Das neue Schlafzimmer wird morgen montiert und ich räume nicht ganz tränenfrei den Schrank aus. Die besten von Konrads Kleidungsstücken hatte ich noch nicht weggeben und gerade da sind viele drunter, an denen Erinnerungen hängen. Die Strickjacke, die er in dem Bornholm-Urlaub gekauft hat, als ich mir in wikingerhafter Torheit die Haare blond gefärbt hatte... das Dinner-Jacket für die Kreuzfahrten, in dem er zwar ein wenig overdressed aber verdammt stattlich aussah... Krawatten, die ich mir schon lange übergesehen hatte, aber für die paar Anlässe im Jahr, wo er halb freiwillig so einen 'Kälberstrick' anzog, wollte er sich nie neue kaufen, die letzten habe ich ihm alle besorgt, Verpartnerung und so... Die guten Hosen, manche hängen schon seit Jahren noch mit dem Schild der letzten Reinigung im Schrank. Als er fast nur noch saß, beschränkte sich die Auswahl immer mehr und irgendwann begann das Abnehmen, da war die Zwischengröße 29 zu weit für ihn.
Langsam verstehe ich, wie diese Witwenverklärungen entstehen. Es ist, als seien alle Erinnerungen, die Schwierigkeiten, Sorgen, Gegensätzlichkeiten betreffen, ausgelöscht und es bleibt ein fast überlebensgroßer Konrad zurück, der Gott der ersten gemeinsamen Jahre - dann fing meine Fron in der Buchhandlung an, seine Lungen–OP leitete eine nicht enden wollende Kette von Krankheiten ein, der Dauerfrühling in der ewigen Freizeit war vorbei. Vorbei, vorbei, vorbei. Und selbst wenn ich noch einmal jemanden träfe, dem ich mich so bedingungslos anvertrauen könnte, es wäre eben doch alles ganz anders. Vor allen Dingen ich. Gut, dass kein Wodka und kein Sekt im Haus ist, sonst könnten die Schreiner morgen einer Heulsuse mit Fuselatem das Schlafzimmer einrichten und wie käme das denn rüber. Hoffentlich ist wenigstens ein optisch netter Zimmermann darunter, so ein Bob the builder–Typ, dann könnte ich mich wenigstens innerlich wieder in die Maske des voyeuristischen Wüstlings zurückziehen. Meine Schwäche hat nun einmal immer eher den Handwerkern als den Stirnarbeitern gegolten.
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