Rike spitzt gern zu. Auch mit ihrem Gestationsdiabetes-Projekt. Kunath scheint an dem Projekt zu zweifeln. Jedenfalls fließt das Geld verzögert, obwohl der Kammerpräsident dahinter steht. Irgendwie beruhigend, auch wenn ich dadurch geringere Chancen auf einen Job im Netzwerk habe. Das Diabetes Screening in der Frühschwangerschaft macht mir Angst: Ich habe die Geschichte einer Familie miterlebt, für die dadurch eine Welt zusammengebrochen ist. Eine Welt, die ohne Insulin vielleicht funktioniert hätte. Die Schwangere ist durch das Screening rausgepickt worden, mit Insulin bestückt krankgeschrieben worden und hat dadurch ihren Job verloren. Entnervt ist sie mit dem großen Kind zum Psychiater gegangen und hat es auf ADH therapieren lassen. Rike meinte nur, dass es unmöglich ist, wenn eine Schwangere entlassen werden darf. Auf meine Einräumung, dass die Diagnostik einen gewaltigen Kollateralschaden ausgelöst hatte, konterte sie: Wäre eine Totgeburt besser gewesen? Sie ist tatsächlich überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Gut, dass es Kunath gibt. Gut, dass Betroffene eine Stimme haben, auch wenn sie sich auf angebliche Totgeburten beruft. Eine saubere Statistik der Todesursachen ist wichtig, mindestens so wichtig wie ihr Gestationsdiabetes-Screening. Das sind alles Biografien, in die sie mit ihrem Screening einbricht. Verdammt, ich brauche Arbeit. Wenigstens ist der Gestationsdiabetes-Test freiwillig. Ich würde ihn ansonsten als Körperverletzung einordnen, egal wie gefährdet das Ungeborene ohne den Test ist. Rike ist eben Kinderärztin, aber keine Gynäkologin. Eine Arbeitsrechtlerin gehört mit an den Netzwerk-Tisch.
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