Anzahl Assoziationen zu diesem Stichwort (einige Beispiele folgen unten) 89, davon 42 (47,19%) mit einer Bewertung über dem eingestellten Schwellwert (-3) und 28 positiv bewertete (31,46%)
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positiv bewertete Texte
Der erste Text am 9.9. 2002 um 07:35:55 Uhr schrieb
onkel über BöhseOnkelz
Der neuste Text am 18.8. 2014 um 19:52:01 Uhr schrieb
Trine über BöhseOnkelz
Einige noch nie bewertete Texte
(insgesamt: 2)

am 18.8. 2014 um 19:52:01 Uhr schrieb
Trine über BöhseOnkelz

am 18.8. 2014 um 18:31:59 Uhr schrieb
B.O. über BöhseOnkelz

Einige überdurchschnittlich positiv bewertete

Assoziationen zu »BöhseOnkelz«

Wu-gatstahöflich schrieb am 9.6. 2003 um 15:45:02 Uhr zu

BöhseOnkelz

Bewertung: 7 Punkt(e)

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin

30. 4. 2001

In dem Rechtsstreit
Weidner und andere alias Böhse-Onkelz .. taz
27.0.82/01

beantragen wir,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat das Recht, die Kläger als eine berüchtigte rechtsradikale Band zu bezeichnen.

1.
Es handelt sich bei der Titulierung der Band als eine vergleichsweise substanzarme Beurteilung, die durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist, unabhängig davon, ob das Gericht oder die Kläger diese Beurteilung teilen oder nicht. Ob jemand »rechtsradikal« ist oder nicht, entzieht sich der Beweiserhebung. Daß die »Böhse-Onkelz« berüchtigt sind, also einen schlechten Ruf haben, ist gerichtsnotorisch und bereits belegt durch die anhaltenden Bemühungen der Kläger, diesen Ruf zu leugnen, zu dementieren, sich seiner zu entledigen und ihn - z.B. durch Klagen - untersagen zu lassen. Gleichwohl sind die Kläger berüchtigt, weil eine Vielzahl von Medien eine rechtsradikale, oder faschistische Connotation der Musikkunst der Kläger, ihrer Texte, ihres Image, ihres Auftretens und ihrer Anhängerschaft und der Leitbilder, denen die Kläger und ihre Anhängerschaft verbunden sind, erkennt, darüber schreibt und daher jedenfalls von »berüchtigt« im Sinne allgemein oder weithin bekannt die Rede sein darf.

2.
Wir finden, daß wir uns für unsere Meinungen nicht rechtfertigen müssen.

Da sich aber die Kläger damit brüsten, zusammen mit Herrn Cohn-Bendit bei angeblich gemeinnützigen Aktivitäten aufgefallen zu sein, will der Unterzeichnende nicht verhehlen (das schreibe ich nicht für die taz, sondern ausschließlich als Beispiel der auch für mich geltenden Meinungsäußerungsfreiheit), daß nicht auszuschließen ist, daß Herr Cohn-Bendit zeit seines Lebens rechtsradikales, oder besser autoritäres, antiemanzipatorisches Gedankengut propagiert und rechtsradikale politische Ziele verfolgt haben könnte. Jüngstes Beispiel ist das Bedürfnis des Herrn Cohn-Bendit, unter dem Vorwand eines »Menschenrechts-Bellizismus« einen von vielen für verbrecherisch gehaltenen Angriffskrieg zu propagieren, und die serbische Republik unter Beteiligung Deutscher Verbände und Angriffstruppen mit Bombenteppichen belegen zu lassen, nachdem sich deren Führung geweigert hat, die Vorherrschaft der westeuropäischen und atlantischen Mächte anzuerkennen und sie ohne Krieg als Besatzer in´s Land zu lassen. Wie? Das Werturteil wird nicht geteilt? Das ist häufiger so bei Urteilen, bei Einschätzungen und Bewertungen. Die werden gelegentlich nicht geteilt. Früher soll der Cohn Bendit - auch das war erst jüngst den Medien zu entnehmen - Sex zwischen Kindern und Erwachsenen propagiert haben. Auch das ist geprägt von der Akzeptanz eines unguten Autoritäts- und Machtgefälle zwischen den gewaltunterworfenen Kindern und den gewaltausübenden Erwachsenen.

Jedenfalls aber ist Cohn-Bendit nicht als Reinwascher für Rechtsradikale geeignet: Er hatte auch schon den Ruf eines »Revolutionärs«, danach den einer gescheiterten Existenz; er soll bürgerlicher Herkunft sein, gleichwohl wollte ausgerechnet er die Arbeiter befreien usw.

Jedenfalls ist sein politisches Schaffen nicht geprägt durch ein striktes Verfechten emanzipatorischer, den großen Machtkonzentrationen entgegen tretender Politik, sondern hat er sich gerade in jüngster Zeit als Weggefährte etwa des Deutschen Außenministers erwiesen, der die Interessen der USA als Weltführungsmacht in Europa verfolgt.

3.
Wenn wir uns für Meinungen rechtfertigen müssen, dann können wir das.

a.
Wir wollen aus dem Liedgut der Kläger für das Gericht zitieren.

Unter www.saaronkelz.de finden wir das Liedchen »Bullenschwein«, dem wir entnehmen können »Dicke Knarre umgeschnallt, Mann was bist Du stark. Ich treff Dich in der Strassenbahn, Da scheißt Du Dir die Hosen voll, .... doch sonst bist Du das größte Schwein, Polizei Dein Freund und Helfer, schlag sie tod und helf Dir selber..«! Männliche Drohgebärde gegenüber Polizeibeamten als Stellvertreter des staatlichen Gewaltmonopols mit dem Impetus »warte nur, bis ich Dich mal alleine treffe

Das »Lied« »Türken raus« lautet: »Türken raus ...., alle Türken müssen raus, Türkefotze unrasiert, Türkenfotze, Türkenpack, raus aus unserem Land, Geht zurück nach Ankara, denn Ihr macht mich krank, Nadelstreienträger, Plastiktütenträger, Altkleidersammler und Bazillenträger.«

Das »Lied« »Deutschland den Deutschen«: »Deutschland versinkt in Schutt und Dreck, Und Ihr, Ihr Schweine, Ihr seht einfach weg. Die Bullen werden den Aufstand schon niederschlagen, immer nur draufhaun, ohne zu fragen, lange genug ham´ wir mit angesehen wie unsere Städte zugrundegehen, Deutschland den Deutschen, jetzt ist ein Aufruhr in unserem Land, die Kids von der Straße haben sich zusammgetan, skinheads ist Zusammenhalt, Gegen Euch und Eure Kanakenwelt, Die Zeiten von Liebe sind jetzt vorbei, Gewalt ist das Mittel gegen Ausbeuterei, Wir ham´ es satt, vor Eurch zu kriechen, Dazu ham´ wir keine Lust, wir haben ein bess´res Leben verdient Doch bis jetzt ham immer die Kanaken gesiegt«.

In verschiedenen Liedern beteiligen sich die Kläger am Kulturkampf gegen Unmännliches, Undeutsches, Weiches, für das die Neue Deutsche Welle oder die Hippies Synonyme sind. Hippie ist so eine Art Schimpfwort in den Augen der Kläger. Wir fügen - nur für das Gericht - den Ausdruck aus dem Internet als Anlage KE 1 bei.

Das nationaldeutsche Gehabe können wir erkennen in dem Lied »Mexico ´86«, in dem die Kläger »unsrem Gegner vor die Füße pissen« wollen. Die Platte wird noch heute auf der offiziellen Homepage der Kläger angeboten.

Als Anlage KE 2 fügen wir die Textmitschnitte von »Der nette Mann«, einer Platte der Kläger vom Jahre 1984 bei. Diese Platte ist voller Preisungen von einsamen wölfischen Männern, Skinheads, Deutschland und den Deutschen usw.

Einen Überblick über das »künstlerische Schaffen« der Kläger vermag sich die Kammer unter http://www.gazer.virtualave.net/Musik/musikza.html verschaffen. Wir fügen einen Ausdruck der Plattencover der Jahre als Anlage KE 3 bei.

Als Anlage KE 4 fügen wir die Texte der 95´er Platte »Hier sind die Onkelz« bei, als Anlage KE 5 die Texte der 93´er Platte »Weiss« bei; und als Anlage KE 6 die Texte der 93´er Platte »Schwarz«, als Anlage KE 7 die Texte der Platte »E.I.N.Svon 1996, als Anlage KE 8 die Texte der Platte »Viva los tioz« von 1998, als Anlage KE 9 die Texte der Platte »Ein böses Märchen aus tausend finsteren Nächten« von 2000.

Vielleicht sollten die Kläger die Kammer am vollständigen Text des Liedes »Türkenvotze« teilhaben lassen. Der Titel ist Programm.

Das aktuelle Liedgut der Kläger - so wollen wir es einmal zusammenfassend bewerten - darf man wie folgt beschreiben: Ohne explizit-politische Parolen, ohne »Richtung«, wird eine männlich-aktivistische, soldatisch und egozentrische Mentalität bei der männlichen Fangemeinde bedient. Man ist »entschlossen«, irgendwie ständig im »Kampf«. Man vergißt zu sagen, wozu man entschlossen ist, wogegen man kämpft. Hauptsache man ist entschlossen. Den alten rechten Fans, die auch entschlossen sind, spricht man so aus dem Gemüt, ohne sie zu verprellen. Gleichzeitig kann man aber beim LG Berlin eine einstweilige Verfügung erhaschen, mit der man der taz verbietet, das Ganze als rechtsradikal einzustufen. Denn weil man ja im Kampf ist, ohne zu sagen, wogegen, kann man getrost das Kampfziel jeden selbst bestimmen lassen. Immerhin: Freund von Zivilgesellschaften mögens gerne etwas weniger kämpferisch. Wir kommen auf die Männlichkeit und Egozentrik des Weltbildes der Kläger noch zurück.

b.
Die männlich-kämpferische Grundfarbe der Darbietungen der Kläger bleibt nicht ohne Folgen:

Das Liedgut der Kläger ist interessant für rechtsradikale Plattenvertriebe.

Im rechtsradikalen Versandhandel von »Moin Moin Records« (www.moinmoinrecords.de) können wir die alten, nach eigener klägerischer Einschätzung rechtsradikalen CD der Kläger bestellen (Anlage KE 10). Der Versandhandel »Deutsche Stimme« der NPD-Zeitung bietet neben »NPD-Artikeln« die Kläger - Live in Dortmund, und auch »E.I.N.S.« (Anlage KE 11); ebenso in der Ausgabe 11/97 (Anlage KE 12), 2/98 (Anlage KE 13), 7/1998 (Anlage KE 14), 8/1998 (Anlage KE 15). Nun werden die Kläger erklären, daß sie dafür nichts können, und daß sie damit nicht einverstanden sind usw. Das erklärt aber nicht, warum sich jugendkulturelle Kreise und Milieus, die sich der NPD zu-, angehörig oder nahestehend empfinden, so auf die Kläger beziehen, und bis heute auf die Kläger abfahren.

c.
Bis heute ziehen die Kläger Rechtsradikale mit ihrem aktuellen »künstlerischen« Schaffen magisch an. Am 16. und 17. Mai 2000 planten die Kläger einen Auftritt in Dortmund. Die NPD mobilisierte ihre jugendlichen Anhänger, Mitglieder und Sympathisanten der »Jungen Nationaldemokraten« (JN), sich dort beim Konzert der Kläger zu reunieren und gemeinsam die klägerische Musik und Darbietung zu genießen (Aufruf von den Jungen Nationaldemokraten, Anlage KE 16) und mit den nach Einschätzung der JN so vielen rechtsradikalen Zuhörern und Fans der Kläger zusammen zu treffen. Der Aufruf fand ein gehöriges Echo. Die Kläger fühlten sich »mißbraucht«, das werden sie auch dem Gericht mitteilen, die Deutsche Stimme wiederrum empfindet die Krokodilstränen der Kläger als »hektische Betriebsamkeit« (Stellungnahme der JN zu dem Vorgang, zu finden unter www.crosswinds.net..., Anlage KE 17). Die Deutsche Stimme, Zeitung der NPD berichtete darüber im Juni 2000 (Anlage KE 18).

d.
Die Kläger gebärden sich angesichts dessen als die verfolgte Unschuld. Dies sind sie aber keineswegs. Denn nicht ohne Not attrahieren die Kläger eine rechtsradikale Audienz: Sehen wir uns einmal die Formensprache der Kläger an.

Wir fügen als Anlage KE 19 das Portal der Homepage der Kläger bei (www.rockt.nu/InternetOnkelz) und als Anlage KE 20 Bildnisse sowie Heraldik, der sich die Fans der Kläger bedienen (www.3d-gallerie.de/Bilder/Onkelz/Onkelzgall.html). Wir finden hier den aus der Heraldik des Nationalsozialismus weithin bekannten Adler mit ausgebreiteten Schwingen (natürlich ohne Hakenkreuz). Wir wissen, daß es den Adler auch in anderen Formen- und Symbolkreisen gibt. Auch das Hakenkreuz haben die Nationalsozialisten nicht erfunden. Gleichwohl: Der Unterzeichnende, 45 Jahre alt und im verebbenden Nachkriegsdeutschland sozialisiert und stilistisch gebildet, wird durch diesen Adler an die Heraldik und Symbolik des Deutschen Faschismus erinnert, ebenso durch das Kreuz mit Kreis herum, das das Emblem der Kläger ist.

Die Schreibweise der Böhsen Onkels, die ihre Fans gewählt haben, im Kreis mit durchkreuzender Senk- und Waagerechten ist entlehnt dem Keltenkreuz, das als Signet weißhäutiger rechtsradikaler Organisationen gilt (Anlage 20a), als Erkennungsmerkmal der rechtsradikalen Skinheadbewegung (Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz, Verbot gegenüber VSBD/PdA, Anlage 20 b).

Das Alles spricht - wie die NPD mit feinem Gespür feststellen - nach wie vor rechtsradikale Fankreise an.

e.
Die Kläger gebärden sich hier als verfolgte Unschuld. Sie machen geltend, daß sie sich geläutert, geändert und gereinigt haben, und nunmehr gegen das stehen, was sie selbst unter »rechtsradikal« verstehen. Welche Hybris! Es kommt nicht den Klägern zu, zu definieren, was rechtsradikal ist.

Und es stimmt nicht: Der Kläger Weidner äußert sich umfänglich in einem - pardon! rechtsradikalen - Magazin zur »Hardrock«-Musik in der Februar-Ausgabe 2001 (Anlage KE 21). Die Kläger zeigen sich dort - ähnlich wie der Altkanzler Kohl - von einer sie generell mißverstehenden Presse umzingelt, Stern, Spiegel, »Tageszeitungen« (sind vielleicht wir gemeint?). Wir sehen weiter: auch der Kläger Weidner in seiner persönlichen Weltsicht ist männlich, egozentrisch, umgeben von Feinden (dort Arschlöcher genannt, wobei etwa 99% um ihn herum Arschlöcher sind) und der Kläger Weidner ist ständig »kampfbereit«. Immerhin: Weidner stellt sich annehmend zu der Gesamtgeschichte der Band. »Die Onkelz sind auch deshalb so groß geworden, weil sich die Leute unsere Platten kopiert haben oder sie Freunden vorspielten.« Dann soll die zwanzigjährige Bandgeschichte gelobt und gefeiert werden mit einer »Best-Of«-CD, der Kläger bezieht sich auf das zwanzigjährige Bestehen der Band. Dem Vernehmen nach betreiben die Kläger es, frühe Platten von der Indizierung streichen zu lassen, um sie besser vermerkten zu können.

Die Kläger machen sich fett mit ihren angeblichen Aktivitäten gegen »Rechts«.

Aber auch dort lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Das geplante Konzert in Bremen ist kein Konzert »Rock gegen Rechts«, sondern ein Konzert »Rock gegen Opfer rechter Gewalt«. Das ist keine Wortklauberei, der Kläger Weidner selbst weist daraufhin, indem er richtigstellt auf die Frage »Für das «Rock gegen Rechts»-Festival in Bremen gibt es auch schon einen neuen Termin (9. März), für den die Tickets .....«. Antwort Weidner: »Das ist kein «Rock gegen Rechts»-Festival-Event, sondern eine Veranstaltung für die Opfer rechter Gewalt. Diese Unterscheidung möchte ich machen, weil uns die Polarisierung von links und rechts nicht weiter bringt

Das ist die selbe Sprache, die bekannte rechte Politiker in Brandenburg sprechen und das »Bündnis gegen Rechts« in ein »Bündnis gegen Rechts und Links« umdefinieren wollen, um den gesellschaftlichen Hintergrund der rechten Gewalt zu verschleiern.

Viele »rechtsradikale« Musiker, die sich ihr Geschäft nicht durch eine zu deutliche Zuordnung zu rechtsradikalen Milieus verderben lassen wollen, fordern einen Verzicht auf die Kategorisierung in »rechts« und »links«. Der perversen Logik des Klägers Weidner, die hinter dieser Gleichsetzung von rechter und angeblich linker Gewalt steht, sei entgegen gehalten: Der Unterzeichende hat noch nicht gehört, daß »Linke« Ausländer, Angehörigen von Minderheiten, Juden, Behinderte, Obdachlose oder sonst Schwache und Wehrlose angreifen und vernichten. Es ist die Gewalt von Linken mit der von Rechten nicht zu vergleichen oder auf eine Stufe zu stellen, unabhängig von der Frage, wie man zu der Gewalt von Linken steht. Vergleichbarer Konzerte gegen Opfer »linker« Gewalt bedarf es daher nicht.

4.
Die Kläger sind integraler Bestandteil dessen, was international als »rechte Deutsche Musik« verstanden wird. Ausgerechnet der taz zu verbieten, das dann auch zu schreiben, ist vermessen.

In dem Buch »Rechte Musik« des Musik-Historikers David Schwarz, USA wird ein langes Kapitel den Klägern und der von ihnen zelebrierten »Oi!«-Musik gewidmet (Anlage KE 22). Über die Versuche der Kläger und ihrer Apologeten, sie von dem Vorwurf rechtsradikaler Formen und Musiksprache freizusprechen, findet eine heftige Kontroverse statt (Rezension des Buches »Die Fans der Böhsen Onkelz) von Klaus Farin in «Beiträge zur Popgeschichte(Anlage KE 23). Die notorische Junge Freiheit verfolgt das Gegenteil und rezensiert wiederum kritisch die Versuche, die Kläger nicht aus ihrer Geschichte und der Fortsetzung des Ausnutzen der rechtsradikalen Formen und Stilsprache zu entlassen (Anlage KE 24, Junge Freiheit vom 26. Januar 2001). In den Archiv-Notizen des DISS (Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung Anlage KE 25) vom August 1999 werden die frühen Songs der Kläger als herausragende Beispiele der rechtsradikalen Musik zitiert. Im Internet hat der Unterzeichnende gefunden einen Bericht der Antifaschistischen Nachrichten, 17/1997, überschrieben mit »Böhse Onkelz in der Kontroverse« (Anlage KE 26). Aus diesem Bericht erhellt, daß die Kläger eine mediengerechte Fassade herzustellen versuchen, indem sie Bilder verbieten, die die Realität auf ihren Konzerten wiedergeben, nämlich die dort versammelten Rechtsradikalen Skinheads. Sie haben das Gesicht, den Fotografen zu verbieten, die Zuhörerschaft der Konzerte zu fotografieren, weil diese rechtsradikal ist, wirkt und so aussieht.

5.
Was ist eigentlich rechtsradikal?

Klaus Theweleit hat das besondere Verhältnis des Faschismus zur Männlichkeit beschrieben. Rechtsradikalismus ist nicht nur gekennzeichnet durch Kriegs-, Überlegenheits- und Allmachtsphantasien seiner Anhänger, sondern auch durch ein autoritäres Menschenbild, das von unterschiedlichen Wertigkeiten verschiedener Menschen ausgeht. So ist kennzeichnend für faschistische Bewegungen, daß die Männlichkeit eine besondere Bedeutung gewinnt, ein reaktionäres Geschlechterbild herrscht und eine Zivilgesellschaft, die nicht vom Kampf geprägt ist, durch eine Kriegsgesellschaft ersetzt werden soll. Genau in dieser Welt, in diesen Bildern leben die Kläger mit ihrem ständigen »Kampf« mit allen möglichen »Gegnern«, mit ihrer paranoiden Vorstellung, von Bösewichten umzingelt zu sein, ihrem Gerede vom »Haß« usw. Das ist »rechtsradikal«, jedenfalls darf man es so nennen, auch wenn das das Geschäft der Kläger beeinträchtigen könnte.

Wenn wir uns mit den unterschiedlichen Faschismustheorien auseinandersetzen, dann definieren diese den Faschismus nur vordergründig an braunen Märschern, Hakenkreuzen usw. Die sozialpsychologische Grundlage wird untersucht, und zu der gehören diese Elemente eines autoritären, unzivilen, männlichen und kriegerischen Selbstverständnis als gesellschaftliches Regelungs- und Ordnungsprinzip, in dem der Schwache, der Andersartige, der nicht Durchsetzungsfähige, oder der, der in christlicher Nächstenliebe auch an Andere denkt, nichts gilt. Auch die Abwesenheit von Humanität sucht nach Gründen.

Es kann nicht angehen, daß die Beurteilung einer Musikgruppe mit einem Umfeld und einer Wirkung wie die der Kläger zensuriert wird durch Gerichte unter dem Vorwand, es sei schmähend, die Kläger als rechtsradikal zu bezeichnen. Es ist diese Beurteilung nicht schmähend! Es steht bei der Beurteilung nicht im Vordergrund das Begehren, den Klägern deren sozialen Achtungsanspruch abzusprechen, sondern im Vordergrund steht die Auseinandersetzung mit der Erscheinungsebene und der massenpsychologischen Wirkung der Kläger. Und die ist - siehe die Bemühungen der NPD um ihre Zuhörerschaft - rechtsradikal!

Noch einmal: die taz bittet die NPD nicht, sich an die Zuhörerschaft der Kläger zu wenden, um dort Anhänger zu finden. Die Kläger machen eine Musik und bieten diese in einer Weise an, die Publikum anzieht, das die NPD als besonders geeignet ansieht, sich ihrem Publikum zu zu wenden. Das ist der Kern der Auseinandersetzung, und dieses Problem werden die Kläger nicht mit gerichtlichen Verboten und Securitiy-Aufwand los, sondern nur, indem sie ihre Formensprache, ihre Musik und ihre Texte radikal von rechtsradikalen Inhalten befreien. Das könnte sie dann aber ihren geschäftlichen Erfolg kosten! Daher wissen wir nicht, ob sie das wirklich wollen.

6.
Die Kläger müßten auch das Bundesinnenministerium auf Unterlassung verklagen, wenn sie meinen, einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu haben. In der Drucksache des Deutschen Bundestag, 14.Wahlperiode 14/2638 antwortet die Bundesregierung zum Thema »rechtsextremistische Skinhead-Musik 1998« am 3. 2. 2000 auf eine Frage der Abgeordneten Jelpke, Pau und die Fraktion der PDS, welche rechtsextremistischen Musikveranstaltungen 1998 stattgefunden haben, indem sie Konzerte der Kläger vom 7. 10., 9. 10., 10. 10., 2. 11., 8. 11. und 12. 11. 1998 zitiert mit ausgewählten Darstellungen über rechtsradikale Straftaten auf diesen Konzerten, wie Verstößen gegen § 86 a StGB, Hitlergruß zeigen, Grölen rechtsextremistischer Parolen, Sieg-Heilrufe. Wir fügen die Drucksache bei. Zur Frage Nr.4, »Welche Tonträger ... rechtsextremistischer ... Skinhead-Musikgruppen wurden 1998 wegen strafrechtsrelevanter Inhalte beschlagnahmt und eingezogenantwortet die Bundesregierung: » 3. Böhse Onkelz, Der nette Mann«. Wir fügen diese Drucksache als Anlage KE 27 bei. Wieso da die taz die Kläger nicht als rechtsradikal bezeichnen können soll, ist mir da wirklich schleierhaft.

In der Hamburger Morgenpost vom 21. Dezember 2000 wird aus einem Bootlegg »der ... Staat« zitiert folgende Textstelle des Liedguts der Kläger: »Die alten Lieder rufen auf keinen Fall zur Türkenjagd auf«, schreibt ein Fan der neuen Onkelz aus Stade. Nicht nur, möchte man erwidern, denn in »..Staat« heißt es: »Auch Du Jude, altes Schwein/Mensch Du gehörst in´s Gas hinein« (Anlage KE 28).
Im Bundesanzeiger Nr.205 vom 31. 10 1998 wird die Entscheidung Nr.5446 (V) vom 31. 10. 1998 der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften veröffentlicht (Anlage KE 29). In die Liste der jugendgefährdenden - weil judengefährdenden - Schriften wird aufgenommen die CD »Erinnerungen« der Gruppe Böhse Onkelz» .... Neben vielem anderen sieht die Bundesprüfstelle im Inhalt des Liedes «Deutschland den Deutschen» ein Aufreizen zum Rassenhaß, weil dazu aufgefordert wird, keine Ausländer mehr in´s Land zu lassen. Pauschal wird behauptet, «Kanaken» hätten immer nur gesiegt. Auch der Inhalt des Liedes «... Staat» reizt zum Rassenhaß an, es wird zum Haß gegen «Juden" aufgestachelt. Darüber hinaus wird in diesem Lied der Nationalsozialismus verherrlicht und verharmlost. Wörtlich wird dort ausgeführt:

»...... Staat«
... wir solln schlechter leben,
in Judenfragen kein Pardon
kannst du das verstehen
hack ihnen doch die Köppe ab
laßt uns unser Leben

Refrain: SS-Staat im Staate wird das nochmal geben,
SS-Staat im Staate wir woll´ns miterleben
Ach du Jude altes Schwein
Mensch du gehörst in Gas hinein?

Unser notorischer Rechtsanwalt Nagel, der diese Entscheidung kennen dürfte, wird nun erst einwenden, die BPjS sei inkompetent, und dazu hochmögende Kritiker aufwenden. Er wird weiter aufbringen, die Kläger hätten so etwas nie gesungen. Damit kann er nicht gehört werden, denn die Entscheidung ist bestandskräftig und nicht angegriffen worden. außerdem stimmt das nicht, denn es handelt sich bei der indizierten CD um einen Tonträger, auf dem Live-Mitschnitte von Originalkonzerten der Kläger verbreitet werden. Dann wird er einwenden, dass dieses Liedgut ohne Zustimmung der Kläger veröffentlicht wurde. Das interessiert hier aber nicht, weil es jedenfalls von ihnen öffentlich »gesungen« (gegröhlt) wurde. Schließlich wird er geltend machen, es handele sich um eine Jugendsünde.

Dem Manne ist aber nicht zu glauben:

Denn der behauptet doch in der Antragsschrift zum Erbeuten der einstweiligen Verfügung, die frühen Texte der Kläger seien »aus der konkreten Auseinandersetzung heraus entstanden«, eben Streitigkeiten zwischen Jugendgangs. Rein zufällig, die Rivalen waren bei »Türkenvotze« halt rein zufällig Türken, kamen die Kläger nach seiner Darstellung damals auf Parolen wie »Türken raus«. Rein zufällig kamen die Kläger wohl auch auf Zeilen wie diese:

Ach du Jude altes Schwein
Mensch du gehörst ins Gas hinein

Ungeachtet solchen Dichtwerks schreibt Rechtsanwalt Nagel im November 2000 allen Ernstes, die Kläger hätten sich »zu keiner Zeit mit den menschenverachtenden Ideologien des Dritten Reiches identifiziert. Es gibt«, so Nagel in seiner Antragsbegründung an das Berliner Landgericht, »in dieser Richtung weder einen Text noch eine Äußerung der BandÜberhaupt gebe es, so lautet der Tenor seiner Argumentation, bei den alten Songs der Kläger »keinen politischen Hintergrund«.

Die Hamburger Morgenpost verweist auch darauf, dass der selben Nagel versucht hat, die Indizierung der Platte »Der nette Mann« durch die Bundesprüfstelle im Jahre 1986 im Jahre 1999 im Auftrag der Kläger aufheben zu lassen.

Auf der Platte finden wir beispielsweise folgenden Text:

Im Sommer '84 fahren wir nach Frankreich
Um unsere Nationalelf siegen zu sehen
Und für unser Land geradezustehen
Fußball-Europameister, es gibt nur einen
Deutschland heißt er
Deutschland, Deutschland ist die Macht
Ja, wir sehen uns in jedem Fall
Im Sommer '84 beim Frankreich-Überfall

In diesem Text finden wir einen Assoziationsrahmen, der weit über das Fußballerische hinausgeht. Die Kläger behaupten eine Vorrangstellung Deutschlands gegenüber allen anderen europäischen Staaten, sie reminiszieren durch den Begriff »Frankreich-Überfall« auf zwei deutsche Angriffskriege auf den Nachbarn Frankreich im 20. Jahrhundert, die aus der Vorstellung nationaler oder rassischer Supremacie der Deutschen gegenüber den Franzosen geboren wurden. Für das klägerische Freigabeansinnen für die Schilderung einer Reise von Fußballfans zur Europameisterschaft nach Frankreich vor dem Hintergrund der Angriffe von Deutschen Fußballfans im Jahre 1998 auf einen französischen Gendarmen darf man getrost das Attribut »rechtsradikal« verwenden. In Kenntnis dieser aktuellen Ereignisse 1998 verlangen die Kläger die Freigabe ihres Machwerks. Der Rechtsanwalt Nagel scheiterte bereits aus formalen Gründen mit dem klägerischen Freigabeverlangen, man muß wohl sagen, kläglich. Er wird uns mit Ausflüchten zu diesem Thema langweilen, und sollte uns doch nur unsere Meinung vertreten lassen. Denn uns interessieren seine Meinungen und die der Kläger - jedenfalls im Rahmen dieses Rechtsstreits herzlich wenig.

Wir wollen einen weiteren Text darbieten aus diesem Album, das die Kläger offenbar nicht für »rechtsradikal« halten, denn sie wollen es ja legal vertreiben dürfen und begehren daher deren Freigabe. Der Text des Songs »Der nette Mann« lautet wie folgt:

Kleine Kinder hab ich gern, zerstückelt und in Scheiben
Warmes Fleisch, egal von wem, ich will's mit allen treiben
Ob Tiere oder Menschen, ich seh' gern alles leiden
Blutbeschmiert und mit großer Lust wühl ich in Eingeweiden!
Die Gier nach Qual und Todesschreien macht mich noch verrückt
Kann mich denn kein Mensch verstehen, daß mich das entzückt
Komm, mein Kleines, du sollst heut' Nacht mein Opfer sein
Ich freu mich schon auf dein entsetztes Gesicht
Und die Angst in deinen Schreien!
Ich bin der nette Mann von nebenan und jeder könnt' es sein
Schaut mich an, schaut mich an, ich bin das perverse Schwein!

Wir erinnern daran, dass kürzlich eine Nebenorganisation der NPD in Eberswalde nach der Ermordung eines 11-jährigen Kindes einen Umzug für die Todesstrafe für Kinderschänder veranstaltet hat.

Die Kläger sprechen dem »perversen Schwein« jede Menschenwürde ab. Der RA Nagel argumentiert für die Kläger in deren Antrag zum Wiederaufgreifen des Indizierungsverfahrens in diese Richtung. Im Urteil des angerufenen Verwaltungsgerichts wird die Argumentation der Kläger wie folgt referiert: »Zur Begründung führten sie aus: Die gesellschaftlichen Anschauungen darüber, was jugendgefährdend wirke, hätten sich nachhaltig geändert, mit dem Ergebnis, dass das Lied 'Der nettte Mann' nicht mehr geeignet sei, Kinder und Jugendliche sittlich zu gefährden. Dies ergebe sich im wesentlichen aus der Tagesaktualität und der geänderten Betrachtungsweise im Hinblick auf die Darstellung des Themas Kindesmissbrauch in der Öffentlichkeit. Denn der Titel 'Der nette Mann' beziehe sich in diesem Zusammenhang auf die Entlarvung des harmlosen Nachbars, der sich als Kinderschänder entpuppe. Das Lied setze sich kritisch mit der Kindesmisshandlung auseinander und verherrliche gerade nicht die Gewalt gegen Kinder. Dieses Anliegen werde - wie man es einer Rockgruppe zugestehen müsse - mit anschaulicher, zuweilen kraftvoller Wortwahl transportiert. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Akzeptanz von Gewaltdarstellung als künstlerische Ausdrucksform in den Medien zugenommen habe. Die überzogene Darstellung von Gewalttätigkeiten diene in der modernen Kunst als Stilmittel der Abschreckung. So verhalte es sich auch bei dem Lied 'Der nette Mann'. Durch die Stilisierung der Gewalt werde die Aufmerksamkeit des Zuhörers erregt und er auf den Unterschied von Sein und Schein hingewiesen

Man kann das auch anders sehen als Herr Rechtsanwalt Nagel: Als könnte man nicht auf höchst verschiedene Weise gegen Kinderschänder und -Mörder sein! Alle diejenigen, die in der einen oder anderen Absicht den künstlerischen Charakter des Textes betonen und darauf beharren, hier werde mit - wenn auch krassen, doch in der Rockmusik gängigen - Mitteln ein brisantes gesellschaftliches Problem thematisiert, sollten einen Gedanken darauf verschwenden, dass dieser Text in einem von Nazi-Hooligan-Motiven bestimmten Gesamtzusammenhang auftaucht, nämlich neben den Songs »Dr. Martens Beat«, »Fußball und Gewalt« und »Frankreich '84«. Beachtete man diesen Kontext, dann kommt man darauf, worauf dieser Song zugeschnitten ist, worauf er in seiner Rezeption durch das Publikum der Kläger hinausläuft. Die angeblichen Versuche, sich in die Psyche eines Kinderschänders und - Mörders hinein zu versetzen, funktionieren dann nämlich vortrefflich. Dies nicht, obwohl sie psychologisch unqualifiziert und lyrisch dürftig sind, sondern weil sie genau dies sind. Das Monster, in dessen Rolle der Sänger schlüpft, ist die Verkörperung eines von den Zuhörern gepflegten Feindbildes, das insbesondere auch in der extremen Rechten gepflegt wird, also eines Menschen, der jedes Recht auf Menschein verwirkt hat. In deren Programmatik, Publizistik wie auch in Songs von Nazi-Bands müssen Kinderschänder herhalten, um die verbreitete »Schwanz ab! Rübe ab!«-Mentalität zu bedienen und die Todesstrafe zu fordern und Lynchjustiz vorzubereiten. Sie liegt nicht fern, wenn der Kindermörder sich durch die Selbstcharakterisierung als »perverses Schwein« aus der Gemeinschaft der Menschen ausschließt und damit kein verfassungsmäßig garantiertes Recht auf Leben mehr für sich reklamieren kann. Daher ist auch die anhaltend begeisterte Rezeption des Songs in Nazi- Kreisen verständlich, die sich an dem »Bericht von der Konzert-Front« eines Michael aus Linz/Rhein in ROCKNORD vom November 1996 zeigt:

»Irgendwann das endgültig letzte Lied. 'Der nette Mann'. Die ganzen Penner, die bisher freudig mitsummten, ihre Matten hin und her warfen verstummen. DAS kennen sie nicht. DAS IST UNSER LIEDGUT. Wir gröhlen aus voller Kehle unseren Haß, unsere Wut miteinbringend. Dann ist Ende

Der juristische Versuch der Kläger, ein Album aus der Zeit vor der gerne behaupteten »Wandlung« frei zu bekommen, macht den Charakter ihrer Wandlung deutlich: »Wandlung« kann bekanntlich mehrerlei heißen, einen Bruch mit dem Vorhergegangenen ebenso wie eine eher graduelle Veränderung. Nach dem Willen und dem Selbstverständnis der Kläger stehen heute ein verbotenes Album wie »Der nette Mann« und spätere Veröffentlichungen nebeneinander - wie auf ihrer Homepage, wo man nach Anklicken von »Der nette Mann« allerdings ins Leere verwiesen wird. Es stehen also, verbunden über den Namen Böhse Onkelz, nebeneinander Hymnen für Nazi-Hooligans wie »Dr. Martens Beat«, »Frankreich 84« und »Fußball und Gewalt« und ein Song wie »Deutschland im Herbst«, in dem man sich - neben der Klage über »Lügen der Regierung« und den »Lügen über uns [die BO- über »braune Scheiße« mokiert. Es stehen unter dem Namen BO nebeneinander rechtsradikale Radausongs und die in viel Selbstmitleid verpackte Distanzierung von rechtsradikalen Mördern. Gegenüber Zeiten, als Hymnen für Nazi-Hooligans lediglich von nicht explizit politischen Gewalt-Hymnen wie »Kneipenterroristen« flankiert wurden, ist das gewiss eine Änderung. Allerdings eine, die die Kontinuität wahrt, um weiterhin in dem rechtsradikalen »TrashMilieu« der Zuhörerschaft der Kläger (also die weißen Unterschichtsangehörigen, die ihre Minderwertigkeitsgefühle durch rassische Überlegenheitsphantasien überspielen) Platten verkaufen und Kasse machen zu können. Von einem Bruch kann also nicht die Rede sein.

Die Kläger haben einen einsamen Fan unter den einstmals »linken« oder aufklärerischen Musikkritikern, nämlich Klaus Farin. In dessen Buch »Reaktionäre Rebellen. Die Geschichte einer Provokation. In: Baacke/Farin/Lauffer (Hrsg): Rock von rechts II, S.12-83, hier S.24) berichtet der von verschiedenen Indizierungsvorgängen um Platten, auf denen Musikaufnahmen der Kläger verbreitet werden. Klaus Farin listet diese Platten der Kläger unter der Rubrik «Rechtsrock" auf:

»Der nette Mann«, 1984 beim Label Rock-o-Rama veröffentlicht; Die 1984 zuerst und 1992 erneut bei Rock-o-Rama vertriebene Mini-LP/CD »Häßlich«; Der »Erinnerungen« betitelte Bootleg (bei Early Music Germany); hierbei handelte es sich um Demo-Aufnahmen aus den Jahren 1982-1984; Bootleg 1993 (bei Freddy Krüger) veröffentlichte Album »Tanz der Teufel«, ein Live-Mitschnitt des Offenbacher Konzertes vom 6. Mai 1989; das 1994 (ebenfalls bei Freddy Krüger) veröffentlichte Album »Nette Menschen, nette Lieder«, das von dem Bootlegger Bonk unter dem Titel »Zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl« erneut veröffentlicht wurde; das von Bonk herausgebrachte Album »Necronomicon - Offenbach '91«; das 1995 vom Bootlegger Haelnußtonträger veröffentlichte Album »Hausmannskost«; das ebenfalls (ohne Label) 1995 erschienene Album »Zieh mit den Wölfen - Live in Erlensee 91« sowie das bei Freddy Krüger 1995 erschienene Album »Rätsel des Lebens«.

Zur Abrundung des Bildes, das das Schaffen dieser rechtsradikalen Kläger bestimmt, fügen wir als Anlage KE 30 die ebenfalls im Bundesanzeiger Nr.205 vom 31. 10 1998 veröfentlichte Entscheidung Nr.5447 (V) Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften bei.

7.
Wir erlauben uns, zur Rechtsverteidigung nachstehende Überlegungen zur Genese und Wirkung der Musik der Kläger, ihrer Bemühungen zur »Abkehr« ohne Umsatzverlust und zur rechtsradikalen Struktur der Musik der Kläger anzubieten. An vielen Stellen versuchen wir die Ausflüchte der Kläger vorwegzunehmen, meinen aber, dass die Darstellung bereits deutlich macht, dass es nicht Sache der taz ist zu beweisen, dass die Meinung der taz richtig ist. Man möge die taz mit den Besserwissereien der Kläger in Frieden lassen.

Viele assoziieren mit 'rechtsradikaler Musik' automatisch die Kläger und das bekannte Skin- Gedröhn. Gleichwohl tritt die Ausländerbeauftragte der Stadt Bremen, Dagmar Lill (SPD), für die Bremer-Solidaritätsveranstaltung der Kläger dieses fragwürdige öffentlich ein. Dies hat erheblichen Protest ausgelöst, so u.a. auf einer Veranstaltung »Böhse Onkelz und Neue Deutsche Härte aus antifaschistischer Perspektive« am 2. 3. 2001 im Kulturzentrum Fuhrpark in Bremen. Viele Menschen in der Stadt Bremen (und auch anderswo), die zu den bevorzugten Angriffszielen der Nazis zählen, fühlten sich verhöhnt, nachdem ausgerechnet eine Band, die durch Nazi-Parolen in Liedtexten aufgefallen ist, nun mit offizieller Unterstützung ein Konzert »für die Opfer rechter Gewalt« veranstaltet, ohne dass eine klare und unzweideutige, damit erst glaubwürdige Abkehr von den alten Liedern und Parolen feststellbar ist. Sie werfen der Ausländerbeauftragten vor, sich als Amtsträgerin vor den Karren einer privatwirtschaftlichen Publicity-Kampagne für die Kläger spannen gelassen zu haben, denen es ganz offensichtlich darum geht, gewisse politische Image-Probleme möglichst billig zu beseitigen, ohne den dafür nötigen Preis in Gestalt klarer und unzweideutiger Abkehr von früheren Kapiteln der Bandgeschichte zu bezahlen. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass Songs der Kläger in der engeren Vorgeschichte mancher rassistischer Delikte eine unrühmliche Rolle spielen.

Das Muster findet sich bspw. in einem Prozess gegen fünf junge Männer im Alter von 17 bis 22 Jahren, die nach einer Sylversterparty 1997/98 in Birgelen, Kreis Heinsberg, mit volksverhetzenden Parolen auf den Lippen zur nächstgelegenen Asyl-Unterkunft gezogen waren und die dortigen Bewohner angegriffen haben. Einer der Angeklagten schilderte laut Lokalpresse den Vorgang im Prozess so: »Die Sylvesterfete habe ganz normal begonnen, man habe Musik von den 'Böhsen Onkelz' gehört, und dann ging's los!« (vgl. Dietmar Fischer, in Syvesterfeier in Skinhead Manier. Fünf Männer wegen Voksverhetzung angeklagte, in Rur- Wurm-Nachrichten vom 10. 12. 1998, S.11) Gerade in Bremen selbst ist es nach einem früheren Konzert der Kläger im Oktober 1998 auf Angriffe der durch ihre Musik verhetzten Fans auf Menschen gekommen, der ihnen als Ausländer erschienen.

Jedenfalls verfügen die Kläger in Neonazi-Kreisen immer noch ein hohes Ansehen und rekrutiert sich aus diesen Kreisen ein Teil ihres Publikums.

Die Kläger beschweren sich, dass die Beklagte mit ihnen nicht diskutiert. Auch der Rechtsanwalt der Kläger beklagt sich, dass die Kritiker der Kläger »noch nie [...] den Versuch unternommen« hätten, »sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen«. Wie sollte das gelingen? Ein Dialog, ein Gespräch, der Austausch von Worten, der den Namen »Dialog« tatsächlich verdient, ist mit den Klägern nicht möglich. Wir möchten erneut den Kläger Stephan Weidner von den Böhsen Onkelz zu Wort kommen lasse. In dem kürzlich erschienenen Interview posaunte Weidner im Kontext einer allgemeinen Medienschelte (Rockhard 2./2001, S.24): »Meine Theorie ist nach wie vor die gleiche: Es gibt 99 Prozent Arschlöcher auf der Welt.« Weidner soll dies ruhig glauben, und er hat auch das Recht, dies öffentlich zu sagen. Nur: Wie ausgehend von dieser Weltsicht ein Wirken für Toleranz möglich sein soll, ist schleierhaft. Die öffentlich erklärte Verachtung von 99 Prozent der Menschen, die als »Arschlöcher« beschimpft werden, ist Beleg dafür, daß ein Dialog mit Weidner & Co aussichtslos ist.

Weidners misanthrope These führt zum Kern dessen, was er den »'way of life' Onkelz« nennt und was als gruppenpsychologischen Prozess zwischen den Klägern als »Idolen« (so ihr Rechtsanwalt Christian Nagel) und ihren auch rechtsradikalen Fans als Gefolgschaft betrachtet werden kann. Weidner, der laut der bandfreundlichen Musikzeitschrift ROCKHARD »vergöttert« wird, schafft mit strammen Sprüchen wie dem eben zitierten eine »Wir«-Gruppe, eine BO-community, die sich aggressiv vom dummen Rest absetzt. Dies wird auch in zahlreichen Songtexten praktiziert. Der Musikjournalist Wolf-Rüdiger Mühlmann hat eine Antenne für diese Publikumsansprache; er umriss sie in »Letzte Ausfahrt: Germania. Ein Phänomen namens Neue Deutsche Härte«, S.69 wie folgt:

»Konzerte der ONKELZ geraten immer wieder zum pathetischen Wir-gegen-den-Rest- der-Welt-Gottesdienst. So einfach ist das Erfolgsrezept der Band: Mit schlichten [...] Sounds [...] sowie direkten, aktiven Texten packen die Hessen sowohl die niedersten Instinkte ihrer Hörer als auch das Gefühlsmoment und Intimleben ihrer Fans. 'Wir haben Scheiße erlebt, Dir ist die gleiche Scheiße passiert, aber trotz der ganzen Scheiße halten wir wie Pech und Schwefel zusammen, und die ganzen Scheißer da draußen können uns mal alle am Arsch lecken.' Auf diesen gemeinsamen Nenner lassen sich gut und gerne 50 Prozent der ONKELZ-Texte bringen

Aufgemotzt um narzisstische Größenfantasien, ist dies auch das Betriebssystem für das Bremer Programm des angeblichen Solidaritätskonzert, das in Wahrheit ein Immagetransferunternehmen für die Kläger war. Unter dem Titel »Etwas persönliches [sic] zum Konzert in Bremen« schrieb Weidner am 20. Oktober 2000 auf der Homepage der BO an die Fans:

»Wir wünschen uns, daß Ihr uns dabei helft, und wir allen zeigen können, daß die Onkelz, ihre Neffen und Nichten, jederzeit und spontan etwas bewegen können. Wir gemeinsam sind etwas nie dagewesenes und immer in der Lage, denjenigen, die unsere Hilfe benötigen, zu zeigen, was es heißt, dem 'Way of Life' Onkelz anzugehören.«

Und wie Gläubige sich gelegentlich auch heutzutage noch überschätzen, ihr Glaube könnte Berge versetzen, der Geist die Materie überwinden, meint Weidner abschließend: »Wir strecken einfach unseren Geist, und die Mauern stürzen einDas ist großspurige Bauchpinselei für die BO-community. Der in-group schmeichelnd, richtet sich dieser »Geist« beleidigt und aggressiv nach außen. Dies zeigt sich, vom Kleinkrieg mit der Band Die Toten Hosen mal abgesehen (vgl. den Song »Ihr sollt den Tag nicht vor dem Abend loben« vom Album »E.I.N.S1996), insbesondere beim rüden Umgang der BO mit der Presse. Auf dem 1996 bei Virgin erschienenen Album »E.I.N.S« rechen die BO mit einem »Meister der Lügen« ab:

Ich schätze die Mühe, die du dir machst um mich zu bekämpfen Auch wenn du's nicht schaffst. Es ist leider zu spät, du wirst mich nicht los. Vergeblich deine Mühe, ich bin schon zu groß Chor:
Doch ich bin gespannt, was du noch inszenierst.
Welche Lügen du erfindest, wie du noch manipulierst
Meister der Lügen, du verkanntes Genie
Merk dir eins, merk dir eins:
Ein Onkel fügt sich nie.
Du hast dich überschätzt, dich und deine Macht
Jetzt bin ich es, der über dich lacht.
Ich bin sonst nicht so gehässig, doch ich muß dir gestehn:
Es ist ein geiles Gefühl dich am Boden zu sehen.
Du hast dich nie informiert, nie deinen Auftrag erfüllt
Mich mit Scheiße beschmiert, immer als erster gebrüllt
Doch ich bin zäher, als du dachtest
Ich gedeihe im Dreck, ich bin härter als hart
Mich wischt man nicht weg

Das Gericht sollte die Geschichte der Kläger nicht so selektiv und schönfärberisch behandeln wie ihr Anwalt.

Der Anlass erzwingt, sich auf ganz bestimmte Kapitel in der Geschichte der Band zu konzentrieren, die in Selbstdarstellungen nur zu gerne ausgelassen und beschönigt werden. Im übrigen wird man sehen, die taz., die auch eine als »Meister der Lüge« (schon vorsorglich) Beschimpfte die Band jetzt häufig ausführlich zu Wort kommen lassen wird - vielleicht mehr, als ihr lieb sein dürfte. Eines der ersten musikalischen Machwerke der BO ist ein Song namens »Türkenfotze«. Der Song erschien nie auf einer autorisierten Veröffentlichung der Band, kursiert aber seit vielen Jahren in Fankreisen. Der gebrüllte Text ist nur schlecht zu verstehen; eine publizierte Texttranskription (Mühlmann aaO, S.65) lautet wie folgt:

Türken raus, Türken raus, Türken raus
Türken raus, Türken raus, alle Türken müssen raus!
Türkenfotze unrasiert, Türkenfotze unrasiert,
Türkenfotze unrasiert, Türkenfotze!

Türkenpack, Türkenpack, raus aus unser'm Land!
Geht zurück nach Ankara, denn Ihr macht mich krank!
Nadelstreifenanzug,
Plastiktütenträger,
Altkleidersammler
Und Bazillenträger!
Türkenfotze, Türken raus, Türken raus
raus Du alte Schlampe!

Der Text bedarf wohl keiner besonderen Analyse, sein übler Sexismus und sein krasser Rassismus werden offen und überaus aggressiv artikuliert. Der Song »Türkenfotze« erfreut sich heute noch großer Beliebtheit bei Nazis im Internet. Das deutet bereits darauf hin, dass die BO nach wie vor eine große Bedeutung für die extreme Rechte und insbesondere den militant-terroristischen Neonazismus in Deutschland haben. Ein weiterer Song aus der Frühzeit sei zitiert (Mühlmann aaO, S.65) - wir erkennen hier unschwer die mehrfach wiederholte Nazi-Parole »Deutschland den Deutschen«, deren gängiger zweiter Teil, »Ausländer raus!«, ja im zitierten Song »Türkenfotze« in aller Härte textlich umgesetzt wurde:

Deutschland versinkt in Schutt und Dreck
Und Ihr, Ihr Schweine, Ihr seht einfach weg
Die Bullen werden den Aufstand schon niederschlagen
Immer nur draufhauen, ohne zu fragen
Lange genug habt Ihr mit angesehen
Wie unsere Städte zugrunde gehen

Deutschland den Deutschen
Deutschland den Deutschen
Deutschland den Deutschen
Deutschland den Deutschen

Jetzt ist ein Aufruhr in unserem Land
Die Kids von der Straße ham' sich zusammengetan
Skinheads im Zusammenhalt
Gegen Euch und Eure Kanakenwelt

Die Zeiten von Liebe sind jetzt vorbei
Gewalt ist das Mittel gegen Ausbeuterei
Wir haben es satt vor Euch zu kriechen
Dazu ham wir keine Lust
Wir haben ein besseres Leben verdient
Doch bis jetzt haben immer die Kanaken gesiegt

1985 veröffentlichten die BO auf dem Brühler Label Rock-o-Rama ein Hooligan-Album mit dem Titel »Mexiko«. Rock o Rama wird beschrieben als rechtsradikaler Vertrieb vom Innenministerium des Landes NRW, Abt.Verfassungsschutz (Hsg): "Skinheads und Rechtsextremismus, Instrumentalisierung einer jugendlichen Subkultur, Düsseldorf, 2. Auflage 1999). Der Text des Titelsongs lautet wie folgt (Text nach der Homepage der Kläger):

Mit 'n Sombrero auf und Doc Martens an
so geht die Reise los
Auch ohne Geld wenn's sein muß
auch mit 'nem Floß
und wenn wir drüben sind
dann wird's erst richtig schön
wir werden uns're Mannschaft siegen seh'n

Senoritas im Arm
Tequila lauwarm
vom Durchfall geplagt
und von Fliegen gejagt
im Land der Kakteen werden wir
Du wirst sehn
wieder Weltmeister, Weltmeister sein

Siegesgewiß fahren wir nach Mexico
um uns're Elf siegen zu sehn
im Siegesrausch, voller Alkohol
lassen wir die Fahnen wehn
Durst und Schweiß
heißt der Preis
um Triumphe zu erleben
kann es etwas schön'res geben
als Weltmeister zu sein

Der Song scheint vom Text her auf den ersten Blick eher unpolitisch, will man die triumfalistische nationale Identifikation über die Fußball-National-Mannschaft und den zugehörigen antizipierten »Siegesrausch« nicht überbewerten. Es geht um Fußball, Frauen und Alkohol-Fahnen. Doch nicht zufällig erfreut sich dieser Song auch ein Jahrzehnt später bei Nazi-Skins großer Beliebtheit. Dies zeigt bspw. jener Michael aus Linz/Rhein, der sich im November 1996 im rechtsradikalen Glatzen-Hochglanz-Magazin ROCKNORD (Rocknord Musikzeitschrift Nov. 1996, S.9; Rocknord und dem umtriebigen Macher des Magazins, Thorsten Lemmer werden vom Innenministerium des Landes NRW, Abt.Verfassungsschutz (Hsg): »Skinheads und Rechtsextremismus, Instrumentalisierung einer jugendlichen Subkultur, Düsseldorf, 2. Auflage 1999 werden als rechtsradikale Musikzeitschrift beschrieben; ebenso in Zyankrise 1995, S.106-115) in der Rubrik «Berichte von der Konzertfront" über ein Konzert der BO in Köln etwas wütend (vor allem das Gros der Fans) auslässt:

»Der Saal gröhlt immer wieder 'Mexico'. Endlich steht Kevin mit einem Sombrero auf der Bühne, endlich eines von UNSEREN Liedern. Tausende Penner, die noch nie ein Stadion von innen gesehen haben, gröhlen mit. Ich würge. Wir fordern 'Fußball und Gewalt'. Vergebens

Ein Detail im Songtext verweist genau auf dieses Nazi-Publikum: Bei den in »Mexico« besungenen »Doc Martens« muss man sich zur Interpretation auch auf frühere Zeilen der BO zurück besinnen, so auf den Song »Dr. Martens Beat« vom Album »Der nette Mann«. Hier wird das - auch in anderen Songs bemühte - Pragma-Symbol des Markenschuhwerks eindeutig erklärt:

Dr. Martens Beat
der Klang einer Stahlkappe,
die dir in die Fresse tritt

In dem Lied Dr. Martens Beat heißt es: »Was kann ich denn dafür« vom Album »Böse Menschen, Böse Lieder« 15.05.01:

"Die Haare erst geschoren
die doc martens frisch geputzt,
so stand ich vor ihr"

Auf dieser Linie liegt auch »Gesetz der Straße« vom Album »Mexiko«:

Zeig was Du denkst, tu was Du willst
Nur verlier' nie Dein Gesicht,
zeigt keine Schwäche zeig keine Angst
denn Verlierer zählen nicht

Gesetze der Straße sind Gebote der Gewalt
Gesetze der Straße sind Blut auf dem Asphalt

Kampf in den Stadien
Kampf in den Straßen
nie endende Gewalt
sind Ausdrucks des Unmuts und der Arbeitslosigkeit

Diese Texte sind nicht analytisch-deskriptiv. Sie sind eine Affirmation der Skin- und Hooligan-Gewalt. Natürlich gibt es Musikkritiker, die diesen Texten »kritische Untertöne« zu entwinden verstehen. Sie argumentieren, dass in diesem Text »Gewalt nicht mehr wie früher als pure Lust, sondern durchaus zweischneidig als aufgezwungen und aus der Not geboren interpretiert« werde. Das ist erstens Unsinn, und zweitens ist es das gute Recht der taz, anderer »Meinung« zu sein.

Denn beim Händchenhalten mit den Klägern bleiben diese MusikKritiker« (nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal) eine Erklärung schuldig, an welchen Merkmalen im Song sie dies festmachen zu können glauben und was daran so kritisch sein soll. Etwa an der sozialarbeiterisch-vulgärmaterialistischen These, der »Kampf in den Städten«, der »Kampf in den Stadien« und die »nie endende Gewalt« seien »Ausdruck des Unmuts und der Arbeitslosigkeit«? Ein Unterschied zu früheren Zeiten der »Dichtkunst« der Kläger ist nicht festzustellen, wenn man daran erinnert, dass auch zu Zeiten, als die Kläger »Deutschland den Deutschen« brüllten, Gewalt auch nicht nur als die »pure Lust« sondern als »das Mittel gegen Ausbeuterei« verstanden wurde. Was ist »durchaus zweischneidig« daran, eine solche Rechtfertigungaus der Not geboren«) für den »Kampf in den Städten« und den »Kampf in den Stadien« zu liefern, der von den Klägern in anderen Songs mehrfach ausdrücklich gefeiert wird? Neben dem Thema »Gewalt«, ob nun unmittelbar politisch artikuliert oder gelegentlich auch ohne direkten Bezug auf Politik zelebriert, widmeten sich die Kkläger in ihren Songs auch allgemeinen politischen Themen. So hat der Song »Haß« vom Album »Böse Menschen, böse Lieder« die verbreitete Politiker-Verdrossenheit zum Gegenstand. Der Text bedient sich der direkten Ansprache jeden einzelnen Hörers und ist ein populistischer Angriff auf das politische System, das durch die ohne jegliche Differenzierung negativ dargestellte Gesamtheit der »Herrn Politiker« personifiziert wird:

Sie hindern Dich so gut es geht
Deinen Weg zu geh'n
unsre Herrn Politiker
sie woll'n Dich nicht versteh'n

Ich hab 'n Haß, so 'n Haß
Ich hab 'n Haß, so 'n Haß

Sie reden nur und reden
und nichts kommt dabei raus
viele Worten keine Taten
für nichts und noch Applaus

Ich hab 'n Haß, so 'n Haß
Ich hab 'n Haß, so 'n Haß

Arbeitslose Jugendliche sind heut schon normal
die Reichen immer reicher alles and're ist egal
meine Verachtung haben sie
ich kann sie nicht mehr seh'n
das sind Menschen die von Freiheit reden
und nicht dazu steh'n

Diese Message, die - statt eine irgendwie spezifizierte und qualifizierte Kritik zu liefern - nur derb verallgemeinert und in »Haß« und »Verachtung« mündet, kann schwerlich als in demokratischer und emanzipatorischer Hinsicht vorgebrachte Kritik an der Verfassungswirklichkeit einer parlamentarischen Demokratie, für die eine derartige (Selbst)Kritik im übrigen konstitutiv ist, verstanden werden. Der Text liegt in seiner resentimentalen Verallgemeinerung auf der Linie rechtspopulistischer Kritik, bekannt seit den Nationalsozialisten der Weimarer Republik und ein nimmermüdes Paradigma rechtsradikalen Populismus, der »System«-Politiker und »System«-Parteien und deren bloßem Gerede, wie sie in Parteien und Organisationen der extremen Rechten in Deutschland gängig war und ist. Daran ändern auch die Thematisierung von Jugendarbeitslosigkeit und die Klage, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter aufklaffe, nichts, Das hat bereits die SA getan, und das sind auch Themen, die rechtsradikale Parteien wie die NPD aufgreifen und thematisieren.

Diese Aussagen decken sich auch mit dem - bspw. von Franz Schönhuber - als »sozialpatriotisch« bezeichneten Appell an die Zukurzgekommenen bzw. sich als solche Fühlenden. Als Beleg für die »Wandlung« der Kläger wird häufig auf den Song »Deutschland im Herbst« auf dem »Weißen Album« (Bellaphon 1994) verwiesen; hier hätten die Kläger »eindeutig Stellung« bezogen, wird argumentiert:

Ich sehe alle gegen alle
jeder gegen jeden
keine Achtung vor sich selbst
keine Achtung vor dem Leben
ich sehe blinden Haß, blinde Wut
feige Morde, Kinderblut
ich sehe braune Scheiße töten
ich sehe Dich

Deutschland im Herbst

Ich höre weiße Geräusche
rassenreine Lieder
ich höre hirnlose Parolen
von Idioten und Verlierern
ich höre die Lügen der Regierung
die Lüge eures Lebens
die Lügen über uns
ich höre Dich

Dieser Text, so heißt es, »soll die Entwicklung« der Kläger »dokumentieren«, wie einer der den Kläger und ihrem Publikum verpflichteten Journalisten aus der auf Heavy-Metal-Musik spezialisierten Musikpresse schreibt (Mühlmann, Letzte Ausfahrt: Germania aa0, S.69). Das Stück sei

»die Antwort der Band auf die Pogrome in den Asylbewerberheimen in Rostock- Lichtenhagen, Hünxe, Eberswalde und Hoyerswerda. Es ist eine klare Distanzierung der vier Musiker von brauner Gewalt und es beinhaltet gleichzeitig eine gesellschaftliche Ratlosigkeit, die alle in Deutschland erfaßt hatte

Der Autor verwechselt leider nur die brutale Fäkalsprachebraune Scheiße«) der Kläger mit Klarheit, um dann den nicht unerheblichen Rest an Unklarheit auf das Konto der Gesellschaft zu verbuchen. Die wirre Reihung, in der die »Lügen der Regierung« neben die wieder einmal selbstmitleidig beklagten »Lügen über uns« (=die Kläger) gestellt werden, als Ausdruck der »gesellschaftlichen Ratlosigkeit, die alle in Deutschland erfaßt hatte«, zu stellen, überzeugt nicht. Die »Lügen der Regierung«, die nicht weiter präzisisiert werden, erinnern doch stark an die populistische Politik-Verachtung des Songs »Haß«. Auf der gleichen Ebene von »Lügen über uns« zu singen, was auf die öffentliche Kritik an rassistischen Texten der Kläger verweist, dementiert die angebliche Selbstkritik, für die das Stück doch stehen soll.

Indizierungen und Verbotsverfahren Die Geschichte der Kläger ist auch eine Geschichte von Indizierungen, die eben erfolgten, weil die Kläger eine rechtsradikale Band sind. Indizierungen werden vorgenommen von der Bonner Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS). Sie beziehen sich, wie der Name schon sagt, auf Jugendgefährdung und regeln nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS), ob Schriften, Filme und Schallplatten, CDs und Cassetten Jugendlichen frei zugänglich sind oder nicht. Mehrere Platten mit Musik der BO wurden indiziert. Die nachfolgende Aufstellung kann entnommen werden dem Buch von Klaus Farin, Reaktionäre Rebellen. Die Geschichte einer Provokation. In: Baacke/Farin/Lauffer (Hrsg): Rock von rechts II, S.12-83, hier S.24).

Aus dieser Liste ergibt sich, dass auch die Platten von jüngeren Life-Mitschnitten noch indiziert werden mußten, also noch solche etwa aus dem Jahre 1989. Da ließen die Kläger noch die rechtsradikalen Elemente wenigstens auf der Bühne heraus.

Am 30.8.1986 wurde das Album »Der nette Mann«, 1984 beim Label Rock-o-Rama veröffentlicht, indiziert. Am 30.6.1993 wurde die 1984 zuerst und 1992 erneut bei Rock-o- Rama vertriebene Mini-LP/CD »Häßlich« indiziert. Der »Erinnerungen« betitelte Bootleg (bei Early Music Germany) wurde am 31.10.1998 indiziert; hierbei handelte es sich um Demo- Aufnahmen aus den Jahren 1982-1984. In dieser Sitzung verbot die Bundesprüfstelle weitere Bootlegs der BO, nämlich das 1993 (bei Freddy Krüger) veröffentlichte Album »Tanz der Teufel«, ein Live-Mitschnitt des Offenbacher Konzertes vom 6. Mai 1989, das 1994 (ebenfalls bei Freddy Krüger) veröffentlichte Album »Nette Menschen, nette Lieder«, das von dem Bootlegger Bonk unter dem Titel »Zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl« erneut veröffentlicht wurde, das von Bonk herausgebrachte Album »Necronomicon - Offenbach '91«, das 1995 vom Bootlegger Haelnußtonträger veröffentlichte Album »Hausmannskost«, das ebenfalls (ohne Label) 1995 erschienene Album »Zieh mit den Wölfen - Live in Erlensee 91« sowie das bei Freddy Krüger 1995 erschienene Album »Rätsel des Lebens«.

Die Kläger werden sich in Beschimpfungen der BPjS ergehen, die Richtigkeit der Indizierungen bestreiten und behaupten, dass die Veröffentlichungen nicht autorisiert sind, und schließlich erklären, dass sie für die Veröffentlichungen nichts können oder gar dagegen sind. Das ändert nichts daran, dass es ihre Musik ist und die Mitschnitte ihrer Bühnenshows.

Präsenz der BO auf Nazi-Homepages und in Printmedien der extremen Rechten

Im Sommer 1999 wurde eine Bestandsaufnahme von Musik auf einigen Nazi-Homepages unternommen. Neben einem weiteren Song fand man den Song »Türkenfotze« der Kläger auf zwei Homepages plaziert. Es handelte sich um die Homepages »Bulldog88« und »German Oi Center«. Der Betreiber der Homepage »Bulldog88« bedient sich eines in der Nazi-Szene etablierten Zahlencodes: Die 8 steht für den achten Buchstaben im Alphabet, HH steht für »Heil Hitler«. Auch die Sicht des Betreibers auf seine Probleme mit dem Server Xoom spricht Bände (zitiert nach Stefan Jacoby, der virtuelle Untergrund. Neonazis im Internet, In: white noise. Rechts-Rock, Skinhead-Musik, Blood & Honour - Einblicke in die internationale Neonazi-Musik-Szene. Hrsg. von Searchlight, Antifaschistisches infoblatt, Enough is Enough u.rat. Hamburg/Münster: rat/Unrast 200, S.125-133, hier: S.127).

»Die Xoom-Juden ham mir neulich alle meine Seiten gelöscht (...) also auch alle MP3z. Bin jetzt bei Freeservers und hoffe, die haben keinen Haß auf Nationalisten«.

Anfang August wurde »Bulldog88«, an dessen Antisemitismus kein Zweifel bestehen kann, dann auch bei Freeservers rausgeworfen. Über die Homepage »German Oi Center« weiß Jacoby aa0, S.128 Interessantes zu berichten:

»Die Seite German Oi Center bietet eine praktische Anleitung für den rechten Terror. Unter dem Titel Der kleine Sprengmeister erhält man eine detaillierte, mit Fotos in der Machart einer Bastelanleitung versehene Anleitung, beispielsweise zum Bau von Rohrbomben aus handelsüblichen Einzelteilen. Der Autor und Betreiber der Seite demonstriert die Schlagkraft seines Produktes durch Fotos von Sprengversuchen an einem Wohncontainer, bei denen nicht nur die Tür, sondern auch das Innere zerstört wurde

Im Januar 2001 fanden sich via WPMP3 (WP steht für White Power) und Freedrive, von deutschen Nazis verbreitet, vom Liedgut der Kläger »Böse Menschen, böse Lieder«, »Ein böses Märchen« und »Live in Frankfurt«. Am 2. März 2001 fanden sich bspw. mehrere Alben der Kläger auf einer Nazi-Homepage beim Provider Geocities. Eingespeist von »Kammpfhund88« gibt es da »Böhse Onkelz, böse Lieder«, »Ein böses Märchen«, »Kneipenterroristen« und »Heilige Lieder«. Und »Nationaler Wiederstand [sic] Braunschweig« steuerte »Kill the Hippies« bei. Die Seite »americanskins«, bei der man vor kurzem ebenfalls fündig werden konnte, ist dagegen zur Zeit geschlossen. Hier wird man auf die Neueröffnung verwiesen, die für den 20. April angekündigt wird. Zu Führers Geburtstag gibt es dann endlich wieder Böhse Onkelz, böse Lieder.

Auch auf den konventionellen Kommunikationswegen der extremen Rechten zeigt sich nach wie vor die große Beliebtheit der Kläger in diesen Kreisen. Dies zeigt bspw. die Lektüre des Zentralorgans der NPD namens DEUTSCHE STIMME - MONATSZEITUNG FÜR POLITIK UND KULTUR (DS; früherer Untertitel: NATIONALDEMOKRATISCHE MONATSZEITUNG). Hier inseriert regelmäßig der DS-Versand, ein Anhängsel der Zeitung. Noch vor kurzem wurden monatlich mehrere Alben der BO in diesen Inseraten angeboten. Die Zielgruppe ist vorwiegend jugendlich, und entsprechend wird man auch in Organen der NPD-Jugend, der Jungen Nationaldemokraten (JN), fündig. So warb 1997 auf dem Backcover der Zeitschrift DER RUHRSTÜRMER - JUNGE NATIONALDEMOKRATISCHE ZEITUNG, die vom JN-RV Ruhr herausgegeben wird und über die JN-Wattenscheid erreichbar ist, der Mjölnir Versand & Verlag mit Musikangeboten. Aufgeführt war neben »Kameradenvon Frank Rennicke, »Live in Dresden« von Ultima Thule» und anderen einschlägigen CDs auch die Doppel-CD «Live in Dortmund" der Kläger (Der Ruhrstürmer II/1997. Zum Mjölnar-Versand, nach Innenministerium des Landes NRW aa0, S.65 ff).

Der Umgang der Kläger mit der Bandvergangenheit rechtfertigt ebenfalls, diese weiterhin als berüchtigt rechtsradikal zu bezeichnen:

Das Zauberwort der Kläger, mit der sie die guten Erinnerungen in´s Kröpfchen ihrer Umsätze zu sacken wissen, und die schlechten Erinnerungen in´s Töpfchen der Verbotsverfügung des Landgerichts Berlin, heißt »Wandlung«. Bei ihrer »Wandlungs«-Propaganda sekundieren der Band verschiedene sich aufklärerisch sekundierende Musikkritiker. Es wird behauptet, »'Die Wandlung' der Böhsen Onkelz«, so ihr Hofautor Farin im bereits zitierten »Reaktionäre Rebellen«, dort S.82, für die kritische Zielgruppe, »ist inzwischen zumindest bei sachkundigen Menschen unumstritten

Das muß nicht stimmen: Wer es nötig hat, Vertretern einer abweichenden Sacheinschätzung gleich kategorisch die Sachkundigkeit (oder ihr Menschsein) zu bestreiten, ahnt vielleicht die Schwäche seiner Argumente und die Dürftigkeit seiner Belege. Dass umtriebige Nazis immer noch Songs der Kläger in ihrer Internet-Propaganda benutzen, deutet bereits darauf hin, dass das rechtsradikale Segment des Kläger-Publikums die oft proklamierte »Wandlung« und Läuterung der Band nicht so ernst nimmt und sich nicht davon schrecken lässt, oder besser, sie nicht wahrnimmt, oder noch besser, erkennt, dass es keine Wandlung gibt. Denn: Die Kläger erfreuen sich bei vielen Nazis nach wie vor großer Beliebtheit. Wären sie »Renegaten«, fielen sie in ungnade. Gerade weil sie keine Renegaten sind, bleibt die Verehrung.

Das hat Gründe, das findet seine Verankerung in manchen Praktiken und Deklarationen der Band. Das Landesamt für Verfassungsschutz NRW berichtet von einem bezeichnenden Vorfall beim Konzert der BO in der Düsseldorfer Philipshalle am 21. November 1996, bei dem übrigens der frühere Anführer von Störkraft, eine ebenfalls berüchtigte rechtsradikale Band, des Saales verwiesen wurde (Innenministerium des Landes Nordrhein- Westfalen - Abteilung Verfassungsschutz (Hrsg.): Skinheads und Rechtsextremismus, S. 49. Der Text von »Kneipenterroristen« auf dem gleichnamigen Album, das 1988 bei Bellaphon erschien, lautet wie folgt: »Mütter sperrt die Töchter ein / und rettet euren Sohn / vor Kneipenterroristen, / dem Schrecken der Nation /sind die Straßen menschenleer / und jeder Gastwirt ist in Kur / dann sind Kneipenterroristen / auf Terrortour // Wir sind Kneipenterroristen, / schwerstens tätowiert / wir haben immer einen sitzen, / ganz egal, was auch passiert / Hausverbot heißt unser Motto / Und Streit ist unser Ziel / Jeden Tag 'ne schlechte Tat, / ist das zuviel // Siehst du Wirte schwitzen, / siehst Du Gäste panisch flieh'n / dann haben Kneipenterroristen / nichts gutes im Sinn / Kneipenvandalismus / Steht auf unserer Fahne, / Kneipenterroristen kennen keine Gnade« (zit, nach Mühlmann: Letzte Ausfahrt: Germania, S. 71): »So sprach sich der Bassist der Band mehrfach gegen Gewalt aus, wobei er eine Gruppe von Tobenden als 'hirnlose Idioten' bezeichnete. Aber gleich darauf spielten sie den gewaltverherrlichenden Titel 'Kneipenterroristen', einen eben von dieser 'Idiotenszene' geliebten Song

Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Kläger häufig gewissermaßen auf zwei Frequenzen senden. Auf der einen Frequenz, die die allgemeine (und vielleicht kritische) Öffentlichkeit und das Landgericht Berlin aus dem Filter des Anwaltes der Kläger empfangen soll, ergeht man sich in Distanzierungen gegenüber rechten Mördern. Auf der anderen Frequenz, die sich u.a. an das rechte Segment des Klägers-Publikums richtet, relativiert man die für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmten Distanzierungen: »ein Onkel fügt sich nie« heißt es da beispielsweise (im Refrain von »Meister der Lügen«) oder »Wir sagen, was sich keiner traut«. Und dies kommt nachweislich an, wie folgende kurze Besprechung des Albums »E.I.N.Szeigt: »Bissig wie eh & je kommen hier alle Begebenheiten zu Gehör, welche der Onkelz würdig sind. Das [sic] nebenbei Kinderbands à la 'Tote Hosen' und 'Die Ärzte' ihr Fett weg kriegen, ist ebenso schön, wie die Tatsache, das [sic] die Onkelz auch auf diesem Album keine Parolen gegen irgendwelche Subkulturen jenseits von Links zum Besten geben. Ist meiner Meinung nach nicht so geil wie 'Hier sind die Onkelz' aber trifft oft genug ins Schwarze« (ROCKNORD Nov. 1996, S. 13)

Ein Beobachter des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes beim Düsseldorfer Konzert im November 1996 ist über den vom daraus folgenden nebulösen Charakter der BO- Selbstpräsentation und Parolen wie »Ich möchte lieber stehend sterben als lügen« irritiert (Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen - Abteilung Verfassungsschutz (Hrsg.): Skinheads und Rechtsextremismus, S. 49):

»Ihren Ansagen zwischen den Songs waren Fragmente zu entnehmen, wie 'Wir sagen, was sich keiner traut', 'Wir gegen den Rest der Welt', 'Wir bringen es auf den Punkt'. Nur was sie auf den Punkt bringen wollen, bleibt nebulös

Nicht frei von politischen Ambivalenzen, die die Kläger-Fans in der extremen Rechten als augenzwinkernde Signale in ihre Richtung verstehen müssen, ist auch der jüngste Versuch, durch das Konzert in Bremen »ein Zeichen zu setzen«. In seinem auf der Kläger-Homepage verbreiteten Statement »Etwas persönliches zum Konzert in Bremen« vom 20. Oktober 2000 führt Weidner dazu aus:

"Das Konzert in Bremen soll nicht einfach ein weiteres Konzert gegen 'rechts' sein, sondern eins gegen Gewalt, und vor allem eins für die Opfervon Gewalttaten, und das selbstverständlich nicht nur rechtsgerichteter. Daß aufgrund der aktuellen Situation unser Fokus auf den Übergriffen von rechts liegt, versteht sich von selbst. [...]

Gewalt ist kein Weg. Weder von links noch von rechts. Wir haben lange genug gebraucht, um das zu verstehen. Wir wollen nicht weiter ausgrenzen, sondern wir suchen den Dialog. Wir haben das 'dritte Auge', wir wissen, daß links und rechts künstlich am Leben gehaltene Feindbilder sind. Wir aber sind für eine Welt freier Geister."

Mit der proklamierten Äquidistanz gegenüber links und rechts bewegt sich Weidner auf dem ausgetretenen Terrain der Totalitarismus-Doktrin und der hegemonialen »Extremismus«- Konzeption. Ihnen zufolge ist die demokratische »Mitte« von den Extremen auf der Linken und der Rechten gleichermaßen bedroht.

Doch Weidner geht mit der Inanspruchnahme eines »dritten Auges« weit über diese gängigen Vorstellungen hinaus, die die »Mitte der Gesellschaft« entlasten. Warum soll der Gegensatz von rechts und links eigentlich überholt sein?

Gründe nennt Weidner dafür nicht, er belässt es bei einer Willenserklärung, wiederum in Äquidistanz gegenüber links und rechts: man wolle »nicht weiter ausgrenzen«. Wer hat in einer gegebenen Situation ein Interesse daran, den tradierten politischen Gegensatz von links und rechts verschwinden zu lassen, indem man ihn für überholt erklärt? Wem nützt dies? Zahlreiche europäische Intellektuelle veröffentlichten am 13. Juli in 1993 in LE MONDE einen »Appell zur Wachsamkeit« überschriebenen Aufruf »Gegen die subversive Aktion von rechts in Europa«, der auch große Resonanz in der Bundesrepublik Deutschland fand. In der Begründung dieses Aufrufs entlarvten sie die Behauptung, der Gegensatz von rechts und links sei überholt, als Nährboden bzw. Teil einer Strategie der Legitimierung der extremen Rechten. Die betreffende Passage lautet: »Dieser Strategie [der extremen Rechten; A.S.] kommen die vielfältigen Dialoge und Debatten entgegen, die sich über Themen entspinnen, welche man - gelinde gesagt - leichtfertig das Ende der Ideologien, die vermeintliche Überwindung jeder politischen Spaltung zwischen den Linken und der Rechten, die angebliche Erneuerung der Idee der Nation und der kulturellen Identität genannt hat« (hier zitiert nach dem Nachhdruck in Richard Faber/Hajo Funke/Gerhard Schoenberner (Hrsg.): Rechtsextremismus. Ideologie und Gewalt. Berlin: Edition Hentrich 1995, S. 292-293).

In aller Deutlichkeit pflegt Weidner in seinem Statement ein Feindbild, das er mit den Kläger- Fans auf der extremen Rechten teilt zu deren großer Freude. Weit schärfere Worte als gegen »Begriffe von 'rechts' findet Weidner, der angeblich «nicht weiter ausgrenzen» will, nämlich gegen «Rock gegen Rechts":

»Fuck 'Rock gegen rechts' und all die Scheinheiligkeit und gespielte politische Korrektheit. Wir scheißen auf Euch und Eure Heuchelei

Es ist auffällig und bezeichnend, dass sich kein derart klarer und scharfer Satz der Ablehnung gegenüber der extremen Rechten, für deren Opfer das Konzert gegeben werden soll, in Weidners Statement findet! Mit dieser Beschimpfung von »Rock gegen Rechts« als »Scheinheiligkeit« und »Heuchelei« nimmt Weidner Handlungen zurück, die von den Klägern und ihrem Anwalt in dessen heuchlerischen Schriftsätzen gerne als Beleg der Läuterung genannt werden, nämlich die Beteiligung an »Rock gegen Rechts« 1993.

Einen Mangel an Klarheit und Eindeutigkeit muss man einem Statement der Kläger vom 27.4.2000 auf ihrer Homepage bescheinigen, in dem es um die Internet-Verbreitung alter rassistischer Songs als MP3-Dateien geht. Im Statement geht es freilich nicht um Nazi- Homepages wie die eben genannten. Anlass war die Schließung der Site www.onkelzfan.de. durch den Betreiber, die einige Fans den Klägern ankreideten. Diese rechtfertigen sich so:

»Wir haben www.onkelzfan.de nicht 'dichtmachen' lassen, sondern lediglich abgemahnt, worauf der Betreiber die Site geschlossen hat. www.onkelzfan.de hat eine Instrumentalversion von 'Türken raus' als MP3 zum Download angeboten, und das lassen wir uns nicht gefallen

Wer nun erwartet, es folge eine klare Distanzierung von »Türken raus«, wird indes enttäuscht. Statt zu bedauern, einen solchen Song aufgenommen zu haben und die darin Diskriminierten um Entschuldigung zu bitten, ergehen sich die Kläger in ihrem Statement in Trotz; was zählt, soll allein ihr »Willen« sein. Gegen den Betreiber der Website, der eine Instrumentalversion von 'Türken raus' angeboten hatte, machen die Kläger folgendes geltend:

»Abgesehen davon, daß es von uns keine instrumentale Fassung dieser bescheuerten Titels gibt, hätten wir, wenn wir gewollt hätten, daß 'Türken raus' veröffentlicht würde, es 1982 selbst getan

Im weiteren Verlauf des Statements verbeugen sich die Kläger vor ihren Fans bzw. deren Homepages, und zwar ohne Ausnahme: »Wir respektieren die Onkelzfanpages - volles Programm - wir ziehen unserem Hut vor dem Engagement«. Eingeschränkt wird dieses Loblied auf die Fanaktivitäten im Internet nur durch Verweis auf die juristische Lage und die kommerziellen Interessen der BO, wobei letzteren das besondere Augenmerk gilt:

»Wir sehen, wie viel Mühe und Herzblut und Zeit in diesen Pages steckt und das finden wir geil. Aber, das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Es gibt Urhebergesetze, es gibt Verwertungsrechte und es gibt auch Dinge wie 'Türken raus' als MP3. Wer eine Fanpage betreibt und auf seiner Site kommerzielle Werbebanner, kostenpflichtige MP3s von neuen Songs, oder kostenlose MP3s von alten Songs zum Download plaziert, und damit Besucher auf die Site lockt, der betreibt keine unkommerzielle Site, sondern der verdient mit seiner Onkelzpage und mit unserem Namen Geld. Wir haben nichts gegen das Bereitstellen von Fotos, Noten oder Texten, und Ihr habt eine Menge Freiraum, aber das Anbieten von MP3s bringt Ärger mit den Plattenfirmen, die die alleinigen Verwertungsrechte besitzen und demnächst auch mit der GEMA (das wird richtig teuer) und es bringt Ärger mit uns, wenn jemand alte Songs wie 'Türken raus' etc. oder Bootlegs ins Netz stellt

Also daß Geld mit »Türkenvotze« an den Klägern vorbei verdient wird, das zu unterbinden ist das Motiv der Kläger mit der Abmahnung. Da darf man gespannt warten auf den »Ärger mit den Plattenfirmen« und der Band, den die eben genannten Nazi-Homepages bekommen müssten. Bekannt geworden sind solche Maßnahmen bislang nicht.

Das bringt uns zu der heuchlerischen Serie von Schönfärbereien der Geschichte der Kläger. Zum heutigen Umgang der Band BO mit ihrer Vergangenheit, der ein wichtiger Prüfstein ist für die Glaubwürdigkeit der »Wandlung«, gehört auch, wie die Firma BO-Management bzw. ihre Anwälte mit Kritikerinnen und Kritikern umgehen, die der offiziellen Lesart der Bandgeschichte nicht folgen, als handle es sich um eine göttliche Weisung. Ein aktuelles Beispiel sind die Euphemismen des Rechtsanwalt Nagel in seiner Antragsschrift vom 15. November 2000 im Auftrag der Kläger an das hohe Gericht, mit dem er die einstweilige Verfügung erbeutet hat zum Az.27.0.726/00.

»Die Mitglieder der Band 'Böhse Onkelz' gehörten vor ungefähr zwanzig Jahren der sog. Punkbewegung an, die sich Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre als Kultbewegung der damaligen Jugend etabliert hatte. In dieser Zeit gerieten sie als 'Punker', insbesondere wegen ihrer äußeren Erscheinung, immer wieder in verbale und körperliche Auseinandersetzungen mit unterschiedlichen Jugendgangs, welche die unterschiedlichen Einflüsse der damaligen Zeit polarisierten. Die damit verbundenen Eindrücke setzten sie in ihren ersten musikalischen Werken um. Genauso wie das äußere Erscheinungsbild der damaligen Punkbewegung auf Provokation und Übertreibung angelegt war, so artikulierte sich auch die Tendenz zur Übertreibung und Provokation in der Sprache. Weil die Auseinandersetzungen milieubedingt überwiegend mit ausländischen Jugendgangs ausgetragen wurden, verfaßte die Band seinerzeit einige Texte, aus denen eine ausländerfeindliche Tendenz abgeleitet wurde. Diesen Sachverhalt haben die Mitglieder der Band nie bestritten oder verharmlost. Diese Aufnahmen gelangten vor mehr als fünfzehn Jahren in Form von Schwarzkopien in die Öffentlichkeit und brachten der Band den unrühmlichen Ruf einer Skinheadband ein, gegen welchen sich die Band seit mehr als einem Jahrzehnt verzweifelt zur Wehr setzt, weil die vor mehr als fünfzehn Jahren verfaßten Texte keinen politischen Hintergrund hatten, sondern aus der konkreten Auseinandersetzung heraus entstanden

Aus dem vorbeschriebenen ergibt sich, dass das eben zitierte Prosawerk des Herrn Kläger- Anwaltes weit mehr Dichtung als Wahrheit ist. Die Band habe also nur »den unrühmlichen Ruf einer Skinheadband« gehabt. Dass sich Bandmitglieder in Interviews oder bei Konzerten als (ehemalige) Skinheads bezeichnen und ihr Skinheadsein rechtfertigen, ja stolz feiern, wird geflissentlich verschwiegen. Denn die Apologie basiert darauf, gewisse Songs der BO, bspw. »Türkenfotze«, in ihrem Gehalt auf den Punk auszeichnende »Provokation« herunterzurechnen. Die »Tendenz zur Übertreibung und Provokation in der Sprache« soll als Rechtfertigung dienen, die betreffenden Songs wären demnach nie so 'gemeint' gewesen wie der Wortlaut ihrer Texte es zwingend nahelegt. Wie absurd es ist, die alten Songs der BO als für Punk typische Provokation zu verharmlosen, zeigt der Vergleich mit Provokationen aus Punk und daraus entstandener Neuer Deutscher Welle. Man vergleiche bspw. den Text von »Türkenfotze« mit dem Text von »Der Mussolini« vom Album »Alles wird gut« der Band Deutsch-Amerikanische Freundschaft (DAF).
»Geh in die Knie und klatsch in die Hände, / beweg deine Hüften und tanz den Mussolini. / Dreh dich nach rechts und klatsch in die Hände / und mach den Adolf Hitler und jetzt den Mussolini. / Beweg deinen Hintern und klatsch in die Hände, / und tanz den Jesus Christus. / Geh in die Knie und dreh dich nach rechts und dreh dich nach links / und tanz den Mussolini und jetzt den Jesus Christus / Klatsch in die Hände und tanz den KommunismusIch wähle diesen Song aus zwei Gründen. Erstens haben Ahnungslose aus ihm ein Medienstereotyp gemacht haben. So dröhnte »Der Mussolini« in der »Lindenstraße« aus dem Zimmer des trotzig pubertierenden Klaus Beimer, der sich vorübergehend Neonazis anschloss. Dass der kleine Beimer »dabei zehn Jahre alte Elektrodisco im Lederschwulenoutfit hören muß, noch dazu von einem Spanier gesungen, kann nur daran liegen, daß die Leute vom Drehbuch sich an Punk und New Wave rächen wollen und natürlich daran, daß sie keine neue Nazimusik kennen (wollen)« (Klaus Walter: Dicker Stefan, gutes Kind. Warum es kein Zufall ist, daß die Böhsen Onkelz aus Frankfurt kommen. In: Max Annas/Ralph Christoph (Hrsg): Neue Soundtracks für den Volksempfänger. Nazirock, Jugendkultur und rechter Mainstream. Berlin/Amsterdam: ID-Archiv 1993, S. 29-46, hier S. 44).
Zweitens wird der Song in der sozialwissenschaftlichen Literatur häufig als Beispiel für Provokation und faschistoide Tendenzen herangezogen; vgl. die unterschiedlichen Interpretationen, bspw. Georg Seeßlen: Tanz den Adolf Hitler. Faschismus in der populären Kultur. Berlin: Edition Tiamat 1994, S. 175; Dirk Aschwanden: Jugendlicher Rechtsextrememismus als gesamtdeutsches Phänomen. Baden-Baden: Nomos 1995, S. 151; Martin Kersten: Jugendkulturen und NS-Vergangenheit. Der schmale Pfad zwischen Provokation, Spiel, Inszenierung und erneuter Faszination von Punk bis zum Nazi-Rock. In: Rechte Musik. Hrsg. vom Forschungszentrum Populäre Musik der Humboldt- Universität zu Berlin, S. 68-89 , hier S. 78f.; Hans W. Giessen: Der Mythos vom Strohfeuer. Poptexte belegen eine fast 15jährige Tradition des neuen Rechtsextremismus. In: Hans-Günther Heiland/Christian Lüdemann (Hrsg.): Soziologische Dimensionen des Rechtsextremismus. Opladen: Westdeutscher Verlag 1996, S. 115-135, hier S. 124f.

Der Rest, der nach der Etablierung der für Punk typischen Provokation als Schlüssel zur verharmlosenden Interpretation von BO-Songs bleibt, soll in RA Nagels Argumentation durch den Verweis auf den lokalen und biographischen Hintergrund erledigt werden. Jedenfalls kann das kulturelle Feld der Stadt Frankfurt nicht als alles determinierend verstanden werden, als seien die Songs der BO mit ihren rassistischen Texten in diesem Feld naturwüchsig hervorgebracht worden, quasi ohne Zutun von für ihr Tun verantwortlichen Akteuren. Für den Anwalt der Kläger hingegen sind besagte Texte »aus der konkreten Auseinandersetzung heraus entstanden«, eben Streitigkeiten zwischen Jugendgangs. Rein zufällig, die Rivalen waren halt rein zufällig Türken, kamen die armen Jungs von den Klägern damals auf Parolen wie »Türken raus«. Die Kläger mögen dieses glauben. Die Beklagte kann nicht gezwungen werden, dieses zu meinen.

Nur weil - wenn es denn mal so gewesen wäre - der Klägeranwalt allen Ernstes schreibt, die Kläger hätten sich »zu keiner Zeit mit den menschenverachtenden Ideologien des Dritten Reiches identifiziert«, haben Sie keinen Anspruch darauf, nicht als rechtsradikal bezeichnet zu werden.

Überhaupt gebe es, so lautet der Tenor der klägerischen Argumentation, bei den alten Songs der BO »keinen politischen Hintergrund«. Das möge mal jemand erklären, wie, unter welchen Umständen, an welchem Ort, zu welcher Zeit, in welcher Intonation und Artikulation, diese Parolen keinen politischen Hintergrund haben könnten. Doch für die Kläger steht fest, es handle sich um »Texte, aus denen eine ausländerfeindliche Tendenz« nur »abgeleitet wurde«. Das alles stellt ein Maß an Verharmlosung der Wirkung der Texte der Kläger dar, dass schon dies rechtfertigt, ihnen eine ungebrochene Kontinuität zu bescheinigen.

Dass sich die Band gegen den »unrühmlichen Ruf einer Skinheadband« »seit mehr als einem Jahrzehnt verzweifelt zur Wehr setzt«, wie sie geltend machen, trifft auch nicht den wirklichen Sachverhalt. Erstens ginge es bei einer ernsten Abkehr von alten Zeiten nicht nur darum, gegen den Ruf einer Skinheadband anzugehen, sondern sich von Teilen der eigenen Geschichte konsequent und ohne Hintertürchen für das nazistische Publikumssegment zu verabschieden. Zweitens lebt die Band u.a. davon, nie konsequent, gar »verzweifelt«, gegen ihren »Ruf« angegangen zu sein; im Gegenteil spielt sie diesen Ruf in ihrer Selbstvermarktung geschickt aus, indem man sich als stigmatisierte Opfer einer feindlichen Gesellschaft von »99 Prozent Arschlöchern« darstellt. Drittens sind viele Proklamationen der vermeintlichen Läuterung darauf angelegt, einerseits zwar die Öffentlichkeit auf die Seite der Kläger zu bringen, andererseits indes das neonazistische Publikumssegment nicht zu verprellen. Sie sind ambivalent.

Zur Wehr setzt sich die Band BO indes, wenn auch nicht »verzweifelt«, sondern hochprofessionell mit Hilfe ihres Anwalts Nagel, gegen Kritiker der Kläger, und rein zufällig stets gegen solche, die nicht für Sympathien mit Rassisten und (Neo)Nazis bekannt sind. Hier zeigt sich ein mit dem Wert der Toleranz und dem Grundverständnis moderner Demokratie kaum zu vereinbarendes Verständnis von Pressefreiheit. Man selbst teilt mächtig aus und beschimpft nahezu die Gesamtheit der Journalisten als »Meister der Lüge« und 99% der Mitmenschen als Arschlöcher. Besagter Titel ist kein einmaliger Ausrutscher, wie der Text des Titels »Zehn Jahre« vom Album »Es ist soweit« (Bellaphon 1990) zeigt (Zit. nach Mühlmann: Letzte Ausfahrt: Germania, S. 71):

Tag ihr Lügner, ihr wißt schon, wen ich meine
ich mein die Medien,
die großen wie die kleinen
wir war'n euch wohl nicht glatt genug
ihr könnt uns nicht versteh'n
zehn Jahre ging es ohne euch
auf die nächsten zehn

10 Jahre, die gleiche Scheiße
10 Jahre, das alte Lied
10 Jahre, und kein bißchen weise
10 Jahre, Onkelz wie man sie haßt und liebt

Hört nicht auf ihr Gerede
Glaubt nicht ihre Lügen
Hirne voller Scheiße
Die sich selbst betrügen
Sie haben es versucht
Doch es nie geschafft
Ihre Lügen sind unsere Kraft

Derartige pauschale Medienschelte, welche auf »die Medien, die großen wie die kleinen« zielt, ist gewiss einfacher, als auf Kritik, auf Argumente und Belege einzugehen. Auf der anderen Seite geben die Kläger sich dünnhäutig und versuchen systematisch, kritische Journalisten und Zeitungen mundtot zu machen.

Eine für die Glaubwürdigkeit der vermeintlichen »Wandlung« wichtige strategische Aussage Nagels wird von seinem Text, den er im Auftrag der Kläger verfasst, dementiert: »Diesen Sachverhalt haben die Mitglieder der Band nie bestritten oder verharmlostSein Text ist - wie wir sehen - eine einzige interessierte und absichtsvolle Verharmlosung mit zum Teil dreisten Verdrehungen von Sachverhalten. Bisweilen lässt er vermuten, diese Anwaltsstrategie gebe dem Vorgehen der Kläger gegen die taz den besonderen Kick - mit einer absurden Begründung eine einstweilige Verfügung erfolgreich durchzusetzen, steigert die sadistischen Lust, von der im Presseschelte Song »Meister der Lügen« die Rede istEs ist ein geiles Gefühl dich am Boden zu sehen«).

Auch der Bandname ist ein Signal für Kontinuität. Allerdings bleibt einer Band, die zu Zeiten von »Türkenfotze« und »Deutschland den Deutschen« Böhse Onkelz hieß und heute immer noch Böhse Onkelz heißt, vermutlich auch gar nichts anderes als die eben beschriebene Praxis übrig. Dieser Konstruktionsfehler im vermeintlichen »Wandlungs«-Prozess, der eben kein Bruch ist, erzwingt diese Vorgehensweise.

Der Bandname ist das wichtigste Kontinuitätsmoment, und er wirkt auch als Anknüpfungspunkt für die alten Nazi-Fans. Einen klaren Trennungsstrich ziehen die Kläger nicht, im Gegenteil: Sie machen Image und Kasse mit diesem Element ihrer Geschichte.

Statt solch eines klaren Trennungsstriches zur Bandvergangenheit erleben wir ein auf Kontinuität in der Veränderung basierendes finanziell erfolgreiches Spiel mit dem skandalträchtigen Namen und die eitle Selbstbeweihräucherung, man habe sich durchgesetzt, ohne sich jemandem zu beugen (sprich: ohne die fundierte Kritik auch nur minimal wahrnehmen zu müssen). Das gipfelt im von Weidner in seinem Internet-Statement »Etwas persönliches zum Konzert in Bremen« propagierten »Fuck Rock gegen Rechts«, welches nun unter der Schirmherrschaft der Bremer Ausländerbeauftragten groß in Szene gesetzt wird.

Kommen wir noch einmal zurück auf das rechtsradikale Musikmagazin ROCKHARD. In zwei Editorials hat sich Götz Kühnemund für die Kläger und ihr Bremer Konzert stark gemacht. Im zweiten Text konstruiert er ein dichotomes Weltbild: Hier die solidarische Metal-Szene und in deren Mitte die Kläger, deren Initiative man »unterstützen MUSS«, dort die nur »vermeintlich engagierten Bands« und die »Saubermänner dieser Welt« (Götz Kühnemund: Die Szene lebt! In: ROCKHARD 2/2001):

»Es gibt sie doch noch, die Solidarität in der Metal-Szene, die ich im Vorwort des letzten Heftes für tot gehalten habe. Ihr erinnert Euch: Anlässlich eines Benefiz- Konzertes für die Opfer der rechten Gewalt mit den Böhsen Onkelz hatte ich wochenlang versucht, vermeintlich engagierte Bands zum Mitmachen zu bewegen. Der Gewinn des Festivals sollte - komplett und auf direktem Wege - den Opfern und ihren Familien zukommen. Ein guter Zweck, den man gerade in derheutigen Zeit, wo es überall an Hilfsbereitschaft und Zivilcourage fehlt, unterstützen MUSS. Ob man nun ein 'moralisches' Problem mit den Onkelz (die dieses Festival selbst initiiert und finanziert haben) bzw. ihren Fans hat oder nicht, darf dabei keine Rolle spielen. Im Gegenteil: Wenn man der Ansicht ist, dass die Onkelz immer noch den Schatten ihrer Vergangenheit mit sich herumtragen, muss man das Ganze erst recht unterstützen. Schließlich geht es darum, ein deutliches Zeichen zu setzen - und da darf man die Hilfe der Onkelz, die bei ihren Fans sicherlich mehr Glaubwürdigkeit und Einfluss besitzen als alle Saubermänner dieser Welt, nicht ablehnen. Nachdem aber gerade mal EINE der angesprochenen Bands, nämlich Sub7even, ihre spontane Zusage gegeben hatte, war ich doch mehr als enttäuscht und musste mich im letzten Heft erst einmal auskotzen.«

In genau diesem Ton von die Grenze zur Selbstherrlichkeit überschreitender Selbstgewissheit, in der dekretiert wird, was man unterstützen muss und was man nicht ablehnen darf, hatte sich eben dieser Götz Kühnemund vor zwei Jahren großmäulig auch für die Band Weissglut, die vom Sony-Label Epic mit großem Promotion-Aufwand im Trend der Neuen Deutschen Härte herausgebracht wurde, eingesetzt. Deren Sänger, Josef Klumb, hatte nach einem ersten kritischen Berichten in der Wochenzeitung JUNGLE WORLD und in der Sendung Zündfunk des Bayerischen Rundfunks das Magazin DER SPIEGEL per Zitat kurz zuvor die Bezeichnung »Nazi« verpasst. In Reaktion darauf sah das Magazin ROCKHARD dagegen Klumb in einer groß aufgemachten Story »unschuldig auf der Anklagebank«, und Kühnemund ereiferte sich in seinem Editorial. Da legten angeblich »scheinheilige Moralapostel« der Band »permanent Steine in den Weg«. Pech für ihn und sein Blatt, dass Klumb kurz nach Drucklegung und wenige Tage vor Erscheinen des Heftes vor dem Hamburger Landgericht seine Klage gegen den SPIEGEL zurückgezogen hatte, nachdem er mit dem Material des SPIEGEL konfrontiert worden war und das Gericht signalisiert hatte, die Bezeichnung »Nazi« als zulässig anzusehen.

Wir werden sehen, ob es den Klägern vor dem Landgericht Berlin besser ergeht.

Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.

Eisenberg

1) Wolf-Rüdiger Mühlmann: Letzte Ausfahrt: Germania. Ein Phänomen namens Neue Deutsche Härte. Berlin: I.P. Verlag Jeske/Mader 1999, S. 69.

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mcnep schrieb am 8.5. 2004 um 21:44:37 Uhr zu

BöhseOnkelz

Bewertung: 2 Punkt(e)

In der Straßenbahn saß heute eine noch recht junge Frau - um die 19 schätze ich mal - einem Rentner gegenüber, der sie ziemlich entgeistert anstarrte, wie ich von meinem Stehplatz beobachten konnte. Sie hatte hellblond gefärbtes dauergewelltes Haar, zu einem Pferdeschwanz gebunden, trug eine Collegejacke oder Kapuzenjacke, falls das nicht das gleiche ist, und kippte gegen halb elf morgens schon mindestens die zweite Flasche Bier, wie man dem Geräusch entnehmen konnte, als sie an ihrem Haltepunkt die leere Flasche in eine Plastiktüte gab, die mit einem hochfrequenten Klirren antwortete. An eine ihm zur Seite sitzende Frau, vielleicht seine Tochter, richtete der Greis die überprononciert rhetorische Frage »Was soll aus dem Mädel mal werdenIch stand zu weit weg, und sein vermutlicher Hörschaden hätte mich zu einer Lautstärke genötigt, die an den Tag zu legen mir besonders in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gegeben ist, sonst hätte ich ihn mit den Worten »Eine arbeitsuchende CDU–Wählerin« versucht zu beruhigen.

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