort hinausgehen. Kunst kann Menschen auf einer menschlichen und emotionalen Ebene erreichen. Das schaffen wissenschaftliche Texte nicht. Wenn ich mit meinem Körper protestiere, komme ich mit den Menschen in einen viel stärkeren Austausch.
Anita schrieb am 15.4. 2019 um 18:05:11 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Unkontrollierbare Dummheit
Das Volk empört, die Gesellschaft gespalten, das Parlament blockiert: Für viele trägt Theresa May die Schuld am Brexit-Chaos. Aber die Kritiker machen es sich zu leicht.
Theresa May ist gescheitert, der Brexit ist zum zweiten Mal verschoben worden. Ob er überhaupt stattfindet, ist fraglich. Ein anderer britischer Premierminister hätte fast alles anders (und besser) gemacht, heißt es in diesen Tagen oft sehr schnell. Aber stimmt das?
Klar ist: May hat nicht erreicht, was sie sich vorgenommen hatte. Von einer starken und stabilen Regierung kann keine Rede sein. Statt Großbritannien nach erfolgreichen Verhandlungen aus der EU zu führen, fährt die Premierministerin – politisch schwer angeschlagen – immer wieder als Bittstellerin nach Brüssel. Das Volk ist empört, die Gesellschaft gespalten, das Parlament blockiert sich in offener Rebellion. Jüngste Umfragen (ironischerweise zur Europawahl) zeigen die Konservative Partei weit abgeschlagen hinter Labour, die radikale Rechte mit UKIP und der Brexit-Partei mit kräftigem Zuwachs.
Aber das ist nicht allein Mays Schuld. Es liegt auch am Widerspruch des Brexits schlechthin: Ein harter Brexit ist wirtschaftlich schädlich, ein weicher Brexit sinnlos. Was sagt man über den Brexit mittlerweile? »You can't fix stupid.«