Auf den Fotos, die ich von ihr gesehen hatte, wirkt sie unattraktiv. Ja, so muß ich es nennen: Nicht gerade anziehend. Ich hatte arge Befürchtungen ob eines Treffens. Wie würde ich mich ihr gegenüber nur verhalten, ohne ihr vor den Kopf zu stoßen? Ohne ihr etwa durch Körpersprache zu verstehen zu geben, daß ich sie nicht attraktiv und damit auch uninteressant finde? Doch nun saß sie mir persönlich gegenüber. Die Befürchtungen zerstreuten sich in alle Winde. Die Tatsache, daß sie äußerlich nicht das ist, was Hochglanzmagazine als attraktiv diktieren, blieb völlig unbeachtet. Kein Vergleich zu irgendwelchen Fotos. Nein. Verblüffenderweise erkannte ich sie wieder an jenem Bild von ihr, das sich in meinem Innersten gebildet hat. Sie als Mensch, als wirklich angenehmer, verständnisvoller Mensch, der so viel mit mir gemein hat. Der meine Sorgen und Probleme nachvollziehen kann. Der einen dem meinen recht ähnlichen Lebensweg hinter sich gebracht hat. Ihre Energie erfrischt mich. Sie ist keine, die umgarnt, eingefangen, erobert werden will. Sie steht mit beiden Beinen auf dem Boden, hat ihren Weg gefunden und weiß, was sie kann und was nicht. Was mich am meisten fasziniert, ist ihre tapfer verbissene Lebenseinstellung, die sie wirtschaftliche Risiken eingehen läßt und die aber in einem gewissen Stolz begründet ist, das selbst Aufgebaute zu verteidigen. Sie hat es nicht einfach gehabt, bisher, aber sie hat sich durchgebissen. So gut kenne ich das. Aus Skepsis wird Sehnen. Bis vor einem halben Tag hatte ich das für praktisch ausgeschlossen gehalten.