Angstgefühl
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Der Gedanke an den Tod ist uns in den letzten Jahren immer vertrauter geworden. Wir können den Tod nicht mehr so hassen, wir haben in seinen Zügen etwas von Güte entdeckt und sind fast ausgesöhnt mit ihm. Im Grunde empfinden wir wohl, dass wir ihm schon gehören und dass jeder neue Tag ein Wunder ist.
Es wäre wohl nicht richtig zu sagen, dass wir gern sterben - obwohl keinem jene Müdigkeit unbekannt ist, die man doch unter keinen Umständen aufkommen lassen darf -‚ dazu sind wir schon zu neugierig oder etwas ernsthafter gesagt: Wir möchten gern noch etwas vom Sinn unseres zerfahrenen Lebens zu sehen bekommen. Wir heroisieren den Tod auch nicht, dazu ist uns das Leben zu groß und teuer. Erst recht weigern wir uns, den Sinn des Lebens in der Gefahr zu sehen, dafür sind wir nicht verzweifelt genug und wissen wir zu viel von den Gütern des Lebens, dafür kennen wir auch die Angst um das Leben zu gut und all die anderen zerstörenden Wirkungen einer dauernden Gefährdung des Lebens.
(Dietrich Bonhoeffer)