»Beynahe ebenso vernunftwidrig als der Begriff von geerbten Ständen, Titeln und Würden ist die Idee von geerbtem Vermögen. Es ist billig, daß der, welcher durch seinen Fleiß sich Vermögen erworben hat, in dem ruhigen Besitze dieses Vermögens geschützt werde und, solange er lebt, frey mit dem Erworbnen schalten und walten dürfe; aber daß er auch nach seinem Tode einen Willen haben und berechtigt seyn soll, die Schätze der Erde an wen er will auszutheilen und den Besitz derselben, der nur dem Arbeitsamen zukömmt, wenn er nicht mehr lebt, auf einen Andern, auf einen faulen, unthätigen Menschen zu übertragen; daß dieser anfangen kann, wo Jener aufgehört hat; daß er ohne Mühe und Arbeit freye Macht erhält, Tausende zu verwenden, indes sein würdigrer und fleißiger Nachbar Hunger leidet; endlich, daß dieser vom blinden Ungefähr ihm zugetheilte Vortheil ihm in allen andern Verhältnissen ein Übergewicht über bessere Menschen gibt – das ist doch wohl höchst widersinnig und ungerecht.«
Adolph Freiherr von Knigge
Benjamin Noldmann's Geschichte der Aufklärung in Abyssinien, 20. Kapitel
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