Vorsätzliche Antimystik betreibt Bob Dylan seit Beginn seiner Karriere. Alle paar Platten, und er hat deren viele gemacht, kommt er mit einer musikalischen, kommerziellen oder spirituellen Kehrtwende, die ihm seine Fans meist erst mit einigen Jahrzehnten Verspätung verzeihen. Einer dieser Meilensteine, die er wie eine buntscheckige Vogelscheuche ausstaffiert und in der ihm eigenen Art scheinbar achtlos zurückgelassen hat, ist das sonderbare Album 'Selfportrait' von 1970, wo er sich unter anderem als Crooner im Tony Bennett-Stil versucht, radiokompatible Schnulzen wie 'Early Morning Rain' abliefert (vermutlich das musikalische Vorbild für Reinhard Meys 'Über den Wolken', aber der wird sich hüten das zu verraten, solange kaum ein Sau das Dylan-Album von 70 kennt), Johnny Cash-haftes mit Little Sadie (Nashville Skyline lag nicht lange zurück ), ein Gilbert Bécaud-, ein Simon&Garfunkel-Cover, sein 'Like a Rolling Stone' als Missing Track von Van Morrisons Astral Weeks... Das ist fast alles sehr schön und entspannt zu hören und macht es mir beim ersten Hören dieses immerhin fast 40 Jahre alten Werks schwer zu glauben, dass es von Dylanologen oft als eins seiner schwächsten Werke bezeichnet wird. Für mich ist es nur eins seiner entspanntesten.
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